Mercedes verlängert mit deutschem Rennfahrer:Siegertypen gesucht, Rosberg gefunden

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Weil Michael Schumachers Zukunft in der Formel 1 ungewiss ist, bindet Mercedes Nico Rosberg mit einem hochdotierten Vertrag über 2013 hinaus an sich. Der junge deutsche Pilot befreit sich damit von allen Mutmaßungen über seinen möglichen Weggang, positioniert sich intern neu - und setzt sich selbst unter Erfolgsdruck.

Elmar Brümmer

Der journalistische Freundeskreis von Nico Rosberg hatte sich nach Kräften bemüht. Mal war er in Maranello gesichtet worden, mit dem vermeintlichen Ferrari-Angebot, sollte die Attraktivität des 106-maligen Grand-Prix-Teilnehmers unterstrichen werden. Mal wurde eine Mauer des Schweigens zwischen dem Mercedes- Piloten und dem Gegenspieler Michael Schumacher entdeckt. Mal Benachteiligungen durch die Ingenieure im Team konstruiert.

"Das ist mein Wunschteam. Hier fühle ich mich sehr wohl": Nico Rosberg bleibt, wo er ist. (Foto: AP)

Rosberg war clever genug, sich zu emanzipieren von vermeintlich guten Zurednern, und gut beraten, nachdrücklich zu dementieren. Seit Donnerstag, als sich die Formel 1 in Abu Dhabi beim Vorgeplänkel zum vorletzten Großen Preis dieser Saison formierte, hat Rosberg seine Zukunftsfähigkeit schriftlich: Sein Rennstall Mercedes Grand Prix hat den noch bis Ende 2012 gültigen Vertrag mit dem 26-Jährigen um mehrere Jahre verlängert. Sicher bis 2014, vermutlich bis 2015, zu geschätzten Gesamtbezügen von um die 50 Millionen Euro.

Damit befreit sich der Pilot von allen Mutmaßungen, positioniert sich intern neu - und setzt sich unter Erfolgsdruck. Im dritten gemeinsamen Jahr muss Mercedes endlich den Durchbruch schaffen, im eigenen Interesse und dem seiner Piloten. Den Slogan vom deutschen Dream Team, verliehen bei der Premiere im Januar 2010 von Konzernlenker Dieter Zetsche, wird die Silberpfeil-Fraktion nie mehr los.

Rosberg weiß, dass er am Scheideweg steht, dass er nach drei Lehrjahren bei Williams und deren unfreiwilligen zusätzlichen zwei bei Mercedes endlich durchstarten muss. Dafür braucht er vor allem Selbstsicherheit. Jetzt hat er zumindest die Bestätigung, dass das Silberpfeil-Team langfristig auf ihn setzt - unabhängig davon, ob sich Michael Schumacher im kommenden Sommer entschließen sollte, seinen auslaufenden Vertrag zu verlängern, falls ihm der Rennstall endlich den versprochenen konkurrenzfähigen Rennwagen bieten kann.

Die Option, den Kontrakt über den verabredeten Zeitraum bis Dezember 2012 hinaus zu verlängern, liegt bei dem 42-Jährigen. Meldungen, dass Schumacher bereits verlängert habe, sind momentan im Wortsinn noch fabelhaft und werden auf Anfrage heftig dementiert. Schumacher bezeichnet den neuen Vertrag für Rosberg als "absolut positiven und vernünftigen Schritt".

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702 Runden Erster: Sebastian Vettel holt sich in Indien einen Uralt-Rekord von Nigel Mansell und bedankt sich bei den Gastgebern mit ungewöhnlichen Worten. Lewis Hamilton erlebt ein Desaster-Rennen und kann nicht einmal über Erzfeind Felipe Massa lachen, der sich extrem dämlich anstellt.

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Mercedes muss in der Personalplanung zweigleisig fahren, und hat sich aufgrund der Schumacher-Ungewissheit darauf festgelegt, dass auch Rosberg neben der richtigen Staatsbürgerschaft die nötigen Eigenschaften mitbringt, das Team in Zukunft zu führen. "Wir wissen, dass Nico ein Fahrer ist, der Rennen gewinnen kann", sagt Teamchef Ross Brawn - und nimmt sich selbst in die Pflicht: "Wir stärken unser Team weiter und wollen Nico ein Auto zur Verfügung stellen, mit dem er an der Spitze fahren und seinen verdienten ersten Sieg erzielen kann."

Ein Titel im Silberpfeil würde Nico Rosberg mehr bedeuten als ein WM-Gewinn mit Ferrari. (Foto: dpa)

Nach 17 Rennen kommt Rosberg in der aktuellen Saison auf 75 Punkte, fünf mehr als Schumacher. Aber der gilt wegen seiner technischen Fähigkeiten und seiner Routine immer noch als erster Ansprechpartner der Ingenieure.

Hinter dem vertraglichen Schachzug steckt mehr als nur der Wille, ein Signal zu geben. Mercedes will Ende 2012 nicht in eine Bredouille geraten, und zumindest eine Position fest besetzt haben, falls eine größere Rochade bei den Spitzencockpits einsetzt. Schumachers Platz könnte frei werden, Ferrari könnte sich von Felipe Massa trennen, Lewis Hamilton ist bei McLaren noch nicht fix. Der neue Kontrakt ist deshalb für Rosberg wie für den Arbeitgeber gleicher-maßen eine Bank. Bei den Nachwuchs-Testfahrten in Abu Dhabi kommende Woche wird der 23 Jahre alte Sam Bird drei Tage lang den Mercedes testen, der Brite wäre allerdings nur ein zweiter Mann.

Wenn Rosberg jetzt sagt, wie glücklich er ist, dann dürfte das seinem tatsächlichen Gemütszustand nahe kommen. Er flüchtet sich pflichtgemäß in den Konjunktiv: "Wenn ich mein erstes Rennen in einem Silberpfeil gewinne, wird dies einer der Höhepunkte in meinem Leben sein. Es wäre einfach irre." Vielleicht größer sogar als ein Sieg mit Ferrari.

Natürlich spricht Rosberg auch von Vertrauen, Mercedes-Familie und Sieg fähigkeit. Sportchef Norbert Haug bezeichnet die Fahrerpaarung Schumacher und Rosberg, die vom Typus her nicht unterschiedlicher sein könnten, als "eine perfekte Konstellation". Sie muss jetzt einfach nur noch gewinnen. In seinem Videoblog hat Nico Rosberg den passenden Slogan dafür auch schon gefunden: "Vollgas voran."

© SZ vom 11.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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