Mirko Slomka bei Hannover 96:"Seine bisher schwierigste Situation"

Hamburger SV - Hannover 96

Muss bald wieder gewinnen: Mirko Slomka

(Foto: dpa)

Mindestens zwei Mal wurde Mirko Slomka bei Hannover 96 beinahe entlassen. Jetzt, nach dem siebten erfolglosen Spiel in Serie, ist seine Lage ungemütlicher als je zuvor.

Von Jörg Marwedel

Sie steckten eine Weile die Köpfe zusammen, der Präsident und der Sportdirektor. Sie stimmten ab, wie sie die auch für ihren Trainer Mirko Slomka brenzlige Lage kommentieren sollten. Dirk Dufner hatte unmittelbar nach der 1:3-Niederlage von Hannover 96 beim Hamburger SV schon eine offizielle Devise ausgegeben. Man wisse zwar, "dass diese Frage kommt", aber der Trainer werde "definitiv" am kommenden Sonntag gegen Eintracht Frankfurt auf der 96-Bank sitzen.

Und als sich wenig später Klubchef Martin Kind den Journalisten stellte, sagte auch er: "Der Trainer hat unser Vertrauen." Dann fügte er allerdings zwei Sätze hinzu, die nicht als Entwarnung für den Coach gelten können. Der eine war: "Ich bin von der Qualität unserer Mannschaft überzeugt." Der andere: "Es ist bisher die schwierigste Situation für Mirko Slomka."

Das bedeutet: Der Trainer muss es schleunigst hinbekommen, sich aus dieser schwierigen Situation zu befreien und mit dem relativ teuren Ensemble wieder erfolgreicheren Fußball spielen.

Der öffentliche Sprachgebrauch ("Es gibt keine Trainer-Diskussion") dient womöglich besonders einem Ziel: Man braucht Zeit, um die heikle Lage zu analysieren. Der Europa-League-Anwärter weist "bittere Zahlen" auf, wie Slomka selbst sagt. Er ist immer noch ohne Auswärtspunkt und seit sieben Spielen ohne Sieg - und steht kurz vor die Abstiegszone.

Im Zweifel dürfte der erfolgreiche Unternehmer Kind nicht dauerhaft zusehen, wie sein zweites Lebenswerk (neben einer Hörgeräte-Firma) an die Wand rauscht. Mindestens zweimal in den bald vier Slomka-Jahren hätte er den Coach schon beinahe geopfert. Einmal kurz nach dessen Amtsbeginn, als das Team noch geschockt war vom Tod des Kapitäns Robert Enke. Da streute der Trainer mitten in der Saison eine zweite knallharte Vorbereitung ein, das ausgelaugte Team verlor sechs Spiele hintereinander.

Der Wind dreht sich

Ausgerechnet der nicht als Slomka-Freund bekannte damalige Geschäftsführer Jörg Schmadtke bewahrte ihn vor dem Rauswurf - und alle wurden mit dem Klassenerhalt der schließlich fitten Mannschaft belohnt. Ein zweites Mal hätte Schmadtke den sperrigen Slomka mit Zustimmung des Oberchefs entlassen können. Stattdessen zog er es vor, selbst zu gehen. Dass Slomka, der ja gebürtiger Hannoveraner ist, lange Zeit sehr populär in der Stadt war, ist klar angesichts der Europa-League-Teilnahmen 2011 und 2012. Jetzt dreht sich langsam der Wind.

Nicht nur viele Fans sinnieren in den einschlägigen Internet-Foren darüber, weshalb das Team nicht mehr jenen Fußball spielt, mit dem Slomka und 96 einst reüssierten. Blitzschnelles Umkehrspiel mit überraschenden Konterangriffen sind inzwischen die Ausnahme.

In Hamburg gab es viele lang geschlagenen Bälle. Sie wurden fast immer abgefangen, bevor der einsame Stoßstürmer Mame Diouf sich einschalten konnte. Und hätte nicht Szabolcz Huszti von einem missratenen Pass des HSV-Torhüters René Adler auf Tomas Rincon profitiert und in der 28. Minute das 1:0 für die Gäste erzielt, hätte unter dem Strich der 90 plus drei Minuten nicht eine ernsthafte 96-Torchance gestanden.

Gewonnen hat der nun auch tabellenmäßig wieder etwas größere HSV gegen den kleineren HSV ("Hannoverscher Sportverein") auch deshalb, weil der Hamburger Coach Bert van Marwijk trotz des Ausfalls von Regisseur Rafael van der Vaart versuchte, den kreativen Teil der Mannschaft nicht zu schwächen.

Zum Van-der-Vaart-Ersatz Hakan Calhanoglu und Maximilian Beister (die beide ein Tor erzielten) stellte er den technisch begabten Ivo Ilecevic auf die linke Seite. Dafür sollte neben dem Sechser Milan Bardelj (Torschütze zum 1:1; Direktschuss; 31. Minute) nach zwei Monaten Verletzungspause der Defensivkämpfer Rincon die hinteren Reihen stärken.

Bei 96 hingegen gab es keine Ideen. Es scheint, als sei der Umbau der Mannschaft missglückt. Auch die Hereinnahme der zwischenzeitlich ausgemusterten Ex-Größen Jan Schlaudraff und Manuel Schmiedebach brachte wenig, obwohl beide noch zu den besseren Hannoveranern zählten.

"Alles muss besser werden in den nächsten Wochen", sagte Mittelfeldspieler Leon Andreasen. Ohne die in Hamburg ausgeschiedenen Lars Stindl (Muskelfaserriss), Christian Schulz (Kopfverletzung) und Salif Sané (gelb-rote Karte) wird das nicht einfacher.

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