Wozu das alles nütze ist? Vielleicht wäre ohne sie niemand auf die Idee gekommen, eine andere Analogie zwischen Mann und Frau zu ziehen. Zum Beispiel, dass Brasilien wieder durch ein Henry-Tor ausschied: Bei den Frauen war es Amadine Henry, bei der Männer-WM 2006 in Deutschland war es Thierry Henry gewesen. Ebenfalls nach einem Freistoß. Und weil die Männer 2006 in Frankfurt genauso sehr träumten wie die Brasilianerinnen nun in Le Havre.
Überhaupt, die Träume: Marta hat so manchen verwirklicht. Man muss da nur zurückgehen an ihren Geburtsort Dois Riachos, im verlassenen Nordosten Brasiliens, wo sie "die schlimmste aller Gegnerinnen ausdribbelte", wie ein Kolumnist schrieb: die Kindersterblichkeit, die in den 80er Jahren bei 130 Toten pro 1000 Kindern lag, weit über dem landesweiten Schnitt von 69. Sie ertrug, dass ihre Mutter ihr keinen Fußball kaufen wollte, weil das "nichts für Mädchen" sei. Wozu man nicht mal wissen muss, dass bei Martas Geburt nur sieben Jahre vergangen war, seit das Präsidialdekret aufgehoben worden war, das Frauen den Fußball untersagte - wegen angeblicher Gefahren für die Gebärmutter. Marta erlebte, wie Vasco da Gama die Frauen-Elf auflöste, in der sie mit 16 debütierte. Jetzt hat Brasiliens Verband alle Erstligisten gezwungen, Frauenteams zu unterhalten, jetzt unterhalten sogar der Vatikan und Real Madrid Frauen-Fußballmannschaften.
Wegen alledem also weinte Marta. Wegen alledem rief sie den Mädchen in ihrer Heimat zu, dass sie schon jetzt ihr Erbe weiterführen sollen, obwohl sie selbst noch weitermachen will, bei den Olympischen Spielen, zusammen mit Formiga, der Mittelfeldspielerin namens "Ameise", die Marta einen "Mythos" nannte, und der sie das Geheimnis abringen will, wie man noch mit 41 Jahren Weltklasse sein kann.
"Es wird nicht ewig eine Marta, eine Formiga, eine Cristiane geben", sagte Marta, "das Überleben des Frauenfußballs hängt von Euch ab", rief sie den brasilianischen Mädchen zu. Weinend, wie gesagt, und irgendwie muss man das wohl verstehen. Denn auch wenn ihr nicht mehr viel zu nehmen ist, so weiß sie doch, dass die Frauen in ihrem Land erst am Anfang stehen. Dass sie noch viel leiden müssen, um zu siegen.
"Weinet am Anfang, um am Ende lächeln zu können", sagte sie und meinte das beileibe nicht nur auf den Sport bezogen.