PSG in der Champions League:Königlicher Mbappé

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Kylian Mbappé (Foto: Andy Rowland/PRiME Media Images/Imago)

Beim 1:0 von Paris Saint-Germain gelingt Kylian Mbappé das entscheidende Tor in der Nachspielzeit - gegen seinen womöglich künftigen Klub Real Madrid. Interviews nach dem Spiel gibt er bereits auf Spanisch, doch seine Zukunft lässt er offen.

Von Javier Cáceres, Paris

Auf den Rasen des Prinzenparkstadions von Paris ging ein feiner, stetiger Regen hernieder, und unter den Schirmen der TV-Journalisten wurden Fragen gestellt, deren Antworten später viral gehen sollten. Denn PSG-Stürmer Kylian Mbappé war unter jenen, die vor den Reklametafeln der Champions League den TV-Sendern antworteten. Und er gab dort etwas zum Besten, das in den Ohren aller Madrilenen auf dem heimischen Sofa wie Musik klingen sollte - obwohl Real das Hinspiel des Achtelfinales in letzter Minute 0:1 verloren hatten. Und Mbappé den entscheidenden Beitrag dazu geleistet hatte.

Es gebe Spieler, die geboren würden, um bei Real Madrid zu spielen, sagt Klubpräsident Florentino Pérez gern, wenn er Fußballer von außergewöhnlichem Talent adeln will. Und niemand zweifelt daran, dass Mbappé in dieses Pérez-Beuteschema passt. Was die Madrilenen in der Nacht zum Mittwoch bei allem Schmerz über das Siegtor des Franzosen frohlocken ließ, war die Nachricht, dass Mbappé sich akribisch darauf vorbereitet, eines Tages in Spanien zu leben. Denn als er am Spielfeldrand sprach, tat er das unter anderem in formvollendetem Spanisch. Olé. Nur ließ er eben andererseits auch ein paar Äußerungen fallen, die manchen Real-Fan im fernen Kastilien aufhorchen lassen dürften.

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Schon sein Jubel über den Treffer war von einer solchen Begeisterung getragen, dass sie die den einen oder anderen madridista stutzen ließ: Muss man nach einem Tor gegen den Klub, der einem angeblich schon ab Sommer Dutzende Millionen Euro pro Jahr überweisen wird, so ausgiebig feiern? Und dann waren da noch diese Worte, die noch schneller um die Welt gingen.

Er sei "sehr glücklich", bei PSG zu spielen - es sei "einer der besten Vereine der Welt", sagte Mbappé

Es sei "ein Traum", dass das erstmals seit 2019 wieder bei einem K.-o.-Spiel ausverkaufte Stadion seinen Namen im Chor gerufen habe, säuselte Mbappé: "Ich bin sehr glücklich, in diesem Klub zu spielen", PSG sei "einer der besten Vereine der Welt." Und die Frage, was er in der nahen Zukunft zu tun gedenke, ob er womöglich schon entschieden habe, im Sommer - das heißt: ein halbes Jahr vor der Weltmeisterschaft in Katar - nach Madrid zu wechseln? Mbappé antwortete im Stakkato: "Nonononononono ..." Charmant lächelnd, immerhin, und wohl auch im Wissen darum, dass sie in Madrid nun noch viel heißer auf ihn sein dürften. "Er ist der beste Spieler in Europa", sagte Real Madrids besiegter Trainer Carlo Ancelotti, Mbappé sei "nicht zu stoppen".

Den Beweis dafür lieferte der Angreifer in der dritten Minute der Nachspielzeit, als er eine zuvor schon starke Leistung mit einem Tor krönte, das in puncto Finesse, Geschmeidigkeit und unwiderstehlicher Gewalt an den jungen brasilianischen Ronaldo erinnerte. Schon die Entstehung war superb: Auf der linken Pariser Angriffsseite hatte der eingewechselte Neymar seinen Sturmpartner Mbappé mit einem Hackentrick freigespielt, der dann zunächst Reals Rechtsverteidiger Lucas Vázquez und Innenverteidiger Militao gegenüberstand.

Mbappé wackelte mit der linken und der rechten Schulter, Vázquez und Militão reagierten mit unkoordinierten Bewegungen, die sich als fatal entpuppten, weil sie einen Spalt öffneten, durch den Mbappé huschte wie ein mysteriöser Blitz. Mbappé spitzelte den Ball durch die beiden Verteidiger hindurch, jagte ihm hinterher, und noch ehe Reals Federico Valverde einschreiten konnte, hatte Mbappé den Ball schon unter Torwart Thibaut Courtois hindurch ins Tor geschoben.

"Un but bêtement", wetterte Courtois danach, "ein dummes Tor", und das musste man ihm nachsehen, es kommt ja immer auf die Perspektive an. In Wahrheit war das Tor so faszinierend skrupellos, erheiternd und intelligent, dass es all die Champagnerflöten wert war, die später dem Stadion schräg gegenüber im Restaurant "Le Cardinal" flossen. Was dem einen die Stadionwurst, sind den anderen die Austern und weitere Krustentiere. In der tiefen Nacht war dort kein Thema mehr, dass Courtois zuvor der Spieler des Spiels gewesen war - unter anderem, weil er in der 62. Minute einen (natürlich von Mbappé herausgeholten) Foulelfmeter von Lionel Messi gehalten hatte. Die Rede war von "Royal Mbappé", vom "königlichen Mbappé", wie ihn die Zeitung Le Parisien am Mittwoch nannte.

Diesmal nicht der Hauptdarsteller des Abends: Lionel Messi scheitert an Thibaut Courtois. (Foto: Gonzalo Fuentes/Reuters)

Ancelotti stand mit seinen Hymnen auf Mbappé, der seinen 32. Champions-League-Treffer erzielt hatte, natürlich nicht allein. Der 23-Jährige lege "eine unglaubliche Reife" an den Tag, sagte PSG-Coach Mauricio Pochettino, und er nannte Mbappé wohl nur deswegen nicht den besten Stürmer der Welt, um am Tag danach keine Debatten mit PSG-Mitarbeitern wie Messi oder Neymar am Hals zu haben. Dass Pochettino bekannte, nach Mbappés Tor nicht nur "Freude", sondern "auch Schmerz" verspürt zu haben, hatte ganz andere Gründe: Mittelfeldspieler Leandro Paredes war in der Ekstase über den Treffer auf den Trainer zugestürzt. "Ich dachte, er hätte mir mit der Brust die Nase gebrochen", sagte Pochettino, doch der Arzt habe Entwarnung gegeben.

Das 1:0 eröffnet PSG jenseits der neuen Europapokal-Arithmetik - die Auswärtstorregel ist abgeschafft - beste Chancen auf den Viertelfinal-Einzug. Das liegt auch daran, dass sich PSG gegen Real, man höre und staune, als Team eine erschlagende Dominanz erspielte. Die Madrilenen brachten bei nur zwei Abschlüssen keinen einzigen Ball aufs Tor; das Verhältnis bei PSG lag bei 20:7. "Wir haben ein sehr gutes Pressing ausgeübt", freute sich Pochettino über den reifen taktischen Vortrag. Der wundervolle Marco Verratti hatte das Mittelfeld gemeinsam mit Paredes und Danilo derart im Griff, dass ihre Gegenüber Luka Modric, Toni Kroos und Casemiro im Wortsinn alt aussahen.

Ancelotti räumte später ein, seiner Mannschaft eine tiefe Staffelung aufgetragen zu haben; dass sie dann aber solche Schwierigkeiten hatte, den Ball nach vorn zu transportieren, überraschte ihn doch. Die Folge: Am Ende war die Frage, wer von den Offensivkräften bei Real inexistenter war - der unzureichend genesene Karim Benzema, der oft hochgelobte Vinícius oder Spaniens einstige Hoffnung Marco Asensio.

Die größten Sorgen bereitet Ancelotti aber nicht mal die Offensive, sondern die Tatsache, dass Linksverteidiger Mendy und Casemiro die gelbe Karte sahen. Sie werden beim Rückspiel am 9. März in Madrid gesperrt fehlen, als Ersatz stehen Marcelo und Valverde bereit. Ancelotti klammert sich an die einschüchternde Macht des Bernabéu-Stadions, das wegen der andauernden Bauarbeiten aber nur zur Hälfte gefüllt werden darf. "Wir spielen mit 11 Spielern und 50 000 (Zuschauern)", sagt Ancelotti. Nur: PSG kommt mit Mbappé.

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