Marokko - Iran:Bouhaddouz' Malheur

Marokko vergisst, gegen Iran ein Tor zu schießen, bis Aziz Bouhaddouz vom FC St. Pauli trifft - aber ins eigene Tor. Dabei hatte Iran vor wenigen Tagen noch nicht einmal Schuhe, weil der Ausrüster wegen politischer Sanktionen die Lieferung stoppte.

Mit dem zweiten Sieg seiner WM-Geschichte hat sich Iran in der extrem kniffligen Gruppe B die Chance auf das Achtelfinale erarbeitet. Die Auswahl bezwang bei ihrer fünften Endrundenteilnahme Marokko 1:0 (0:0) - dank eines späten Eigentores. Jetzt warten allerdings noch Titelanwärter Spanien und Europameister Portugal.

Ein Eigentor von Aziz Bouhaddouz (90.+5) vom FC St. Pauli entschied das Spiel vor 62 548 Zuschauern in St. Petersburg und ließ den Iran damit zum ersten Mal seit dem 21. Juni 1998 wieder bei einer WM jubeln. In Frankreich gelang der Mannschaft vom Persischen Golf damals ein historischer Sieg gegen die USA (2:1).

Marokko enttäuschte beim WM-Comeback nach 20 Jahren indes auf ganzer Linie. Die Nordafrikaner hatten in der Qualifikation kein einziges Gegentor kassiert und sich mit ihren in Europa ausgebildeten Jungstars und dem erfahrenen Kapitän Mehdi Benatia gute Chancen ausgerechnet. Nach einer ordentlichen Anfangsphase rückte der Sieg und damit die Aussicht auf das Achtelfinale jedoch von Minute zu Minute in weitere Ferne. Auch Amine Harit von Schalke 04 setzte kaum Akzente. Iran war über weite Strecken der Partie jedoch noch ungefährlicher, vor allem die ersten zehn Minuten zeigten die Schwächen der international unerfahrenen Spieler massiv auf.

Marokkos Trainer Herve Renard freute sich über den Schwung seiner Elf, ärgerte sich aber über die schwachen Abschlüsse. Hakim Ziyech säbelte nach drei Minuten über den Ball und verpasste auch nach 80 Minuten die Führung. Die größte Chance der Marokkaner besaß der ehemalige FC-Bayern-Profi Benatia (19.), der aus kurzer Distanz scheiterte.

Das Team des Iran befreite sich zunehmend vom Dauerdruck und wurde sogar selbst gefährlich. Stürmer Sardar Azmoun, in Russland für Rubin Kasan tätig, scheiterte kurz vor der Pause (43.) ebenso am starken Torwart Monir El Kajoui wie Alireza Jahanbakhsh im Nachschuss.

Vor der Partie war es im iranischen Quartier zu Unmut gekommen; Ausrüster Nike hatte wegen politischer Sanktionen die Lieferung der Schuhe gestoppt. Auch das angekündigte Public Viewing im Azadi-Stadion von Teheran wurde offenbar ohne Angaben von Gründen untersagt, nachdem die Betreiber angekündigt hatten, auch Familien den Eintritt zu gewähren. Frauen ist es in dem konservativen muslimischen Land noch immer nicht erlaubt, ins Stadion zu gehen.

Auf dem Rasen dominierte nach der Pause der Kampf, allerdings nie derart unübersichtlich, dass das deutsche Trio um den Berliner Offiziellen Felix Zwayer im Moskauer Video-Studio zum Einsatz kommen musste. Schiedsrichter Cüneyt Cakir aus der Türkei leitete das Spiel souverän. Bis zur 96. Minute.

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