Süddeutsche Zeitung

Profigolfer Martin Kaymer:Schwitzen für den Sprung zur Spitze

Kniffliger Kurs, drückende Hitze: Deutschlands bester Golfer Martin Kaymer steht beim Start des letzten Major-Turniers der Saison in Atlanta vor einer großen Herausforderung. Er scheint trotz der schwierigen Bedingungen bestens gerüstet zu sein. Als Favoriten werden allerdings gerade andere Namen gehandelt.

Petra Himmel

Whistling Straits und der Atlanta Athletic Club sind wie zwei verschiedene Welten. Der Linkskurs am Lake Michigan spielte sich für Martin Kaymer im vergangenen Jahr wie ein British Open-Platz ohne Wind. Bei mäßigen Temperaturen, auf den harten Fairways und zwischen den hohen Dünen holte sich der Deutsche seinen ersten Major-Sieg.

Der Erfolg kam überraschend. Kaymer war im Rennen um den Titel nie mehr als ein Außenseiter, im Mittelpunkt des Interesses stand er nie.

Ein Jahr später ist alles anders. Im Atlanta Athletic Club mitten in Georgia ist es stickig heiß und dampfig. Kein Lüftchen weht und die Veranstalter der US PGA Championship verteilen Bulletins, auf denen die empfohlene Flüssigkeitsration pro Tag nachzulesen ist. Kaymer schwitzt. Am Montag, während der Trainingsrunde, zog er die ersten Lehren aus dem ungewohnten Klima. "Ich hatte das falsche Outfit an", kommentierte er seine schwarze Kleidung: "Zum Wochenende wähle ich die hellen Farben."

Als Titelverteidiger des vierten und letzten Major-Turniers des Jahres, das am Donnerstag beginnt, wird der Deutsche zu jedem Detail seines Auftritts und allen aktuellen Themen der Szene befragt. Wie beurteilt er den Zwist zwischen Tiger Woods und seinem ehemaligen Caddie Steve Williams?

Kaymer ist gerade einmal 26, aber sein Sieg in Whistling Straits hat ihm eine gewisse Autorität verliehen. Der Deutsche gilt als überlegter Profi, als einer, der genau abwägt, was er sagt, und im vergangenen Jahr hat man gelernt, dass es von ihm keine aufsehenerregenden Kommentare gibt.

Vielleicht aber hat der Düsseldorfer auch nur die Lehren aus seinem Überraschungserfolg gezogen. "Ein Major auf einem anderen Kontinent, in Amerika, zu gewinnen, das war eine Riesensache. Das hat mein ganzes Leben geändert, und das meiner Familie obendrein."

Nicht nur die deutsche Öffentlichkeit hat den 26-Jährigen seitdem im Visier. Weltweit werden seine Leistungen in Zeitungen kommentiert, der Deutsche hat 2010 mit seiner Serie von vier Siegen und der Übernahme der Weltranglistenspitze im Februar etwas Golf-Geschichte geschrieben.

Seitdem wird Großes von ihm erwartet, die Messlatte für seine Leistungen liegt nun deutlich höher.

Auch deshalb wird Kaymers Form nun skeptisch beurteilt. Seit seinem zweiten Rang bei der Matchplay-Championship in Arizona im Februar hat er es "nur" auf drei Top-Ten-Platzierungen gebracht. Ein Sieg fehlt. Die Ausbeute bei den Major-Turnieren ist mäßig: Ein verpasster Cut bei der US Masters, Rang 39 bei der US Open und ein guter zwölfter Platz bei der British Open. Von einem Weltranglistendritten wird mehr erwartet.

Zum Kreis der Favoriten gehört er diese Woche nicht. Andere Namen drängen sich auf. Luke Donald hat sich rechtzeitig in Hochform gespielt. "Ich habe den Ball so gut getroffen wie schon lange nicht mehr", sagte der Weltranglistenerste nach Platz zwei am Sonntag bei der World Golf Championship in Ohio. Dem Briten liegt das Anforderungsprofil des Atlanta Athletic Club.

Neben ihm glänzten am vergangenen Wochenende vor allem die Youngsters Rickie Fowler, Ryo Ishikawa und Rory McIlroy mit einem zweiten, vierten und sechsten Rang. Sie zählen wie der Sieger Adam Scott, der Zweitplatzierte Jason Day und der Weltranglistenzweite Lee Westwood zu den Sieg-Anwärtern.

Entscheidend für den Ausgang des Turniers dürften die letzten vier Löcher sein. Sie sind lang und extrem schwer. Bahn 18 gilt als Par vier mit knapp über 450 Metern Länge und Wasserhindernissen als Monster schlechthin. "Auf dem Platz kann man schnell Double-Bogeys machen, vor allem auf den letzten vier Löchern", hat Kaymer erkannt."Man muss sich ein paar Chancen herausspielen und auf jeden Fall Ausrutscher vermeiden."

In Whistling Straits war er mit dieser Strategie unschlagbar.

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Quelle:
SZ vom 11.08.2011/thob/jbe
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