Mercedes in der Formel 1:Rosberg, Schumacher und der optimale Punkt

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Nico Rosberg gewinnt in China und liegt in der WM-Gesamtwertung drei Punkte hinter Sebastian Vettel. Michael Schumacher dagegen konnte bislang nur ein Pünktchen gutgeschrieben werden. Rosberg wird immer mehr zum Anführer bei Mercedes - das kann Schumacher nicht gefallen.

Elmar Brümmer, Sakhir

Es war der Versuch, die Frage nach dem veränderten Rennfahrer-Dasein des Nico Rosberg charmant zu verpacken. Mit dem ersten Sieg in einem Silberpfeil der Neuzeit hatte der 26-Jährige vergangenen Sonntag zugleich das eigene Schicksal besiegt: 111 Anläufe, um endlich als Formel-1-Sieger gelten zu dürfen.

Mit dem Sieg in China rückt Nico Rosberg in die Anführerrolle - Michael Schumacher kann das nicht gefallen. (Foto: dpa)

Beim ersten Auftritt auf dem Bahrain International Circuit wollte der Moderator wissen, ob Rosberg damit sein Soll schon erfüllt habe, nachdem Papa Keke 1982 mit einem einzigen Sieg den Weltmeistertitel gewinnen konnte. Das Auditorium war gespannt, der Mercedes-Pilot gilt als schlagfertig. Doch die Reaktionszeit verstrich, der Rennfahrer wollte es bei einem dünnen Lächeln belassen. Die Verlegenheit rührt vielleicht auch aus der Warnung, die er bekommen hatte: "Mein Vater hat mir gesagt, dass das Gefühl des Erfolgs nicht lange anhält."

Mercedes und die Beweispflicht, eine Woche nach der improvisierten Sieges-Feier in einem Fast-Food-Restaurant am Flughafen Shanghai. In der Steinwüste von Sakhir herrschen komplett andere Bedingungen, aber - was die Rennstrecke und das Wetter betrifft - einigermaßen konstante. Am Freitag war Rosberg der Trainings-Schnellste.

Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug wagt keine Prognose, aber er trifft auch keine relativierende Vorsorge: "Hier haben wir die Chance zu sehen, ob wir das Auto richtig verstehen. Ich bin vorsichtig, aber es gibt keine Anzeichen, warum wir nicht in einer guten Position sein sollten." Da ist ein neues Selbstverständnis erwachsen, nach zweieinviertel Jahren Anlaufzeit.

Ein gutes Auto ändert alles

An der generellen Herausforderung, die neue Reifengeneration mit den neuen Fahrzeugcharakteristiken zu synchronisieren, hat sich nichts geändert: "Es geht darum, den sweet spot zu treffen", sagt Haug, und dieser optimale Punkt, an dem die Pneus die beste Leistung auf den Asphalt bringen, sei eher das Schwarze einer Zielscheibe als ein Scheunentor. "Die Reifen werden dieses Jahr der Schlüssel zum WM-Gewinn sein. Ich habe das Gefühl, dass es diesbezüglich immer noch bei allen sehr viele Fragezeichen gibt", ahnt Nico Rosberg. In dem zusammengerückten Feld steht es bei jedem Grand Prix Spitz auf Knopf.

Es war ein wichtiger Sieg. Wir waren im Winter so hoffnungsvoll, sind dann aber mit zwei schlechten Rennen in die Saison gestartet. China hat uns einen moralischen Schub gegeben", sagt Rosberg, der in der WM-Gesamtwertung drei Punkte schlechter als Sebastian Vettel auf Rang sechs rangiert, während Michael Schumacher bislang nur ein Pünktchen gutgeschrieben werden konnte.

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Elmar Brümmer, Shanghai

Der Sieg überstrahlt auch die Meldung aus dem Manager Magazin, der Staatsfond Aabar aus Abu Dhabi wolle seine Beteiligung an Daimler und wohl auch die 40-prozentige direkte Beteiligung am Formel-1-Rennstall beenden.

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Elmar Brümmer, Shanghai

Umso wichtiger für Haug, dass sein Team nach Shanghai weiter aufwärts strebt. Nun gilt es, den Erfolg zu sichern. Dabei helfe, dass das ganze Fahrzeug- Paket besser sei: "Unser Auto ist kein Ackergaul, sondern ein Rennpferd." Anders als bei Red Bull, wo die Auslegung der Konstruktion offenbar so extrem ist, dass immer nur ein Fahrer damit zurecht kommt, liegt der W03 Rosberg und Schumacher gleichermaßen.

Der Rekordweltmeister war in China bis zu einem Patzer beim Reifenwechsel ebenfalls auf Podiumskurs. Um einen Generationenkonflikt macht Haug sich keine Sorgen: "Michael besitzt auf angenehme Weise eine große Selbstsicherheit." Spannend ist auch eher die umgekehrte Betrachtungsweise - ob Rosberg es nun aus dem Schatten geschafft hat. Harmonie herrscht in Rennfahrerpaarungen meistens nur so lange, wie keiner eine Chance hat zu gewinnen. Jetzt, da Mercedes ein siegfähiges Auto hat, ändern sich die Verhältnismäßigkeiten und vielleicht auch das Klima.

"Zu zweit im Kuckucksnest" hatte der Spiegel kürzlich über die Konkurrenzsituation der beiden so unterschiedlichen Typen Rosberg und Schumacher getextet. An der gegenseitigen Lauerstellung hat sich nichts geändert. Michael Schumacher, der sich im ersten Teil seiner Formel-1-Karriere nie einem Teamkollegen beugen musste, wurde in Bahrain danach gefragt, ob Rosberg nun Oberwasser bekäme.

Die Antwort bereitete ihm sichtlich Vergnügen: "Es gibt viele Leute, die behaupten, dass man nach dem ersten Sieg besser wird und nach dem ersten Kind langsamer. Das zweite stimmt nicht - und das erste, glaube ich, auch nicht." Das Binnenverhältnis ist noch längst nicht geklärt.

© SZ vom 21.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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