Max Kruse:Einsamer Wolf

Max Kruse

"Jetzt ist irgendwie der Bogen überspannt": Stürmer Max Kruse darf vorerst kein Nationalspieler mehr sein.

(Foto: Carmen Jaspersen/dpa)

Nach seinem Rauswurf aus der Nationalmannschaft ertüchtigt sich der VfL-Profi solo im Kraftraum. Sein Arbeitgeber Wolfsburg schützt ihn. "Wir sehen ja, was hier los ist. Das muss er nicht durchmachen", sagt Trainer Dieter Hecking.

Von Javier Caceres, Berlin

Es ist kalt am Dienstagmorgen in Berlin, als die Nationalspieler im Mannschaftshotel eintreffen. Passanten verweilen, Autogrammjäger warten, und natürlich harren Journalisten aus, hinter Absperrgittern mit dem Logo des Fünf-Sterne-Etablissements, in dem sich die Profis auf das Freundschaftsspiel gegen England (Samstag/20.45 Uhr/live im ZDF) vorbereiten sollen. Die meisten entziehen sich freilich dem Gesprächsbedarf, als sie den Limousinen entsteigen; den Fragen nach den Attentaten von Brüssel () ebenso wie den Erkundigungen nach der Entscheidung über den Kollegen Max Kruse (VfL Wolfsburg), der am Montag von Bundestrainer Joachim Löw aus dem Aufgebot getilgt worden war, wegen wiederholter Verstöße gegen Teammoral und Disziplin. Und selbst jene, die etwas zu sagen wagen, geben Statements ab, die man nicht gerade unter Klassensolidarität abbuchen kann. "Das ist eine Entscheidung des Trainers", sagt etwa Stürmer Lukas Podolski. "Unprofessionelles Verhalten" hatte Löw dem Stürmer Kruse am Montag vorgeworfen, Teammanager Oliver Bierhoff präzisierte am Dienstag, man habe "irgendwie aufgrund der Anhäufung der Geschichten nicht den Eindruck, dass es das richtige Zeichen wäre, wenn er hier dabei wäre". Die jüngsten Schlagzeilen um Kruse waren nach dem Wochenende entstanden. Kruse war von einer Bild-Reporterin auf der Tanzfläche einer Berliner Diskothek fotografiert worden, hatte der Frau das Handy abgenommen und die Fotos gelöscht. Wenige Tage zuvor hatte Löw mit Kruse gesprochen - als Reaktion auf die Geschichte, dass Kruse vor Monaten bis zum Morgen in Berlin unterwegs war und 75 000 Euro in bar im Taxi hatte liegen lassen.

In dem Gespräch muss Löw die klare Warnung formuliert haben, dass Kruses Chancen, in diesem Sommer bei der EM in Frankreich dabei zu sein, erheblich davon abhängen, ob er seine Freizeit konventioneller gestaltet als zuletzt, also nach den Anforderungen eines Berufsfußballers lebt. Gerade nach diesem Gespräch habe man gesagt: "Jetzt ist irgendwie der Bogen überspannt", erklärte Bierhoff: "Unsere Verhaltensregeln haben wir ja."

Kruse selbst wurde am Dienstag vom Arbeitgeber VfL Wolfsburg geschützt. Er arbeitete im Kraftraum, statt mit der Mannschaft zu üben und auf dem Weg zum Trainingsplatz von den vielen Medienvertretern behelligt zu werden. "Wir sehen ja, was hier los ist. Das muss er nicht durchmachen", sagte Dieter Hecking. Ein Rauswurf Kruses, in dieser Saison die produktivste Offensivkraft des VfL, stehe nicht zur Debatte, sagte der Trainer. Kruse solle am Mittwoch wieder mittrainieren. Im Übrigen sei ihm "wichtig, dass man auch die Meinung von Max hört". VfL-Geschäftsführer Klaus Allofs kennt sie schon, er sagte: "Max Kruse benötigt jetzt unsere Hilfe. Offenbar holen ihn derzeit Vorkommnisse und Probleme - auch aus seiner Vergangenheit - ein, die weder er noch wir steuern können." Damit sind offenbar auch intime Aufzeichnungen gemeint, die durchs Internet wabern und Medienangaben zufolge Kruse zeigen sollen. Kruse will juristisch vorgehen, teilte der VfL mit. "Ich kann sagen, dass all das, was in den letzten Wochen über ihn hereinbrach, ihn wirklich tief getroffen hat", sagte Allofs weiter und betonte: "Wir haben Max in unseren Gesprächen aber auch verdeutlicht, dass wir für unsere weitere Unterstützung über diese Entschuldigung hinaus auch eine sofortige Veränderung seiner Lebensweise einfordern."

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