Süddeutsche Zeitung

McLaren-Report:Russlands Doping-Altlast

Augrund des McLaren-Reports werden vier weitere Athleten der Manipulation beschuldigt, darunter zwei Olympiasieger. Über die Fälle muss nun der Internationale Sportgerichtshof Cas entscheiden - nur wann?

Im Zuge des russischen Manipulationsskandals sind vier weitere Athleten schwer beschuldigt worden. Auch die Leichtathletik-Olympiasieger Andrej Silnow und Natalja Antjuch rückten ins Visier der Fahnder. Die unabhängige Integritätskommission (AIU) des Leichtathletik-Weltverbandes teilte mit, dass der Hochspringer Silnow, Sieger der Spiele von Peking 2008, sowie die Hürdenläuferin Antjuch, Siegerin in London 2012, auf der Grundlage des Reports von Richard McLaren, dem Sonderermittler der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada), angeklagt werden. Über die Fälle muss nun der Internationale Sportgerichtshof Cas entscheiden. Wann der Cas zusammentritt, ist wegen der Corona-Krise nicht abzusehen. Auch die Anhörungen Russlands nach der von der Wada verhängten Vierjahressperre für internationale Großereignisse sind verschoben worden und werden nicht vor Juni beginnen.

Der McLaren-Report sowie Nachtests von Dopingproben haben bereits zu diversen Sanktionen russischer Athleten durch den Cas geführt. So wurde im vorigen Jahr unter anderem Iwan Uchow, der Hochsprung-Olympiasieger von 2012, gesperrt. Im neuen Bericht der AIU sind neben Silnow und Antjuch nun auch die 1500- Meter-Läuferin Jelena Sobolewa und Hammerwerferin Oxana Kondratjewa aufgrund des McLaren-Reports beschuldigt.

Alle vier Athleten sind nicht mehr aktiv. Mögliche Sperren hätten deshalb nur noch Symbolcharakter. Allerdings könnte das Quartett im Nachhinein, wie schon Uchow, einige seiner Meriten verlieren. Der Läuferin Sobolewa waren schon vor zwölf Jahren wegen Dopings die WM-Silbermedaille von 2007 über 1500 Meter sowie der Hallen-WM-Titel von 2008 aberkannt worden.

Das Internationale Olympische Komitee kann aberkannte Medaillen neu vergeben, doch die Verfahren ziehen sich oft lange hin - nach Uchows Disqualifikation ist das Hochsprung-Gold von 2012 vakant. Für Fuzz Caan, Trainer des 2008 hinter Silnow im Hochsprung zweitplatzierten Briten Germaine Mason, ist die Sache schon jetzt klar; er twitterte ein Bild des 2017 tödlich verunglückten Athleten mit den Worten "Germaine Mason, Olympiasieger".

Der Fall Silnows ist besonders pikant. Der heute 35-Jährige hatte nach seiner aktiven Karriere als Vizepräsident die Linie im russischen Leichtathletik-Verband weiter mitbestimmt, bis er 2019 nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen ihn zurücktrat. 2016 hatte sich Silnow erfolglos um die Präsidentschaft im damals schon wegen des Dopingskandals suspendierten Verbands beworben. Damals unterlag er seinem Konkurrenten Dimitri Schljachtin, der im November über die Vertuschungsaffäre um Hochspringer Daniil Lysenko stolperte und zurücktrat.

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SZ vom 30.03.2020 / sid
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