Mario Götze:Warten auf ein Zeichen

Geht er? Bleibt er? Mario Götze muss mal wieder über seine Zukunft reden. Ob er unter dem künftigen Trainer Ancelotti überhaupt eine hat beim FC Bayern, weiß er nicht.

Von Benedikt Warmbrunn, Doha

Der Samstag ist im islamischen Katar der zweite Tag des Wochenendes, es geht etwas ruhiger zu in der Hauptstadt Doha, es sind nicht ganz so irrsinnig viele Autos unterwegs, wenngleich manche Taxifahrer ihre Gäste weiterhin mit irrsinnigen Manövern verunsichern. Am Freitag, dem ersten Tag des Wochenendes in Katar, hatte Pep Guardiola, der Trainer des FC Bayern, seiner Mannschaft noch zwei anstrengende Einheiten im Trainingslager verordnet, und weil er damit doch irgendwie zufrieden war, gab er ihr den Samstag frei. Also ziehen die Spieler los. Philipp Lahm, Thomas Müller und Sebastian Rode auf den Golfplatz. Arturo Vidal, Rafinha und Robert Lewandowski in die Shopping Mall (vermutlich nicht nur, um sich vor dem dortigen Kanal im Venedig-Stil fotografieren zu lassen). Zurück im Hotel bleibt zur Mittagsstunde Mario Götze. Und macht das, was er so oft gemacht hat in den vergangenen Monaten. Er redet über das, was er zuletzt geredet hat.

Vor einem halben Jahr, nach dem Start der Sommervorbereitung, hatte der 23-Jährige gesagt, dass ihn auch das Leben eines Fußballprofis im Ausland reize - in der nervösen Fußballbranche wurde das sofort als erstes Anzeichen für einen Wechsel gedeutet. Götze ist dann doch geblieben. Wenige Wochen später sagte er, dass es sich zeigen werde, ob Guardiola öfter mit ihm sprechen werde, was eine ziemlich harmlose Antwort war, da Götze nur die Frage, ob der Trainer öfter mit ihm sprechen werde, im Ungefähren gelassen hatte. In den Wochen danach sprach der Trainer dann zumindest so oft mit seinem sensiblen Spieler, dass dieser in der besten Form seiner inzwischen zweieinhalb Jahre beim FC Bayern war. Dann verletzte sich Götze. Und lange war nichts mehr von ihm zu hören. Bis zur vergangenen Woche.

Kein Wechsel in der Winterpause, auch nicht zu Jürgen Klopp

Dann sagte Götze der Sport-Bild, dass noch "alles offen" sei, "wie es nach der Saison weitergeht". Es war ein typischer Götze-Satz. Es steckte viel Spielraum für die nervöse Fußball-Branche drin. Vor allem aber steckte viel Unsicherheit drin, Götze hat ehrlich geantwortet, er weiß nun einmal nicht, was im Sommer passieren wird. Ob er seinen Vertrag bis 2017 erfüllt. Ob er gegen eine Ablösezahlung wechselt. Ob er vielleicht sogar verlängert. Es war eine Antwort, die zeigte, dass Götze wieder einmal in einem Sicherheitsdilemma steckt.

Am Samstagmittag also sitzt Götze auf einem Sessel im Mannschaftshotel, er sagt: "Ich bin glücklich, ich bin froh, bei Bayern zu sein." Ob er einen Wechsel in der Winterpause ausschließen könne? "Ja, ja. Definitiv." Und was ist dran am Interesse des FC Liverpool mit Trainer Jürgen Klopp, unter dem Götze bei Borussia Dortmund einst zu einem der interessantesten Spieler des Planeten reifte? "Ich weiß nicht, woher das wieder kam. Ich weiß davon nichts." Es sind klare Aussagen. Überhaupt, sagt Götze, gehe es für ihn erst einmal darum, nach seinem Muskelsehnenriss im Oberschenkel wieder fit zu werden, im Februar will er zurückkehren. Doch es ist ein Bekenntnis mit einer geringen Halbwertszeit. Götze sagt: "Ich freue mich auf das nächste Halbjahr."

In den zweieinhalb Jahren in München hat sich der Offensivspieler nie ganz sicher gefühlt. Er wusste lange nicht, was seine Rolle sein könnte, und als er sie dann gefunden hatte, im Herbst, verletzte er sich sofort wieder. In der Offensive ist die Konkurrenz beim FC Bayern riesig, Douglas Costa, Kingsley Coman, Thiago, Thomas Müller, Arjen Robben, Franck Ribéry spielen in den vorderen Reihen, manchmal auch Arturo Vidal. Götze rutschte bisher meist von einer Position auf die andere, auch deshalb hat er nur selten eine prägende Wirkung auf das Spiel gehabt. In einer Mannschaft mit nur wenigen Stammplätzen war Götze immer besonders weit von einem festen Stellenprofil entfernt.

Bisher hat er nur über den neuen Trainer Ancelotti geredet - aber nicht mit ihm

Und jetzt kommt im Sommer ein neuer Trainer, der Italiener Carlo Ancelotti, der womöglich auch ein paar Spieler mitbringt. Für die dann wiederum Spieler aus dem bisherigen Kader Platz schaffen müssen. Unter den Spielern aus dem aktuellen Kader ist Götze einer derjenigen mit der kürzesten Restlaufzeit seines Vertrages. Und weil Götze nicht weiß, was das alles für ihn bedeuten wird, sagt er am Samstagmittag: "Gedanken macht man sich schon ab und zu." Einen Wechsel im Sommer schließt er daher lieber einmal nicht definitiv aus, er sagt vielmehr: "Das ist im Fußball schwierig. Dann würde man sich ja wieder in eine gewisse Ausgangssituation begeben."

Mit seinem Nationalmannschaftskollegen Toni Kroos hat sich Götze in den Tagen über den Jahreswechsel über Ancelotti unterhalten; Kroos spielte unter diesem einst für Real Madrid. Was er von Kroos gehört hat, hat Götze gefallen, "es würde mich freuen, unter ihm zu arbeiten". Weniger gefallen hat es ihm aber, dass er von Ancelotti selbst noch nichts gehört hat, nicht öffentlich, und schon gar nicht in einem persönlichen Gespräch. Weswegen Götze davon spricht, dass Ancelotti nach Klopp, Bundestrainer Joachim Löw und Pep Guardiola sein vierter Trainer "wäre" und dass es "definitiv schlechtere Trainer gibt".

Es waren die ehrlichen Worte eines jungen Fußballprofis, für den wirklich noch alles offen ist. Und der daher auch in der Rückrunde zumindest eine Sicherheit haben wird: Dass der leichte Zweifel sein ständiger Begleiter bleiben wird.

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