Mike Tyson:Der Taubenzüchter, der zum Skandalboxer wurde

Mike Tyson war eine Kampfmaschine, drogensüchtig und plötzlich pleite - nun wird der einst jüngste Schwergewichtsweltmeister 50. Sein Leben in Bildern.

Von Saskia Aleythe

14 Bilder

Pallbearer Mike Tyson leaves the funeral home to attend Muhammad Ali's memorial in Louisville

Quelle: REUTERS

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Mike Tyson zu identifizieren, ist einfach: Das Ornament in seinem Gesicht verrät den ehemaligen Boxer. Ursprünglich wollte er sich Herzchen stechen lassen, doch ein Berater empfahl ihm stattdessen das Stammeszeichen der Maori-Krieger. Nun wird Mike Tyson 50 Jahre alt - das bedeutet auch: ein halbes Jahrhundert Aufstieg und Fall.

Mike Tyson Taube

Quelle: Imago Stock&People

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Geboren wurde Tyson 1966 in Brooklyn in New York City. Behütet aufgewachsen ist er nicht, in seiner Autobiographie "Undisputed truth" beschrieb er die schwierige Beziehung zu seiner alkoholkranken Mutter, seinen Vater lernte er kaum kennen. Die Jugend verbrachte er hauptsächlich in Brooklyner Abrisshäusern und in Erziehungsanstalten - als böser Bub galt Tyson zunächst nicht, eher als schüchterner Schwächling. Aus dieser Zeit stammt seine Leidenschaft für Tauben: Tyson machte sich die Tiere zu Freunden und sich selber als Taubenzüchter einen Namen. Die Begeisterung für die gurrenden Vögel hat er sich bis heute bewahrt.

Mike Tyson

Quelle: ASSOCIATED PRESS

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Zum Bad Boy wurde Tyson dann trotzdem recht schnell. In einer Schule für schwer erziehbare Kinder begegnete Tyson seinem Sportlehrer Bobby Stewart, der selber mal geboxt hatte. Dieser brachte ihn bald zu Boxtrainer Cus D'Amato, der nach dem Tod von Tysons Mutter zum Ziehvater wurde. Zu diesem Zeitpunkt war Tyson gerade mal 14 Jahre alt und schon 38 Mal in Polizeigewahrsam wesen - wegen mehrerer Bagatelldelikte und Schlägereien, zu denen es oft kam, weil andere sich über seine hohe Stimme und sein Lispeln lustig machten. In einem Interview sagte Tyson einmal, seinen ersten Kampf habe er mit einem älteren Jugendlichen gehabt, weil der zwei von seinen Tauben den Kopf abgerissen habe.

Boxtrainer D'Amato verlangte Disziplin von seinem Schüler, schon beim ersten Training soll er in ihm einen Champion erkannt haben. Das überlieferte Zitat: "Er hat das Zeug zu einem Weltmeister im Schwergewichtsboxen." Später lockte Tyson allerlei Prominenz zu seinen Kämpfen (im Bild: Eddie Murphy neben Mike Tyson, der im Juni 1990 Henry Tillmann besiegte).

Mike Tyson Larry Holmes

Quelle: imago sportfotodienst

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Von D'Amato lernte Tyson die Grundlagen des Boxens, er kämpfte zunächst bei illegalen Box-Abenden. Beinahe hätte er es zu den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles geschafft. Ein Jahr später wechselte er ins Profilager. Box-Geschichte schrieb Tyson erstmals am 22. 11. 1986: Gegen den WBC-Weltmeister Trevor Berbick brauchte er nicht mal volle zwei Runden, dann war er schon der jüngste Schwergewichtschampion der Geschichte. Tyson kämpfte bis zu 20 Mal im Jahr und beendete die Fights oft gnadenlos in den ersten Runden - so kam er zu seinem Spitznamen Iron Mike.

(Im Bild: Sein Kampf gegen Larry Holmes im Januar 1988, den er in der vierten Runde gewann.)

Mike Tyson verliert gegen Buster Douglas.

Quelle: imago sportfotodienst

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Mit dem Tod seines Trainers Cus D'Amato 1985 begann eine schwierige Phase in Tysons Leben. D'Amato war für Tyson auch immer ein Vaterersatz, er legte für ihn sogar einen Rentenfond an. Im Februar 1988 heiratete Tyson seine Freundin Robin Givens, im September des gleichen Jahres bezichtigte sie den Boxer im Fernsehen der häuslichen Gewalt. Tyson fühlte sich vorgeführt, schon 1989 wurde die Ehe wieder geschieden. Wie im Privatleben ging es dann auch sportlich bergab: 1990 verlor der Schwergewichtler gegen einen wenig bekannten James Douglas seinen ersten Profikampf. Der Amerikaner schickte ihn in der zehnten Runde auf den Ringboden. Tyson gab später zu, seinen Gegner nicht allzu ernst genommen zu haben.

Boxing Boxeo Muhammad Ali Ali con Don King y su colega Mike Tyson 1988 Foto Archivo Agencia EL; Mike Tyson Don King

Quelle: Zuma Press / Imago

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An der Laisser-Faire-Attitüde hatte auch Promoter Don King seinen Anteil: Er hatte schon 1989 von einer neuen Ali-ähnlichen Ära gesprochen, natürlich mit Tyson in der Hauptrolle. Ihm dabei einen gescheiten Trainer an die Seite zu stellen oder gar für attraktive Gegner zu sorgen, war für Don King nebenrangig. Heute fallen Tyson für den Mann mit der Steckdosen-Frisur nur noch Schimpfworte ein, er fühlt sich ausgenutzt von seinem Promoter, der ihm einst 8000 Dollar pro Woche für frische Handtücher berechnet haben soll. Dabei soll ihn die Scheidung von seiner Frau schon um die Hälfte seines Vermögens gebracht haben.

MIKE TYSON

Quelle: DPA

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Mit 25 Jahren war Tyson zum ersten Mal ganz unten angekommen: Er wurde in einem Vergewaltigungsprozess zu sechs Jahren Gefängnis plus vier Jahren Bewährung verurteilt. Im Juli 1991 soll er die Schönheitskönigin Desiree Washington vergewaltigt haben. Tyson erklärte, sie hätten einvernehmlich Sex gehabt. Nach drei Jahren Arrest wurde er vorzeitig entlassen, zwischenzeitlich war er zum Islam konvertiert und mit seiner zweiten Frau Monica Turner zusammengekommen. Schon wenige Wochen nach seiner Entlassung kämpfte er wieder: Im März 1995 wurde er gegen Frank Bruno WBC-Weltmeister.

Boxkampf Tyson - Holyfield

Quelle: dpa

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Auch Don King hatte sich wieder in sein Leben geschlichen, insgesamt kam Tyson nicht gerade geläutert aus dem Gefängnis zurück: Er lebte seine Sex-, Alkohol- und Drogensüchte gnadenlos aus. Gerichtstermine gehörten bei ihm zum Alltag. Im Ring holte er sich gegen Bruce Seldon mit einem Knockout in der ersten Runde die WBA-Weltmeisterschaft, dann traf er im November 1996 erstmals auf Evander Holyfield (re.). Diesen Kampf sollte Tyson - trotz Favoritenstatus - in der elften Runde verlieren.

HOLYFIELD REACTS AFTER TYSON BIT HIS EAR IN LAS VEGAS

Quelle: REUTERS

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Schon wenige Monate später kam es zum Rückkampf und der Szene, die für immer mit Mike Tyson in Verbindung bleiben wird: Der kampflustige Tyson war so übermotiviert und aggressiv, dass er Holyfield ein Stück vom rechte Ohr abbiss. "Ich hätte nicht gedacht, dass der Vorfall international einen so großen Aufruhr auslösen würde", schrieb der Boxer später in seiner Biographie. Die Boxkommission sperrte ihn für ein Jahr, langweilig wurde ihm aber nicht: Er nahm an einem Wrestling-Abend als gut bezahlter Schiedsrichter teil. Zudem verklagte er Don King wegen seiner betrügerischen Machenschaften, sah von seinem Geld aber nicht allzu viel wieder.

TYSON JUMPS ROPE DURING WORKOUT AT MGM

Quelle: REUTERS

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Mit neuem Trainer und Promoter ging Tyson sein Comeback an, erlebte im Januar 1999 gegen Francois Botha einen siegreichen Abend in der fünften Runde. Wenige Wochen später saß er aber schon wieder im Gefängnis: Mit einer Schlägerei nach einem Autounfall hatte er gegen seine Bewährungsauflagen verstoßen. Die Auszeit war diesmal kürzer, schon im Oktober des gleichen Jahres zeigte sich ein disziplinierter Tyson, der etliche Kilos abgespeckt hatte (Bild). Die Begegnung mit Orlin Norris wurde dann zum neuen Skandal: Nach einem umstrittetenen Schlag von Tyson nach dem Gong der ersten Runde wurde der Kampf abgebrochen.

BOXER MIKE TYSON AT A HAVANA HOTEL IN CUBA

Quelle: REUTERS

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Fortan taumelte Tyson zwischen Skandalkämpfen und einem Skandalprivatleben. Er tourte Anfang der 2000er Jahre durch Europa, kämpfte gegen mittelmäßige Gegner mal vier Minuten (Julius Francis, Manchester), mal 34 Sekunden (Lou Savarese, Glasgow), mal ging auch der Ringrichter zu Boden. 2001 folgte eine künstlerische Pause, in den USA hatte man ihm aufgrund eines Marihuana-Vergehens mal wieder die Lizenz entzogen. In seinem Buch schilderte Tyson später den Einsatz einer Penisattrappe bei der Dopingprobe nach Kämpfen, die er mit drogenfreiem Urin präpariert hatte. "Man hätte mir eigentlich einen Bonus geben müssen, denn unter dem Einfluss von Pott zu kämpfen, dämpfte sicher meine Aggressionen."

June 8 2002 Memphis Mike Tyson USA L vs Lennox Lewis GBR R at the Pyramid June 8 2; Mike Tyson Lennox Lewis

Quelle: imago/ZUMA Press

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Im Juni 2002 kam es noch einmal zu einem großen Kampf: Nachdem Tyson seine Lizenz wiederbekommen hatte, trat er in Memphis gegen Weltmeister Lennox Lewis an. Schon bei der Pressekonferenz hatten sich beide eine Schlägerei geliefert, dann machte Lewis im Ring Ernst: In der 8. Runde schickte er Tyson per Knockout auf den Boden. Dieser nahm die Niederlage gefasst auf.

Mike Tyson verliert seinen letzten Kampf gegen Kevin McBride, 2005

Quelle: REUTERS

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Falsche Freunde und sein kostspieliger Lebensstil trieben Tyson in den Ruin: Der Mann, der einst 500 Millionen Dollar verdiente, über 60 Sportwagen besaß und ein Vermögen für Schmuck und die Anschaffung von Tiger- und Löwenjungen ausgegeben hatte, meldete 2003 Privatinsolvenz an. Sein Karriereende zögerte er nun so lange hinaus, wie er damit noch Geld kassieren konnte. 2005 dann der letzte Kampf: Gegen den Iren Kevin McBride kam er mit den Fäusten nicht mehr durch, in der sechsten Runde ging er freiwillig zu Boden. "Jetzt ist Schluss", sagte Tyson, "ich bin nicht mehr mit dem Herzen dabei". So endete seine Profikarriere mit einer Bilanz von 58 Kämpfen, 50 Siegen (44 durch K.o.) und sechs Niederlagen.

Mike Tyson And Family Portrait Session

Quelle: Getty Images

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Insgesamt hat Tyson acht Kinder von verschiedenen Frauen. 2009 machte er die schwerste Zeit seines Lebens durch: Seine vierjährige Tochter Exodus strangulierte sich am Laufband und verstarb. "Das war das bitterste und hilfloseste Gefühl, das ich je empfunden habe." Nur wenige Tage nach dem Vorfall heiratete er zum dritten Mal. Lakiha Spicer ist bis heute an seiner Seite. Sie schrieb ein Theaterstück mit seiner Biographie als Vorlage. Nun spielt sich Tyson selbst am Broadway - und ist wieder Millionär.

© SZ.de/fued/ghe
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