Süddeutsche Zeitung

Transfer von Sabitzer zu Manchester United:Wechsel zur Geisterstunde

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Marcel Sabitzer lässt sich bis zum Sommer an Manchester United verleihen, danach soll er wieder zum FC Bayern zurückkehren. Aber brauchen ihn die Münchner dann noch?

Von Christof Kneer

Wie neuerdings immer in solchen Fällen liegen auch von diesem Transfer hervorragende Fernsehbilder vor. Manche dieser Bilder könnte man in einen Kriminalfilm hineinschneiden, ohne dass das Publikum den kleinen Regieeingriff bemerken würde. In einem Bild fährt ein Auto in einer wirklich sehr dunklen Nacht durch einen Wald, welcher der Nacht in puncto Dunkelheit in nichts nachsteht.

Kurz darauf passiert das Auto eine mysteriös in der Gegend herumstehende Schranke, aber leider sinkt dann die Spannung etwas. Eine Stimme aus dem Off erklärt, es handele sich hier um das Trainingsgelände von Manchester United. Hierauf erfolgt ein Zeitsprung, man sieht nun den Fußballspieler Marcel Sabitzer mit Käppi und Rucksack an einem Flughafen, aber all das muss deutlich vor der unheimlichen Waldexpedition passiert sein. Es handelt sich um den Flughafen in München.

Anders als in Deutschland sind Wechsel in und nach England am sogenannten Deadline Day bis Mitternacht möglich, eine lobenswerte Regelung, der sich die ausgezeichneten Nachtbilder verdanken. Kurz vor Anbruch der Geisterstunde hat sich der FC-Bayern-Profi Sabitzer, 28, in der Nacht zum Mittwoch noch Manchester United angeschlossen, was durchaus eine Leistung ist. Unter diesem Zeitdruck gehen längst nicht alle Transfers reibungsfrei über die Bühne, wie der Fall des Marokkaners Hakim Ziyech beweist, dessen mitternächtlicher Wechsel vom FC Chelsea zu Paris Saint-Germain scheiterte, weil es den Engländern nicht gelang, die fälligen Dokumente rechtzeitig in der Software für internationale Transfers (Fifa TMS) zu deponieren.

Im Sommer soll Konrad Laimer die Planstelle von Sabitzer übernehmen

Bei Sabitzer ging alles gut. Er bleibt bis Juni 2025 in München unter Vertrag, spielt bis Juni 2023 aber erst mal leihweise für ManUnited - die Engländer suchten eine seriöse Vertretung für den verletzten Dänen Christian Eriksen. Im Sommer wird Sabitzer verabredungsgemäß zum FC Bayern zurückkehren; eine Kaufoption enthält Manchesters Leihvertrag offenbar nicht.

Ob der Österreicher allerdings bis zum Vertragsende 2025 ein Bayern-Spieler bleibt, gilt als zweifelhaft. Für den Sommer haben die Münchner bereits einen weiteren Österreicher angeschafft, Konrad Laimer von RB Leipzig, der dann jene Planstelle im Kader übernehmen soll, die Sabitzer zumindest eine Zeit lang für sich reklamieren durfte: Laimer soll als erster Stellvertreter des Zentralduos Joshua Kimmich/Leon Goretzka amtieren, mit der ausdrücklichen Option, auch mal gemeinsam mit den beiden zu spielen.

Das war Sabitzers Rolle zu Saisonbeginn gewesen, mit Kimmich hat er sich auf dem Platz gut verstanden, auch weil die Rollenverteilung klar war: Kimmich war der Chef, Sabitzer sein Sekretär. Zuletzt war er in der internen Hierarchie allerdings hinter den jungen Niederländer Ryan Gravenberch zurückgefallen, was Sabitzers Berater Roger Wittmann zur spitzen Bemerkung veranlasste, der Trainer Nagelsmann müsse sich da mal "überprüfen".

So kommt es nun zur kuriosen Situation, dass Sabitzer den Verein zur Rückrunde verlässt, obwohl er in Kenntnis von Goretzkas gelegentlicher Anfälligkeit durchaus noch mal gebraucht werden könnte (als Ersatz für Kimmich/Goretzka stünde neben Gravenberch höchstens noch der Abwehrspieler Daley Blind zur Verfügung). Wenn Sabitzer dann zur neuen Saison wieder in München auf dem Hof steht, wird Laimer schon und Gravenberch wohl immer noch da sein. Gut möglich, dass sich Sabitzer und sein Berater dann mal überprüfen und einen endgültigen Vereinswechsel anstreben.

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