Medi Bayreuth:Ohne Leichtigkeit

Lesezeit: 3 min

(Foto: imago/Peter Kolb)

"Die schwerste Phase, seit ich hier bin": Trainer Raoul Korner hat mit den Bayreuther Basketballer nach einem Hoch sechs Mal in Serie verloren.

Von Matthias Schmid

Raoul Korner hat sein Wort gebrochen. Nicht gegenüber einem einzelnen Spieler oder seiner Mannschaft im Gesamten, sondern gegenüber sich selbst. "Ich habe mir die freien Tage gestrichen", erzählt der Cheftrainer des Basketball-Bundesligisten Medi Bayreuth am Donnerstag, nachdem er gerade seine Rechnung fürs Mittagessen bezahlt hat. Eigentlich hatte der Österreicher sich und seinem Team ein paar Tage der Zerstreuung verordnet, "Rebooting", wie der 44-Jährige es nennt. Bis einschließlich Sonntag sollen seine Profis in der bevorstehenden Länderspielpause die Köpfe freibekommen, Abstand zu ihrem Beruf finden, auf andere, schönere Gedanken kommen.

Daran hat sich nichts geändert, auch nicht nach der 90:97-Niederlage am Mittwochabend beim bisherigen Tabellenletzten Merlins Crailsheim. Die freien Tage für seine Spieler hätten "ergebnisunabhängig" festgestanden, wie Korner hervorhebt. Doch er selber wird nun nicht nach Wien fliegen, nach Hause, wie er es geplant hatte, um ein bisschen zu entspannen. Stattdessen wird er nun die Misere aufarbeiten, die anhaltenden Krise der Bayreuther Basketballer, die in der Bundesliga nun schon seit sechs Spielen auf einen Sieg warten. "Wir funktionieren in letzter Zeit hinten und vorne nicht", befand der 44-Jährige unmittelbar nach dem Crailsheim-Spiel in der Pressekonferenz.

Dass seine Mannschaft beim Aufsteiger im Schlussviertel noch einen Acht-Punkte-Vorsprung verspielte, passte ins Bild der vergangenen Wochen. Die Bayreuther wirken irgendwie abwesend, seltsam gehemmt, nachdem sie Anfang des Jahres noch beim Spitzenklub Bamberg gewonnen hatten, zum ersten Mal überhaupt nach mehr als 20 Jahren. Und im darauffolgenden Spiel beim deutschen Meister FC Bayern nur in der Verlängerung das Nachsehen hatten. "Jetzt wollen wir ganz vorne angreifen", hatte danach Nationalspieler Andreas Seiferth erklärt.

Dieser Satz war nicht einfach nur dahingesagt oder der Überheblichkeit geschuldet, es war in der Tat so, dass die Bayreuther mit imponierenden Darbietungen zu den besten Teams in der Liga aufgeschlossen hatten, zu München, Bamberg, Berlin und Oldenburg. Tabellenvierter waren sie da. Doch wie sich nun gezeigt hat, hat der Sieg im Oberfrankenderby beim neunmaligen deutschen Meister etwas verändert - aber nicht so, wie es sich Korner als Trainer erhofft hatte. Die Bayreuther haben nicht an Reife dazugewonnen, sondern an Leichtigkeit verloren. Mannschaften, die Korner trainiert, spielen mit viel Wucht und Schlauheit. Normalerweise. Doch davon ist nicht viel übrig geblieben, verkrampft wirken sie, müde, sogar desillusioniert. Dabei fehlen zu den Rängen, die zur Meisterrunde berechtigen, nur zwei Punkte.

"Natürlich wollen wir weiter in die Playoffs", sagt Korner. Aber er weiß auch, dass ihre Form in diesen Tagen nicht zu dieser Zielsetzung passt. Er spricht deshalb lieber von einem Prozess, den er in Gang bringen möchte, er will seine Spieler nicht überfordern. "Das ist momentan die schwerste Phase für Bayreuth, seit ich hier bin", sagt er. Das merkt man auch an seinem recht ungewöhnlichen Verhalten, er ist kein Trainer, der überstürzt Spieler wechselt wie andere ihre Lottozahlen. Doch vor Kurzem hat er in Spielmacher Kyan Anderson einen Profi zurückgeholt, dem er vertraut und mit dem er in der vergangenen Saison gemeinsam schöne Erfolge wie die Halbfinalteilnahme oder die Meisterrunde in der Champions League feierte. Korner vermisst in seiner Mannschaft nach dem Ausfall seines prägendsten Profis Hassan Martin "eine klare Hierarchie", wie er sagt. Es sei mehr Zufall, ob einer gut spielt, und nicht das Resultat eines gedeihlichen Miteinanders. Acht Ausländer beschäftigt Bayreuth nun, sechs dürfen in der Bundesliga nur auflaufen. "Wir werden aber niemanden rausekeln", befindet Korner, aber er gibt zu, dass er vor allem mit den Auftritten von David Stockton nicht einverstanden ist. Zu schwankend sind seine Leistungen. Sollte sich eine Alternative für den Sohn der einstigen NBA-Größe John Stockton auftun, dürfte der Amerikaner den Klub verlassen, sagt der Österreicher.

Dramatisieren will Raoul Korner die ganze Situation aber nicht, "es sind nur Kleinigkeiten, die wir wieder verändern müssen." Die Bayreuther haben in dieser Spielzeit schon einmal aus einem Formtief herausgefunden und gezeigt, dass sie gut genug sind, um die Besten zu besiegen. "Und weder die Profis haben das Spielen verlernt noch ich das Coachen", sagt Korner. Er ist von seinem Lehrinhalt überzeugt, den er nun kompromissloser als bisher vermitteln möchte. Er geht dabei mit gutem Beispiel voran - und verzichtet auf seine freien Tage.

© SZ vom 15.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: