Maskottchen der Winterspiele:Wie Homer Simpson auf LSD

Waschbär, Wolf, Spermium und nun ein pandemischer Panda: Eine Auswahl der Maskottchen bei Winterspielen zeigt das schwierige Verhältnis zwischen Fabelwesen und Sport.

Von Jonas Beckenkamp

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Peking 2022: Bing Dwen Dwen und Shuey Rhon Rhon 

Preparation for Beijing 2022 Winter Olympics

Quelle: REUTERS

Wer so vergnügt winkt, kann eigentlich nicht vom Aussterben bedroht sein - tatsächlich erfreuen sich Pandas in China einer gewissen Renaissance. Bambuswälder wurden aufgeforstet, der Panda hat Konjunktur. Trotzdem muss man sich Sorgen machen um Bing Dwen Dwen (rechts), den Glücksbringer der Spiele in Peking. "Bing" steht für "Eis", der Rest ist eine Art Kosename für Kinder. Muss man nicht verstehen. Vor Ort existieren Varianten von ihm (um nicht zu sagen "Mutanten") mit Plastikhülle als "super powerful" Schutzanzug, wie die Veranstalter verkünden.

Bing Dwen Dwen wäre somit das erste pandemische Olympiamaskottchen, ein trauriges Zeitzeugnis der Corona-Spiele. Ein wenig Licht spendet das Paralympics-Lampion Shuey Rhon Rhon (links). Sein "glowing body is to warm the world", heißt es. Damit es sich die Seuche nicht einfängt, haben die Designer von der Guangzhou Academy of Fine Arts gleich auf Nase und Mund verzichtet. Das ist immerhin pragmatisch.

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Grenoble 1968: Schuss

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Quelle: Deutsches Sport & Olympia Museum

Die Geschichte der Maskottchen bei Olympischen Winterspielen beginnt im Jahr 1968 mit "Schuss", einem rotköpfigen, armlosen Skirennläufer mit Glubschaugen. Bei den Spielen im französischen Grenoble wurde "Schuss" zum ersten offiziellen Winter-Olympia-Glücksbringer - das hielt aber auch damals schon zahlreiche Beobachter nicht davon ab, sich über "The Skiing Sperm" (das skifahrende Spermium) lustig zu machen.

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Innsbruck 1976: Schneemann

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Quelle: Deutsches Sport & Olympia Museum

Klassischer lösten die Veranstalter der Spiele in Innsbruck 1976 die Frage nach dem passenden Talisman. "Schneemann" sollte dementsprechend die "Spiele der Einfachheit" symbolisieren. Er tat dies auf leicht gespenstische Weise - und mit Hilfe von längeren Armen als Beinen. Tirolerhut und blauer Lippenstift komplettierten das bizarre Bild dieses Vorfahren der späteren Filmfigur Hui Buh.

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Sarajevo 1984: Vucko, der Wolf

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Quelle: Deutsches Sport & Olympia Museum

Auch bei den Winterspielen in Sarajevo vier Jahre später diente ein Waldbewohner aus der näheren Umgebung als Vorbild für das Olympia-Maskottchen. "Vucko, der Wolf", ein leicht verlotterter Vierbeiner mit rotem Halsband und einem paar Skiern auf dem Rücken. In seiner verplüschten Version führte dieser knuffige Wolf angeblich dazu, das Blutjäger-Image der Tiere im ehemaligen Jugoslawien deutlich zu verbessern. Echt jetzt.

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Albertville 1992: Schneestern Magique

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Quelle: Deutsches Sport & Olympia Museum

Die Abkehr vom klassischen Tier-Maskottchen erfolgte in Albertville mit "Magique", einem grinsenden Schneestern in Blau-Weiß-Rot. Das vollwaschweiche Fabelwesen mit Bommelmütze stach übrigens die zunächst für den Job vorgesehene Bergziege "Chamois" aus. Vielleicht lag es an seiner sympathischen, weinseeligen rosa Gesichtsfarbe.

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Lillehammer 1994: Haakon und Kristin

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Quelle: Deutsches Sport & Olympia Museum

Norwegische Folklore lieferte den Hintergrund für "Haakon und Kristin", die beiden Glücksbinger der Winterspiele in Lillehammer. Er ist ein sagenumwobener König mit Hang zum Gutmenschentum aus dem zehnten Jahrhundert, sie seine Tante und beide zusammen ein unschlagbares Wintermärchen-Gespann. Ihre kessen Fransen-Frisuren passten ins "Anything goes" der 90er Jahre.

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Nagano 1998: Schneeeulen "Sukki, Nokki, Lekki und Tsukki"

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Quelle: Deutsches Sport & Olympia Museum

Bei den Spielen in Nagano 1998 wurde es wieder interpretationsfreudiger. Was aussah wie eine Mischung aus Homer Simpson mit Windpocken und Jedi-Ritter auf LSD, waren in Wirklichkeit die vier Schnee-Eulen "Sukki, Nokki, Lekki und Tsukki" - wer hätte das nicht erkannt? Eulen, na sicher! Wenig überraschend blieben die Begeisterungsstürme für das Eulen-Ensemble aus.

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Salt Lake City 2002: Schneehase "Powder", Koyote "Copper" und Bär "Coal"

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Quelle: Deutsches Sport & Olympia Museum

Auf die Schnee-Eulen in Nagano folgten in Salt Lake City Schneehase "Powder", Koyote "Copper" und der Bär "Coal". Dieses gutgelaunte Tiertrio sollte die olympische Idee "citius", "altius", "fortius" (schneller, höher, stärker) symbolisieren und tat dies auf Kufen und Skiern. Als Ganzes betrachtet hätte diese Rasselbande aber auch auf jeden Kindergeburtstag bei Ikea gepasst.

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Turin 2006: Neve und Gliz

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Quelle: Deutsches Sport & Olympia Museum

2006 war dann das große Jahr dadaistischer Maskottchenkunst: "Neve und Gliz" hießen die beiden Talismane der Spiele in Turin - und es stellte sich sogleich die Frage, was um alles in der Welt diese beiden Figuren darstellen sollten. Hier ein Versuch: Sie (vermutlich links) ein nasenloser Glühbirnenkopf mit Körper in Handschuh-Form, er ein grinsender Eiswürfelschädel mit Ski-Overall. Oder so ähnlich.

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Vancouver 2010: Miga, Quatchi und Sumi

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Quelle: SZ

2010 gastieren die Winterspiele zum zweiten Mal in Kanada und mit dem Maskottchen-Trio "Miga, Quatchi und Sumi" versuchen sich die Verantwortlichen diesmal in landestypischer Folklore. Miga, ein mythischer Seebär, Quatchi, ein Bigfoot und Sumi, ein Fabelwesen mit den Flügeln eines Thunderbirds, entstammen alle den Sagen und Erzählungen der kanadischen Ureinwohner - oder aber einer Paarung aus Vucko, dem Wolf und dem japanischen LSD-Quartett von Nagano, wer weiß das schon genau ...

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Sotschi 2014: Eisbär, Schneeleopard, Hase

Russian girls walk near Sochi 2014 Winter Games' mascot soft toys in Sochi

Quelle: REUTERS

Nach den exzentrischen Experimenten der Vergangenheit bauten die Russen auf Altbewährtes. Dezente Farben, Kuscheloptik, herkömmliches Getier. Ein grinsender Plüschknut stand an der Spitze einer Dreier-Combo, die durch einen verwirrten Winterleoparden und ein scheues Häschen komplettiert wurde. Die drei Viecher sollten die Positionen auf dem Siegertreppchen symbolisieren: Erster, Zweiter, Dritter. Zudem würden die Knuddeldinger die Tierwelt Russlands symbolisieren, fanden die Organisatoren. Na klar, Sotschi, dieser tropische Kurort am Meer - bekannt für seine Vielfalt an Eisbären und Leoparden, das ergibt natürlich Sinn.

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Pyeongchang 2018: Bär und Tiger

2018 Pyeongchang Winter Olympics mascot Soohorang and Paralympics mascot Bandabi are pictured in Pyeongchang

Quelle: REUTERS

Wie oft passt der Buchstabe O in den Namen eines Maskottchens? Bei "Soohorang", dem offiziellen Glücksbringer der vergangenen Spiele in Südkorea, waren die Erfinder zumindest großzügig. Soohorang ist ein gestreifter Weißtiger, der voller Tatendrang seine Skier abschnallt (ist er etwa auf dem Weg zum Après-Ski?). Jedenfalls sind er und sein paralympischer Buddy Bandabi, ein Kragenbär, mythologische Wesen in Südkorea.

Dass Bandabi nebenbei ein wenig wie ein Lack -und Lederspielgefährte daherkommt, muss niemanden stören. Olympia hieß damals auch: Dabei sein, bunt sein, schelmisch grinsen, mit "Passion connected" sein - was man halt so hinschreibt auf einen Maskottchensockel. Beide Gefährten waren jedenfalls so nett, dass man sie umgehend auf eine Schüssel Kimchi einladen wollte. Happy times.

© SZ.de/jbe/fued
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