Mark van Bommel:Qualität: Aggressivität

Mark van Bommel wird für seine Tätlichkeit vom DFB für drei Spiele gesperrt: Ottmar Hitzfeld hat vor wenigen Monaten Mark van Bommel zum "aggressive leader" erklärt - wahrscheinlich deshalb, weil er keinen fußballerischen Begriff fand.

Jürgen Schmieder

Im Lexikon der Fußballbegriffe konnte man in den vergangenen Monaten einige neue Einträge finden: "Flat four" ist eine Variante der Viererkette, ein "Wandspieler" ist ein Stürmer, der am liebsten nur einen Ballkontakt verwendet. Es gibt auch noch den "aggressive leader". Der Zeugwart des FC Bayern soll bereits überlegt haben, das Trikot mit der 17 mit Mark van Bommels Künstlernamen zu beflocken.

Mark van Bommel: Mark van Bommel: bisweilen übermotiviert.

Mark van Bommel: bisweilen übermotiviert.

(Foto: Foto: dpa)

Für sechs Millionen Euro hatte Uli Hoeneß den Holländer im August 2006 zum FC Bayern geholt. Am 9. September gab er sein Debut im DFB-Pokal gegen den FC St. Pauli, das erste Bundesliga-Tor folgte am 16. September, eine Woche später der Siegtreffer gegen Alemannia Aachen. Das Mittelfeld des FC Bayern beim Spiel gegen Aachen: van Bommel, der unerfahrene Andreas Ottl, der an WM-Nachwehen leidende Bastian Schweinsteiger und Roque Santa Cruz - damals noch in der Rolle des Ballack-Nachfolgers. Van Bommel wurde sofort zum Anführer: er gestikulierte, legte den Arm um Schweinsteiger, schrie Santa Cruz an.

Neun Monate später beim Ligapokal-Halbfinale sah das Mittelfeld des FC Bayern so aus: Van Bommel grätschte sich durchs defensive Mittelfeld, neben ihm definierte Zé Roberto seine Autorität über Ballsicherheit. Davor agierten drei Feingeister: der geradlinige Altintop, der schnörkelige Schweinsteiger und der geradlinige und schnörkelige Ribéry.

Der Holländer ist zum fußballerisch schwächsten Glied geworden. Er arbeitet Fußball, während die anderen spielen. Im Spiel gegen den VfB Stuttgart wurden nur zwei gelbe Karten gezeigt, van Bommel stand kurz vor einer Hinausstellung und leistete sich gar eine Tätlichkeit gegen Fernando Meira, dem er in südliche Körperregionen griff. Der Kontrollausschuss sperrte ihn für drei Ligapokal-Spiele. "Eine unsinnige Aktion, so kann man sich nicht präsentieren", sagte Manager Uli Hoeneß nach dem Spiel.

Van Bommels Situation erinnert an seine Zeit beim FC Barcelona, als er spielerisch ähnliche Probleme bekam. Er definiert sich über Dynamik und Zweikampfstärke, Feingeistiges darf man von ihm nicht erwarten. In der Formation mit Edmilson, Deco, Ronaldino und Lionel Messi war van Bommel der rustikale Rumpler - der Abräumer, der dem Spielfluss der anderen nicht folgen konnte. Daraufhin verlor er auch seinen Platz in der Nationalelf der Niederlande.

Van Bommel kann sich trotz - oder vielleicht gerade wegen - dieser Spielweise seines Platzes in der Stammelf sicher sein. Trainer Ottmar Hitzfeld lobt seine Präsenz, Oliver Kahn betont die Körpersprache: "Ich bin froh, dass wir diesen Spielertyp haben, der den einen oder anderen Akzent setzt." Van Bommel mag nicht in jedem Spiel den entscheidenden Pass spielen oder ein Tor erzielen, aber er kann die Ärmel hochkrempeln, Kollegen mitreißen und auch - nun kommt ein Begriff, der schon seit Jahren im Fußball-Wörterbuch steht - ein Zeichen setzen.

Van Bommel verfügt über ein erstaunliches Repertoire dieser Zeichen: Im Februar provozierte er die Spieler von Real Madrid mit seinem Torjubel, im April versuchte er einen Ellenbogenschlag gegen den Stuttgarter Pavel Pardo, zuletzt griff er Meira an.

Wenn Luca Toni und Miroslav Klose in die Startelf zurückkehren, ist in Hitzfelds Spielsytem nur noch Platz für vier Mittelfeldspieler. Mark van Bommel wird einer davon sein, weil man beim FC Bayern anders als beim FC Barcelona an das Prinzip Führungsspieler glaubt - und da eignet sich einer, der den Künstlernamen "aggressive leader" trägt.

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