Medi Bayreuth:Körberegen nach der Quarantäne

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39 Zähler in zehn Minuten: Bayreuth war chancenlos gegen den MBC mit Sergio Kerusch (Mitte). (Foto: Peter Kolb/imago)

Bayreuths Pokalaus zeigt, wie drastisch sich der Verlust von Spielpraxis auswirkt.

Von Jonas Beckenkamp

Es mag nur ein kleiner Trost gewesen sein für die Bayreuther Basketballer, aber immerhin war der Heimweg diesmal kurz. Etwas mehr als 160 Kilometer ging es nach der Pokal-Vorrunde im sächsischen Weißenfels zurück nach Oberfranken, die Strapazen hielten sich in Grenzen. Aber das war es dann auch schon an positiven Erkenntnissen nach diesem entlarvenden "Shootout" - also einem wilden Zielen und Werfen aus allen Lagen - im entscheidenden Spiel gegen den Mitteldeutschen BC. Wenn im Basketball von diesem Begriff die Rede ist, freut das mitunter die Fans, aber für einen Trainer wie Bayreuths Raoul Korner fühlen sich so viele Punkte eher nach Chaos an. 114:123 (48:66) lautete das ungewöhnliche Resultat, mit dem sie bei Medi eine große Chance verspielt haben. Die abschließende 77:81 (35:40)-Niederlage am Donnerstag gegen Crailsheim hatte dafür bereits keine Bedeutung mehr.

Der zuvor mögliche Einzug ins "Top Four", das Pokalhalbfinale, ist nun dahin. De facto verhalfen die Bayreuther mit ihrem Auftritt nun ausgerechnet dem FC Bayern zum Weiterkommen - dabei hatte man den Favoriten vor knapp drei Wochen noch zum Auftakt überrumpelt. Die Gründe für das Scoring-Festival im Nachholspiel beim MBC sind offensichtlich: Die zweiwöchige Bayreuther Quarantäne wegen einiger Coronafälle im Team, die erst vergangenen Samstag zu Ende gegangen war, hat dem Team Fitness und Abstimmung geraubt. Das wirkte sich vor allem in der Verteidigung fatal aus.

"Zwei Wochen nicht zu trainieren, macht etwas aus", sagt Bayreuths Trainer Raoul Korner

"Unsere Befürchtungen haben sich bestätigt, dass die Zeit nicht reicht, um nur annähernd da anzuschließen, wo wir waren. Das hat sich vor allem in der Defensive widergespiegelt", lautete Korners Analyse, "zwei Wochen nicht zu trainieren, macht etwas aus." Tatsächlich hatten sie ja irgendwie trainiert, aber nur jeder für sich. Alleine daheim vor dem Laptop, wo sie vom Klub ein Übungsprogramm bekamen. Von Gruppengefühl in der Halle, von Feintuning, von Wettkampfbedingungen war die ganze Mannschaft mit ihrem umgebauten Kader zuletzt meilenweit entfernt.

Und das machte sich gegen den MBC vor allem im ersten Viertel bemerkbar. Angeführt vom Scharfschützen Michal Michalik (am Ende 32 Punkte) erzielten die Hausherren 39 Zähler in zehn Minuten - ein sagenhafter Wert, den Bayreuths Standbasketballer arg begünstigten. Es gibt in diesem Sport deutliche Anzeichen dafür, dass Akteuren Körperlichkeit und Spielrhythmus fehlen. Fast alle offenbarten die Bayreuther: Würfe gerieten zu kurz, Pässe zu lasch - und hinten reichten den Weißenfelsern oft drei Pässe um einen Werfer freizuspielen. Schon vor der Pause rauschten zwölf Dreier durch die Bayreuther Reuse, am Ende hatte der MBC 23 Distanzschüsse verwandelt - und stellte damit den Rekord im deutschen Profibasketball ein. "Natürlich gehört die Qualität dazu, diese Dreier auch zu treffen", fand Korner, "aber vor allem in der ersten Halbzeit haben wir sie auch frei zum Wurf kommen lassen." Zu keinem Zeitpunkt habe sein Team "Druck aufbauen" können, den es für eine funktionierende Abwehr braucht. Das Resultat: eine Traumquote von 62 Prozent bei den Dreiern der Sachsen. Natürlich wussten alle, woran es lag - und trotzdem brach der Körberegen über Medi herein. Man habe versucht, in vier Tagen und drei Trainingseinheiten das Nötigste aufzuholen, sagte Korner, doch diese "Schadensbegrenzung haben wir nicht geschafft". Das klang resignierend und beinahe so, als habe man angesichts der verhagelten Vorbereitung ohnehin mit einer solchen Pleite gerechnet.

Der Fall der Bayreuther zeigt, wie schwierig der Spielbetrieb aktuell im deutschen Basketball ist, denn der Effekt einer Quarantäne für eine gesamte Mannschaft fällt offensichtlich drastisch aus. Zudem gerät der Spielplan schon jetzt zunehmend durcheinander. Zwei Wochen ohne Teamtraining, das wirft Basketballer zu weit zurück, um mit einem Kaltstart konkurrenzfähig zu sein. Dabei wurden nach den Coronafällen im Klub sämtliche andere Profis negativ getestet. Die Spieler selbst wähnten sich also durchaus in der Lage, spielen und trainieren zu können. Das Gesundheitsamt verordnete trotzdem Isolation für alle - offenbar im Hinblick auf die mehrere Tage dauernde Inkubationszeit von Covid-19 und die Möglichkeit von falsch negativen Tests.

Der Bayreuther Kapitän Bastian Doreth (neun Zähler, sechs Assists), der sich mit drei Dreiern in der ersten Hälfte als einer der wenigen gewehrt hatte, sprach hinterher von "riesiger Enttäuschung" und einer "vergebenen Chance" aufs Top Four. "Ich möchte hier jetzt aber auch nicht sagen, dass man uns einen Vorwurf machen kann, die Umstände waren hart", sagte er. Er meinte damit nicht nur die eigene Ausbremsung per Quarantäne, sondern auch den Gegner. Der MBC litt zwar seinerseits auch unter der Absage des Bundesligastarts gegen Gießen (auch dort herrscht Quarantäne), konnte sich aber immerhin als Team im Training vorbereiten.

So half es den Bayreuthern am Ende nichts, dass auch sie im Laufe des Spiels immer mehr Gefallen am Körbewerfen fanden. Schön anzuschauen war das streckenweise schon, was vor allem Bayreuths Zugang Frank Bartley (25 Punkte) vorne fabrizierte. Auch die beiden anderen Amerikaner, Dererk Pardon (18) und Ryan Woolridge (17), überzeugten zumindest in der Offensive. Aber reines Draufballern führt eben selten zum Erfolg im Teamsport Basketball.

Vielleicht kann nun auch diese Weisheit trösten: Verteidigen lässt sich üben. Es braucht nur Training und Spiele.

© SZ vom 13.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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