Internationaler FußballEin Bayer in Arabien

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Abenteuer im Nahen Osten: Michael Hefele hat sich in Saudi-Arabien schnell eingelebt.
Abenteuer im Nahen Osten: Michael Hefele hat sich in Saudi-Arabien schnell eingelebt. (Foto: oh)

Michael Hefele, einst eisenharter Abwehrspieler aus Pfaffenhofen, avancierte in Dresden und Huddersfield zur Kultfigur. Nun hat er sich als Co-Trainer in der saudi-arabischen Pro League etabliert.

Von Stefan Galler

Wer Michael Hefele zuhört, der merkt gleich, dass hier einer redet, der in der Welt zu Hause ist. In sein immer noch hörbar bayerisches Idiom haben sich unzählige Anglizismen eingeschlichen. In Deutschland sei er seit acht Jahren nicht mehr gewesen. „Nur bei meinen Eltern war ich ein paar Mal zu Besuch, aber sonst zieht mich da wenig hin“, sagt der frühere Fußballer. Mama und Papa wohnen in Pfaffenhofen an der Ilm, dort wurde Hefele vor 34 Jahren geboren. Derzeit lebt der frühere Profifußballer und heutige Trainer mit seiner Frau Denise in Saudi-Arabien, zuletzt war er als Assistent des früheren französischen Nationalspielers Sabri Lamouchi für den Pro-League-Klub Al-Riyadh tätig.

Seit Mitte April gehe man aber „departed ways“, wie es Hefele ausdrückt, getrennter Wege – dabei war man zu diesem Zeitpunkt trotz „schmalen Kaders und schmalen Budgets“ bereits vor dem Abstieg gerettet. „Aber der Scheich hat von der asiatischen Champions League geträumt“, sagt Hefele und meint damit Klub-Präsident Bandar Al-Muqail.

Dabei hatte man sogar mit den großen Vier der Liga – Al-Hilal, Al-Nassr, Al-Ittihad und Al-Ahli – auf Augenhöhe agiert, beim knappen 0:1 im Hinspiel gegen Al-Nassr habe Cristiano Ronaldo schon Trinkflaschen durch die Gegend gefeuert, weil er von den zähen Riyadh-Verteidigern derart genervt war. Letztlich entschied der frühere Bayern-Stürmer Sadio Mané die Partie für den Gegner. Beim 2:1 im Rückspiel schlug Ronaldo dann zweimal zu und hatte wesentlich bessere Laune. „Ich habe sogar ein Trikot mit seiner Unterschrift abgestaubt. Da bin ich einfach auch Fan. Was er erreicht hat, ist toll“, sagt Hefele.

Als das Team zum allerersten Mal im Saisonverlauf zwei Niederlagen in Serie kassierte, trennte sich der Klub von Lamouchi. Hefele wurde gefragt, ob er übernehmen wolle. „Ich sagte ihnen, dass mich das sehr ehrt, aber ich bin loyal und habe meine Prinzipien.“ Und so musste auch er seine Sachen packen. Dass er dem 53-jährigen Lyonnais Lamouchi so eng verbunden ist, hat damit zu tun, dass Hefele schon in seiner aktiven Zeit bei Nottingham Forest der verlängerte Arm des Fußballlehrers gewesen war. „Sabri ging nach Saudi-Arabien und sagte zu mir: ‚Come out of your comfort zone‘.“ Und Hefele folgte ihm. Die Zusammenarbeit sei dann von Beginn an von viel Vertrauen geprägt gewesen: „Ich durfte und musste sehr viel machen – Spiel- und Gegneranalysen, eigene Match- und Trainingspläne.“ Das sei eine perfekte Vorbereitung auf die Zeit gewesen, in der er mal selbst als verantwortlicher Coach arbeiten werde.

Das Duo Lamouchi/Hefele steht kurz vor einem neuen Engagement in der Saudi Pro League

Doch vorerst wird sich an der Konstellation wohl nicht viel ändern. Das Duo Lamouchi/Hefele steht vor einem neuen gemeinsamen Engagement, diesmal sogar bei einem der gefragten Klubs, die vom staatlichen PIF (Public Investment Fund) finanziert werden, mehr verrät Hefele noch nicht.

Er sieht den Fußball im Golfstaat auf einem guten Weg, auch mit Hinblick auf die Weltmeisterschaft, die 2034 hier stattfinden wird. „Ich glaube, dass die Topklubs mit ihren internationalen Stars auch in der Bundesliga eine gute Rolle spielen könnten. Al-Hilal zum Beispiel ist der größte Klub in Asien“, sagt Hefele. Dass die Entwicklung dazu führt, dass die Nationalmannschaft bei der Heim-WM eine gute Rolle spielen kann, bezweifelt der Bayer allerdings. Er merke zumindest, dass die Resonanz des Publikums langsam, aber sicher größer werde. So seien die Nationalspieler seines Ex-Klubs Al-Riyadh bei öffentlichen Auftritten stets von Anhängern umlagert. „Aber klar ist auch: Wer sagt, dass er wegen der Fankultur nach Saudi-Arabien kommt, der lügt.“

Eingespieltes Duo: Michael Hefele (2. v. re.) und Cheftrainer Sabri Lamouchi bei Al-Riyadh.
Eingespieltes Duo: Michael Hefele (2. v. re.) und Cheftrainer Sabri Lamouchi bei Al-Riyadh. (Foto: oh)

Er spricht es zwar nicht aus, doch auch bei Hefele dürfte der monetäre Aspekt eine nicht unerhebliche Rolle für seine Jobwahl gespielt haben. Bei Simone Inzaghi, der nach dem Champions-League-Finale von Inter Mailand zu Al-Hilal gewechselt ist, wird ein Jahressalär von 25 Millionen Euro vermutet. Gut vorstellbar, dass sich in der Pro League auch ein Co-Trainer eines kleineren Klubs täglich zweimal eine warme Mahlzeit leisten kann.

Womit sich die Frage aufdrängt, wie Hefele mit der Tatsache umgeht, dass Saudi-Arabien weit von einem Rechtsstaat entfernt ist.  „Ich habe hier nicht nur Fußballer und Scheichs kennengelernt, sondern auch viele normale Leute. Und von allen höre ich, dass sich das Land in den vergangenen fünf Jahren extrem geöffnet hat“, sagt er. Saudi-Arabien wolle weiterkommen, „will den nächsten Step machen“. Seine Frau und er fühlen sich in ihrer Umgebung wohl, wie er sagt: „Zu uns war jeder extrem freundlich und hilfsbereit und wir haben uns jederzeit absolut sicher gefühlt und das wissen wir sehr zu schätzen.“

Natürlich sei ihm klar, dass diese Sicherheit der autoritären Führung in dem Königreich geschuldet ist.  „Es gab und gibt hier Dinge, die nicht rund laufen, aber ich kann nur beurteilen, was ich selbst erfahren und gesehen habe.“ Und das sei bislang eben durchweg positiv gewesen. Erfahrungen wie gemeinsames Fastenbrechen mit strengen Muslimen hätten ihn jedenfalls sehr beeindruckt.

Hefele will die Hand, die ihn füttert, nicht beißen. Das gilt allerdings für die meisten, die hier ihr Geld verdienen. Kritik hat man jedenfalls bislang von niemandem gehört, der in Saudi-Arabien im Profifußball mitwirkt, weder von Trainern noch von Spielern.

Größter Erfolg seiner Laufbahn: Im Mai 2017 stieg Michael Hefele mit Huddersfield Town durch einen Sieg im Relegationsspiel gegen Reading in die englische Premier League auf.
Größter Erfolg seiner Laufbahn: Im Mai 2017 stieg Michael Hefele mit Huddersfield Town durch einen Sieg im Relegationsspiel gegen Reading in die englische Premier League auf. (Foto: John Patrick Fletcher/Action Plus/Imago)

Als aktiver Fußballer war Hefele einer, der gerne und herzhaft austeilte und auf der anderen Seite auch in der Lage war, einzustecken. Schwere Verletzungen prägten die Laufbahn des 1,94 Meter großen ehemaligen Innenverteidigers. Er spielte in der Jugend beim FC Ingolstadt, beim FC Augsburg und bei der SpVgg Unterhaching, wo er unter Klaus Augenthaler seine ersten Profieinsätze bestritt. Bei Greuther Fürth sei Mike Büskens ein wichtiger Mentor gewesen, selbiges gelte für Uwe Wolf bei Wacker Burghausen. Später avancierte Hefele bei Dynamo Dresden spätestens mit dem Zweitligaaufstieg 2016 als Kapitän zur Kultfigur, ehe er in England mit Huddersfield Town 2017 in die Premier League aufstieg. Als „life changing“ bezeichnet er diese Zeit: „Im Relegationsspiel in Wembley vor 90 000 Leuten aufzusteigen ist das, wofür du als kleiner Junge immer trainiert und gekämpft hast.“

Aus gesundheitlichen Gründen reichte es nur noch zu zwei Einsätzen im englischen Oberhaus, „ich hatte Löcher in der Achillessehne, wollte mich aber nicht operieren lassen“. Er wechselte noch nach Nottingham, dann riss die Sehne endgültig. Nach seiner Genesung folgte ein Fußbruch und eine Knieoperation. Dann ging nichts mehr: „Der Körper war kaputt“, sagt Hefele, der als Klubrepräsentant zu Huddersfield zurückkehrte, wo er seine Trainerlizenzen machte und sein Masterstudium in „Sporting Directorship“ beendete. Seine erste Station als Co-Trainer war dann West Bromwich Albion in der englischen Championship, wo er an der Seite des Spaniers Carlos Corberán arbeitete. Dann nahm ihn sein ehemaliger Nottingham-Coach Lamouchi mit nach Saudi-Arabien. Auf ein „Abenteuer“, wie der bodenständige Kosmopolit Hefele die Zeit im Nahen Osten nennt. Und das geht nun in eine neue Runde.

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