Manchester United:Van Gaal: Mit sieben Millionen Euro an die Algarve

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Bye bye: Louis van Gaal verlässt Manchester United. (Foto: AP)

Der legendäre Trainer verlässt Manchester United und die Premier League. In Erinnerung bleiben peinliche Machtkämpfe und ein Stempel als Langweiler - dabei hat er viel in Gang gesetzt.

Von Sven Haist, Manchester

Louis van Gaal nennt seit 25 Jahren als Trainer den internationalen Profifußball sein Zuhause, hat bei fünf Vereinen in vier Ländern gearbeitet und dabei 20 bedeutende Trophäen gewonnen. Nach seinem ersten Titel in England hätte er aber spüren müssen, dass seine Zeit bei Manchester United abgelaufen war. Die eigene Überzeugung, jegliche Widerstände überwinden zu können, ließ ihn sich sein eigenes Scheitern nicht eingestehen. Also kämpfte van Gaal weiter darum, zu bleiben, obwohl schon am Samstagabend nach dem 2:1-Sieg im Endspiel des FA-Cups Englands Öffentlichkeit seine Entlassung verkündet hatte. Es war nicht das erste Mal, dass über sie spekuliert wurde, aber dieses Mal besaßen die Formulierungen eine nicht gekannte Heftigkeit.

Um die Initiative zurückzugewinnen, hätte van Gaal sich in der Zeit danach erklären, seinen Abschied, der unvermeidlich war, selbst verkünden müssen. Stattdessen lieferte er sich am Montag den englischen Medien aus, die ihre Reporter vor die Geschäftsstelle des Klubs sandten, um von dort aus in Echtzeit über jede Handlung der Verantwortlichen zu berichten. Die Gier nach Information stoppte erst um 20.30 Uhr Ortszeit, als Manchester United in einer Presseerklärung mitteilte, was seit zwei Tagen klar war: die Kündigung van Gaals. Geschäftsführer Ed Woodward sprach noch von "exzellenter Arbeit" des Trainers.

Manchester bekommt eine zweite Chance auf einen Neuanfang

Schon am Vorabend hatte Woodward den niederländischen Egozentriker in dessen Haus in Cheshire über den Schritt informiert. Der Klub wartete schließlich mit der offiziellen Verkündung ab, bis van Gaal sein Ferienhaus an der portugiesischen Algarve mit etwa sieben Millionen Euro Abfindung im Gepäck erreicht hatte. Ursprünglich wollte van Gaal, wie bei seinen bisherigen Stationen, auf finanzielle Entschädigung verzichten - die stillose Vorgehensweise der Vereinsbosse sorgte für ein Umdenken. In einer schriftlichen Erklärung sagte van Gaal, dass er enttäuscht sei, den vorgesehenen Dreijahresplan nicht erfüllen zu dürfen. "Ich danke meinen Spielern und hoffe, dass der Pokalsieg dem Verein eine Basis gibt, auf der sich in der nächsten Saison weiterer Erfolg aufbauen lässt."

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Die Trennung bietet Manchester United nach dem Rücktritt der Klublegende Sir Alex Ferguson im Sommer 2013 zum dritten Mal die Chance auf einen Neuanfang. Für van Gaal, 64, dürfte es das Ende seiner Karriere sein, obwohl ihm vor einem Monat offenbar der niederländische Verband die Position des Technischen Direktors anbot. In van Gaals Heimat wissen sie, dass der Fußballlehrer mit seiner Spielanschauung, die auf Ballbesitz und Positionsspiel basiert, gerade in den Neunzingerjahren die nachfolgende Trainergeneration inspirierte.

Die jungen Emporkömmlinge Jesse Lingard und Marcus Rushford aus Uniteds Akademie zeigen, dass van Gaal seinen Blick für den Nachwuchs nicht verloren hat. Noch immer kann er namenlosen Talenten zu erfolgreichen Karrieren verhelfen. Aber die Methoden, die er dafür im Umgang mit seinen Spielern anwendet, entsprechen nicht mehr den Kriterien der Gegenwart. Der Guardian fasst die zweijährige Amtszeit van Gaals im Nordwesten in einer Überschrift zusammen: "Unpopuläre Taktiken, ignorierte Emails und ein Kader kurz vor der Meuterei".

Der Mangel an herausgespielten Torchancen stieß auf Unverständnis bei den Fans. "Attack, attack" riefen sie ihrem United-Team bei Heimspielen zu, das die wenigsten Treffer seit der Saison 1989/90 erzielte. "Ich möchte keine intuitiven Spieler haben", sagte Van Gaal einmal. Seine starren Feldanordnungen wurden auch erst in den finalen Partien aufgeweicht, was den Stempel als Langeweiler nicht mehr korrigieren konnte, den er aufgedrückt bekommen hatte.

Der Nachruf der Zeitungen beinhaltet nun vor allem interne Vorgänge aus der Mannschaftskabine, lanciert vermutlich von Spielern und Beratern, die ebenso wie die Öffentlichkeit nie mit der starken, bisweilen selbstherrlichen Persönlichkeit van Gaals zurechtkamen. Geringschätzig bezeichnet van Gaal die Pressevertreter als seine "friends in the media". Auf dem Rasen des Wembley teilte er ihnen mit: "Ich hoffe, ich sehe euch in der nächsten Saison hier wieder - sonst müsst ihr zu mir an die Algarve kommen." Es war ein Witz.

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Van Gaals Medien-Freunde machten schließlich noch die Tatsache öffentlich, dass der Niederländer nach Niederlagen Videomaterial an seine Spieler schickte. Um sicher zu gehen, die Spieler würden den Emails ausreichend Zeit widmen, aktivierte van Gaal ein Programm, durch das er die Lesedauer der Profis nachverfolgen konnte. Einige im Kader öffneten die Nachrichten auf ihren Mobiltelefonen und legten das Gerät dann beiseite. Ein Katz-und-Maus-Spiel, lediglich von Länderspielen unterbrochen.

Hinter van Gaals Machtkämpfen mit dem Team, die an den finalen Abschnitt seiner Amtszeit beim FC Bayern erinnern, verblassen die Entwicklungen, die er während seiner Karriere in Bewegung gesetzt hat. Dabei hat er eine Handvoll Trainer ausgebildet, darunter seinen eigenen designierten Nachfolger José Mourinho und Manchester Citys neuen Coach Pep Guardiola. In dem Moment, in dem die beiden von kommender Saison an in Manchester einziehen werden, muss Louis van Gaal nicht nur die Stadt, sondern auch die Premier League verlassen.

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