Michael Ballack bei Bayer 04 Leverkusen:Man hätte ihn für klüger gehalten

Sein Berater hält Michael Ballack für das Opfer einer Intrige. Das ist ein guter Trick, aber nicht die Wahrheit: Schuld ist einzig und allein er selbst mit seinem falschen Stolz gegenüber den Verantwortlichen bei Bayer. Was bleibt, ist das Bedauern über Ballacks Unfähigkeit, aus seiner einsamen Höhe als Weltstar wieder herabzusteigen zu den Menschen.

Philipp Selldorf

Nach den Worten seines Beraters und Anwalts Michael Becker ist Michael Ballack das Opfer einer Intrige, die quasi ohnmächtige Figur in einer Inszenierung, die dazu dienen soll, die Öffentlichkeit von den wahren Problemen im Hause Bayer 04 Leverkusen abzulenken. Diese Argumentation ist insofern ein guter Trick der Verteidigung, weil sie wahre Elemente enthält und dadurch die Aufmerksamkeit der Geschworenen weckt.

Werder Bremen - Bayer Leverkusen

Beim Bundesligaspiel in Bremen saß Michael Ballack 90 Minuten auf der Bank. Das Verhältnis zu Trainer Robin Dutt und den Verantwortlichen in Leverkusen ist zerrüttet.

(Foto: dapd)

Es gibt ja in Leverkusen tatsächlich ein Problem mit dem Trainer Robin Dutt, der um die Anerkennung des Publikums ringt und vor dem Team seine souveräne Rolle als sportlicher Vorgesetzter sucht, was dem Management anhaltend Sorgen bereitet.

Allerdings hat dieses Problem nichts mit Michael Ballack zu tun, es handelt sich da um ein ganz anderes Thema. Weshalb es also auch keine Intrige der Klubstrategen und kein Ablenkungsmanöver gibt, sondern bloß die Enttäuschung der Bayer-Verantwortlichen, dass sie von einem Spieler kompromisslos verprellt wurden, den sie als Ikone des Vereins besonders geehrt und geachtet hatten.

Michael Ballack hat sich seine Probleme bei Bayer 04 selbst geschaffen, nur er selbst ist verantwortlich dafür, dass ihm jetzt auch sein letzter Rückzugsort keinen Rückhalt mehr bietet. Er ist "uneinsichtig", hat Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser gesagt. Das ist das zutreffende Wort. Ballack hat keine Einsicht in das, was angemessen und richtig wäre, um seine Karriere zu einem würdigen Abschluss zu bringen und dabei seinem Arbeitgeber, der ihm sehr viel Geld bezahlt, die bestmöglichen Dienste zu erweisen.

Begriffe wie Dankbarkeit oder Freundschaft sind in diesem Zusammenhang fehl am Platz. Auch die angeblich von Nostalgie und Idealismus getragene Liaison zwischen Ballack und Bayer war ja in erster Linie ein Geschäft zu beiderseitigem Nutzen.

Bei Bayer 04 ist man aber nun der Meinung, dass sich Ballack durch sein störrisches, selbstherrliches, unnahbares Verhalten der Gemeinsamkeit und dem professionellen Miteinander entzogen hat. Wieder mal. Denn worum ging es, als die Enttäuschung in Leverkusen endgültig eskalierte, so dass Holzhäuser - mit dem Einverständnis von Ballacks ehemaligem Fürsprecher Rudi Völler - in aller Offenheit das Projekt für gescheitert erklärte? Um die Bitte, ein paar nette Worte in der Öffentlichkeit zu sagen - was Ballack ablehnte, weil er dafür zu stolz war. Wieder mal.

Was bleibt, ist das Bedauern über Ballacks Unfähigkeit, aus seiner einsamen Höhe als Weltstar wieder herabzusteigen zu den Menschen, jetzt, da er kein einsamer Weltstar mehr ist, sondern nur noch einer von vielen Spielern. Man hätte ihn für klüger gehalten.

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