Liverpool besiegt ManCity:Guardiola köchelt vor Wut

Premier League - Liverpool v Manchester City

Zwei Finger für die Schiedsrichter: Pep Guardiola ist außer sich.

(Foto: Action Images via Reuters)
  • ManCity verliert das englische Topspiel 1:3 gegen den FC Liverpool. Der Rückstand auf die Reds beträgt in der Tabelle bereits neun Punkte.
  • Trainer Pep Guardiola echauffiert sich, dass zwei Liverpooler Handspiele nicht geahndet wurden.
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Von Tim Brack

Pep Guardiola verhielt sich zunächst wie ein ehrenhafter Verlierer. Er gratulierte Liverpool-Trainer Jürgen Klopp, nahm sich der Reihe nach fast jeden Spieler der Reds vor, auch Sadio Mané, dem er vor dem Duell noch vorgeworfen hatte, dass er manchmal etwas zu leicht auf den Rasen fiele, erhielt seinen Handschlag. Als Guardiola zu Schiedsrichter Michael Oliver und dessen Assistenten kam, streckte er auch ihnen die Hand entgegen. Doch es war keine Geste der Fairness oder der Versöhnung, Guardiola packte mehr Sarkasmus in seinen Händedruck als viele Satiriker in ihr Abendprogramm.

Nun ist Guardiola ein wenig Bitterkeit nachzusehen, er hatte gerade an der Anfield Road beim ärgsten Titelkonkurrenten FC Liverpool verloren, oder besser gesagt: Der FC Liverpool hatte 3:1 (2:0) gegen Manchester City gewonnen. Dass darin durchaus ein Unterschied besteht, lag am Auftritt beider Mannschaften. Die Erwartungen an dieses Duell waren maximal hoch. Im englischen Fußball - vielleicht sogar im europäischen - gibt es zurzeit vermutlich nichts Besseres. Beide Trainer hatten ihre Spieler offenbar mit dem Auftrag auf den Rasen geschickt, diese Erwartungen mit Leben zu füllen.

Es war ein intensives Duell, in dem Manchester City sehr gut spielte, doch die Elf aus Liverpool präsentierte sich am Sonntagabend an der Anfield Road wie ein Champion: selbstbewusst, in sich ruhend, unerschrocken. So prägnant wie sein Team auf dem Rasen gespielt hatte, schwärmte Klopp anschließend: "Es ist außergewöhnlich, es war brutal, die Tore waren unglaublich, ein perfekter Abend", sagte Klopp bei Sky.

Liverpool hat nun bereits neun Punkte Vorsprung

ManCity hatte früh angegriffen wie ein Boxer, der den Kampf in Runde eins entscheiden will, Attacken prasselten auf Liverpools Abwehrreihe ein. Doch Klopps Elf hielt die Deckung oben, wartete mit der Selbstgewissheit eines Lokalhelden, der das Publikum hinter sich weiß und die Gewissheit hat, dass es nur auf Wirkungstreffer ankommt. Zwei davon setzte Liverpool in der Anfangsphase, zwei Mal überspielte es ManCitys erste Pressingreihe blitzschnell: Nach sechs Minuten schoss Fabinho wuchtig die Führung.

Das 2:0 fiel nach einer Flanke mit einer ausgeprägten Kurve, wie sie nur britische Außenverteidiger wie Andrew Robertson fertigbringen. Mo Salah vollendete per Kopf zum 2:0 (13.). Nach der Pause traf noch Sadio Mané (51.). Bis zu Bernardo Silvas Treffer für City (78.) kontrollierte Liverpool das Spiel, doch auch Manchester kam zu vereinzelten, guten Chancen, leistete sich aber große Schwächen im Abschluss.

Durch den Sieg haben die Reds nun neun Punkte Vorsprung vor Meister Manchester. Die Titeldurst der Fans in der englischen Liga könnte erstmals seit 1990 wieder gestillt werden. Doch Klopp, der neben seiner Tätigkeit als Teammanager auch Erwartungsmanager ist, dämpfte etwaige Euphorie. Das einzige Problem an so einem Sieg seien die Pundits, die englischen Fußballexperten, sagte Klopp: "Die ersten werden heute Abend schon gesagt haben, von jetzt an kann Liverpool die Meisterschaft nur noch verlieren. So ein Quatsch. Zum Glück sind wir relativ entspannt, was das angeht." Einer dieser Pundits, Gary Lineker, schrieb bei Twitter: "Nur Leicester kann Liverpool jetzt noch einfangen." Die Foxes sind Zweiter mit acht Punkten Rückstand.

Beim zweiten Handspiel wird Guardiola noch wütender

Die Entspanntheit, mit der Klopp sprach, ist seit dem Champions-League-Sieg im Juni noch einmal spürbar gestiegen. Dieser unbedingte Glaube an die eigene Stärke ist einer der Pfeiler für Liverpools Dominanz in dieser Saison. Seit der Henkelpokal in der vergangenen Spielzeit nach Liverpool ging, umgibt die Reds eine Aura des unerschütterlichen Siegeswillens. Zwölf Saisonspiele, elf Siege, keine Niederlage sammelte Klopps Team in der Premier League. Dabei spazierte Liverpool nicht gerade durch die Liga, immer wieder gab es Rückstände, nur zweimal verteidigten sie die Null. Doch selbst nach Rückschlägen scheint die Willenskraft dieser Mannschaft zurzeit alles zu zermalmen. Klopps Mannschaft hat ein Talent dafür, Spiele zu drehen oder späte Siegtreffer zu erzielen.

Gegen Manchester City kam auch ein Stück Wohlwollen des Schiedsrichtergespanns hinzu. Dem ersten Tor war eine Szene vorangegangen, die der Auslöser für Guardiolas Ärger war. Eine Hereingabe von Bernardo Silva war in Liverpools Strafraum an den ausgestreckten Arm von Trent Alexander-Arnold geprallt. Es hätte durchaus Elfmeter geben können, doch der Pfiff blieb aus. Die City-Profis verharrten - allen voran Sergio Agüero -, um zu reklamieren.

"Guardiola kocht über", schreibt die Times

"Wir hören auf zu spielen", kritisierte Ilkay Gündogan, "Sergio hätte den Ball eventuell noch querlegen können nach dem Handspiel, hat aber auch komplett aufgehört." Liverpool überrannte City. "Es ist eine dieser Szenen, bei der du einfach weiterspielen musst", befand Alexander-Arnold nach dem Spiel. Gündogan war dann selbst nicht unschuldig am Gegentreffer von Fabinho, der deutsche Nationalspieler bereitete das Tor mit einem missglückten Klärungsversuch vor.

Ein zweites Handspiel von Alexander-Arnold potenzierte Guardiolas Wut. Seine Mannschaft war nach dem 1:3 durch Bernado Silva (78.) die bestimmende Mannschaft, der Ball rotierte fast ausschließlich durch die Reihen der himmelblau gekleideten Profis. Wenige Minuten vor dem Schlusspfiff schoss Raheem Sterling den Ball aus kurzer Distanz dann wieder an Alexander-Arnolds Hand. Wieder kein Pfiff, diesmal zu Recht.

Doch Guardiola war außer sich. Er streckte zwei Finger in die Höhe, zweimal Hand, zweimal kein Strafstoß, wollte er damit signalisieren. In einem anderen Zusammenhang wäre seine Geste als Friedensgruß gedeutet worden, aber auch ein Händedruck kann ja freundlich sein. Der Express titelte süffig "Hand it to Reds", die Times schrieb: "Guardiola kocht über". Nach dem Spiel weigerte der Katalane sich, seine Meinung zu den Szenen kundzutun und lobte stattdessen stur seine Mannschaft. Nach so einem wilden Ritt fühlte sich das durchaus richtig an.

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