RB Leipzig:"Das geht auch auf ihr Konto!"

Nach der Beurlaubung von Domenico Tedesco stellt RB-Boss Oliver Mintzlaff den gebürtigen Leipziger Marco Rose als neuen Trainer vor - und schiebt der Mannschaft einen Teil der Verantwortung für die Misere zu.

Von Javier Cáceres, Leipzig

Der Fußballtrainer Marco Rose, 45, seit Donnerstag neu bei RB Leipzig, wirkt auf den ersten Blick nicht wie jemand, der Schonfristen oder sonstige Formen der Protektion braucht. Eher im Gegenteil. Doch seinem neuen Chef Oliver Mintzlaff, 47, war daran gelegen zu betonen, dass Rose sich als neuer Leipzig-Coach keine größeren Gedanken um die Resultate in den ersten Spielen machen muss.

Konkrete Erwartungshaltungen habe er keine, sagte der RB-Geschäftsführer am Donnerstag bei Roses Präsentation. Mintzlaff präzisierte dies wie folgt: "Niemand wird mich nach zwei Spielen von einem beschissenen Start sprechen hören." Mintzlaff paraphrasierte sich damit selbst, denn nach dem zweiten Bundesliga-Spieltag hatte er genau diese Worte gewählt - und damit eine Dynamik in Gang gesetzt, die am Mittwoch mit der Beurlaubung von Trainer Domenico Tedesco endete.

Schade sei diese Trennung, sagte Mintzlaff und flocht dem Verflossenen noch einen hübschen verbalen Trauerkranz: Tedesco, 36, sei ein "sehr guter" Trainer, der sicher bald wieder in der Liga auftauchen werde. Nachgerade resolut klang Mintzlaff aber vor allem, als er von einem Besuch in der Kabine am Mittwoch berichtete und detailliert ausführte, wie er dort die Mannschaft in die Pflicht genommen habe. Er selbst habe auch mit dem Abschied Tedescos zu tun gehabt, so klang Mintzlaff, den Spielern jedoch habe er sehr deutlich gesagt, dass die Beurlaubung "auch auf ihr Konto" gehe, betonte der Boss.

Wie die Mannschaft auf dieses Abladen von Verantwortung reagierte, ist nicht überliefert. Auch nicht, ob die Spieler vor einigen Wochen wahrgenommen hatten, was Mintzlaff zudem verriet: Man habe, sagte er, schon zum Ende der vergangenen Saison negative Tendenzen gesehen und damit begonnen, die Arbeit Tedescos kritisch zu beäugen - also ungefähr just zum Zeitpunkt des groß gefeierten DFB-Pokalsiegs, als Mintzlaff die Verträge des Trainerteams noch vorzeitig verlängern wollte.

Weniger subtil war eine andere Botschaft des Bosses, die vor allem an die latent unter "Ich-AG"-Verdacht stehenden RB-Kicker gerichtet war. Eine mehr als nur mannshohe Pappnachbildung des DFB-Pokals, die vor der Trainingszentrale in Leipzig steht und an den ersten Triumph der RB-Geschichte erinnert, wird wieder abmontiert: "Das große Ding kommt jetzt mal weg. Damit alle wissen: Das ist wieder unser Brot-und-Butter-Geschäft; die Bundesliga, die Qualifikation für die Champions League! Versuchen, jedes Spiel zu gewinnen!"

Max Eberl als Sportchef? "Dann hätte ich einen Mann an meiner Seite, der mir und uns guttun würde", sagt Marco Rose

Dass dies nun unter der Leitung des Trainers Rose gelingen soll, feierte Mintzlaff als "glückliche Fügung" - aus vielerlei Gründen, von denen die Tatsache, dass Rose in Leipzig zur Welt kam, nicht der kleinste ist. Während Mintzlaff gerne angelsächselt ("Er ist der perfect fit"), sächselt Rose, das schafft Nähe: "Ich identifiziere mich sehr stark mit Leipzig. Es ist nie einfach, in der Heimatstadt eine so öffentlichkeitswirksame Position einzunehmen. Die Leute erwarten viel vom Verein und natürlich dann auch von mir", sagte Rose.

Er wird sich bei RB aber nicht nur aus örtlicher Verwurzelung wohlfühlen. Sondern auch, weil er bereits ausgiebig im RB-Kosmos gearbeitet hat. Rose war von 2013 bis 2017 im Nachwuchs von RB Salzburg tätig, dann übernahm er die dortige Profimannschaft und holte zwei österreichische Meistertitel. Zuletzt war er bei Borussia Dortmund, und just der BVB wird am Samstag der erste Gegner der erst mal bis 2024 veranschlagten Ära Rose sein. Danach geht es über einen Zwischenstopp bei Real Madrid nach Mönchengladbach - direkt zum nächsten Ex-Klub von Rose.

Dort war er von 2017 bis 2019 Trainer, an der Seite des damaligen Managers Max Eberl, den Mintzlaff bald als neuen Sport-Geschäftsführer in Leipzig begrüßen möchte - zur Freude Roses: "Es ist ein offenes Geheimnis, dass der Klub sich um Max bemüht. Ich würde mich sehr freuen, wenn das funktioniert. Dann hätte ich einen Mann an meiner Seite, der mir und uns guttun würde", sagte er.

Mintzlaff verriet keine neuen Details zur zweiten Schlüsselpersonalie, die Bild schrieb am Donnerstag, in Gladbach wisse man aktuell nur, dass "Eberl derzeit noch gerne mit seiner Freundin (...) um die Welt reist und seine Auszeit genießt". Ob Eberl sich, wo auch immer, Roses Debüt anschaut, ist offen. Rose selbst ist optimistisch: "Die Mannschaft ist gut, sie ist sogar hervorragend. Es ist alles da, was man braucht."

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