Süddeutsche Zeitung

FC Barcelona:Messi grollt

  • Lionel Messi bekennt in einem Interview mit der Zeitung Sport, dass er eine Rückkehr Neymars zum FC Barcelona gern gesehen hätte.
  • In demselben Interview sagt der Kapitän auch: "Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, ob alles Erdenkliche getan wurde, um ihn zu holen."
  • Messi teilt zudem gegen den früheren Dortmunder Ousmane Dembélé aus.

Von Javier Cáceres

Lionel Messi, 32, ist nicht der gesprächigste unter den Fußballprofis. Man kann sogar sagen, dass auf den Kapitän des FC Barcelona wie auf kaum einen zweiten zutrifft, was Medien gern floskelhaft behaupten, wenn sie ein Exklusivgespräch anpreisen: Er gewährt Interviews. Am Donnerstag veröffentlichte die Zeitung Sport aus Barcelona ein Interview mit Messi, was unter anderem deshalb bemerkenswert war, weil der Argentinier gerade am Schollenmuskel verletzt ist (und sicher am Samstag gegen Valencia, womöglich aber auch am Dienstag, am ersten Spieltag der Champions League, bei Borussia Dortmund fehlen wird). Normalerweise gilt beim FC Barcelona das ungeschriebene Gesetz, dass malade Kicker nicht mit der Presse reden. Bemerkenswert war das Interview aber auch, weil es sich in einigen Passagen so las, als habe Messi ein paar Dinge loswerden wollen. Vor allem dies: dass er grollt. Was wiederum bedeutet, dass bei Barça der Haussegen doch einigermaßen schief hängt.

Den ganzen Sommer über tobte rund um den FC Barcelona das Theater um den möglichen Transfer des früheren Barça- und heutigen Paris-Saint-Germain-Profis Neymar Júnior; immer wieder hieß es, dass Messi und andere Führungsspieler auf den Kauf des Abtrünnigen gedrängt hätten. Für Barça war das nicht nur finanziell eine heikle Personalie, weil PSG 250 Millionen Euro erlösen wollte, sondern auch, weil Abgewanderte bei Barça gewöhnlich nicht zurückgenommen werden. Neymar hatte Barcelona 2017 für eine Ablöse von 222 Millionen Euro verlassen und danach den Klub verklagt, Ende September sieht man sich deshalb vor Gericht.

Messi dementierte nun zwar, "dass die Kabine (der Vereinsführung; d. Red.) irgendetwas auferlegt" habe. Er bekannte jedoch unverblümt, dass er eine Rückkehr Neymars gern gesehen hätte, "das hätte dem Verein zu einem Qualitätssprung verholfen" - sportlich ("er ist einer der besten Spieler der Welt"), aber auch "in Sachen Sponsoren und Image". Das war schon ein Pfeil in Richtung Vereinsführung, doch nicht der einzige. Denn Messi sagte auch: "Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, ob alles Erdenkliche getan wurde, um ihn zu holen."

"Das Wichtigste ist, ein Siegerprojekt zu haben."

Schon länger halten sich Gerüchte, dass das Verhältnis Messis zur Klubführung verbesserungswürdig ist; dass er sich nun vereinspolitisch äußert, und dann auch noch in vergleichsweise deutlichen Worten, hat einen nachgerade sensationellen Neuigkeitswert. Eine mögliche Erklärung, warum das gerade jetzt passiert, lautet, dass er Sport mit Bedacht wählte, weil sein persönliches Umfeld vom Konkurrenzblatt El Mundo Deportivo in einem Kommentar bezichtigt worden war, einer weiteren Zeitung, El País, gesteckt zu haben, dass er seinen bis 2021 laufenden (und mit einem Jahressalär von mehr als 100 Millionen Euro brutto dotierten) Vertrag bei Barça immer per Saisonende auflösen kann. "Dies ist mein Zuhause und ich will nicht gehen", sagte Messi, "diese Klausel und das Geld bedeuten mir nichts." Dann aber ließ er eine Einschränkung folgen: "Das Wichtigste ist, ein Siegerprojekt zu haben. (...) Ich möchte gewinnen."

Dabei geht es natürlich nicht um irgendetwas, sondern um die Champions League, die der FC Barcelona seit 2015 nicht mehr gewonnen hat. Für dieses Ziel glaubt Messi, die Hilfe Neymars zu brauchen (dessen möglicher Kauf von den Leitartiklern der El Mundo Deportivo, die wiederum mit der Barça-Führung eng verbandelt sind, sehr kritisch beäugt wurde). Für Neymar aber war auch deshalb kein Geld da, weil der Verein bereits 120 Millionen Euro Ablöse für den französischen Weltmeister Antoine Griezmann ausgegeben hatte, den Messi wohl eher nicht wollte. So hatte es vor Monaten die Zeitung Sport behauptet; darauf angesprochen, umging Messi jedes Dementi. Stattdessen ließ er sich zu Äußerungen herab, die kühl klangen. "Ich kenne ihn kaum, wir sind fast nicht aufeinandergetroffen. Ich habe mich verletzt und danach abseits trainiert, sie waren auf Reisen." Es werde sich schon noch die Gelegenheit ergeben, "viele Dinge zu teilen". Bienvenu hat dann doch einen anderen Sound.

Doch nicht nur die Klubführung des derzeitigen Tabellenachten der spanischen Liga, auch ein Kollege bekam Messis Peitsche zu spüren: der frühere Dortmunder Ousmane Dembélé, der derzeit ebenfalls verletzt und für das Spiel im Westfalenstadion kein Thema ist. Der 21 Jahre alte Franzose habe "beeindruckende Anlagen". Aber er müsse diese Saison nutzen, sagt Messi, "um den Sprung zu schaffen und ein Profi zu werden".

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SZ vom 13.09.2019/chge
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