Süddeutsche Zeitung

Manchester United:Mourinho gibt ein trauriges Bild ab

Von Martin Schneider

José Mourinho verschwindet nach Niederlagen. Nicht körperlich, er sitzt schon noch da mit seinen grauer werdenden Haaren, der ernsten Mimik, die keinen Humor zu kennen scheint, bloß Schadenfreude. Aber wenn José Mourinho über Niederlagen spricht, dann tauchen sehr viele Figuren in seinen Erklärungen auf, meistens der Schiedsrichter, auch mal dubiose höhere Mächte. Nur über José Mourinho spricht José Mourinho nach Niederlagen nicht.

Über den spricht er nur, wenn er gewonnen hat. Früher klappte das ganz gut, weil der Portugiese zugegebenermaßen relativ viel gewann. Er nannte sich selbst "The Special One" - der Besondere. Und es sagt schon etwas aus, dass der Name mittlerweile in Vergessenheit gerät.

"Es ist nicht das Ende der Welt"

Manchester United, das Team, das von José Mourinho trainert wird, ist im Achtelfinale der Champions League ausgeschieden. Nach einer 1:2-Niederlage zu Hause im Old Trafford gegen den FC Sevilla. Vor dem Duell meinte Mourinho, dass man erst im Viertelfinale ein richtiger Anwärter auf die Champions League sei. Und nun nach dem Spiel?

"Ich will kein Drama aus dieser Niederlage machen", sagte Mourinho: "Es ist nicht das Ende der Welt. Es ist Fußball und wir haben ein Spiel am kommenden Samstag." Und weiter: "Ich weiß, dass Manchester United das schon einmal passiert ist. Ich saß hier als Trainer von Porto und Real Madrid. Es ist also nichts Neues für den Klub." Was Mourinho damit meinte: Manchester United scheidet doch dauernd in der Champions League aus. Und es stimmt, dass er selbst 2004 und 2013 mit Porto und Madrid seinen jetzigen Klub aus dem Wettbewerb geschmissen hat. Das Detail, das Mourinho dabei nicht erwähnt. Manchester United hat ihn für sehr viel Geld geholt, damit er genau das ändert.

Tatsächlich geben Mourinho und Manchester United zunehmend eine traurige Figur im europäischen Fußball ab. United ist zusammen mit Paris Saint-Germain der Klub, der es nicht schafft, seine Abermillionen in irgendeine Art von internationalem Erfolg zu überführen. 152 Millionen Euro hat United in dieser Saison für Spieler ausgegeben, nach einem Ranking der Wirtschaftsprüfer von Deloitte sind sie der reichste Klub Europas - noch vor Real und Barcelona. Erst in der Winterpause kam der Chilene Alexis Sanchez, bei dem es heißt, er hätte selbst für den FC Bayern zu exorbitante Gehaltsforderungen gestellt.

Dieser Unsumme an Geld steht eine wirklich düstere europäische Bilanz gegenüber. Seitdem sich der große Schotte Alex Ferguson 2011 mit dem Champions-League-Finale verabschiedet hatte, scheiterte United 2012 in der Gruppenphase (unter anderem am FC Basel), 2013 im Achtelfinale (an Mourinhos Real Madrid), 2014 im Viertelfinale (am FC Bayern), 2015 haben sie sich gar nicht für die Champions League qualifiziert, 2016 war wieder in der Gruppenphase Schluss (unter anderem gegen den VfL Wolfsburg), 2017 haben sie sich wieder nicht qualifiziert und nun das Aus gegen den FC Sevilla.

Zum Vergleich: Laut aktueller Deloitte-Studie ist ManUnited mit Einnahmen von 676,3 Millionen Euro die Nummer eins in Europa - der FC Sevilla hat es gar nicht ins Ranking der Top 30 geschafft, weil der Klub weniger Gewinn macht als Borussia Mönchengladbach oder West Bromwich Albion.

Zusammen mit der Tatsache, dass der ehemals teuerste Spieler des Planeten (Paul Pogba für 105 Millionen Euro) im Spiel gegen Sevilla nur auf der Bank saß, ergibt das das Bild eines Vereins, der entweder nicht mit Geld umgehen kann, oder die falschen Spieler holt. Oder das Bild eines Trainers, der mit diesen Spielern nichts anfangen kann, aber trotzdem vor radikalen Methoden nicht zurückschreckt. Bastian Schweinsteiger setzte Mourinho in der Vorsaison auf die Tribüne, den früheren Dortmunder Henrikh Mkhitaryan ebenso. Der ging dann im Tausch für Sanchez zum FC Arsenal.

In der Liga ist United zwar Zweiter, aber mit spektakulären 16 Punkten Rückstand auf Manchester City und Pep Guardiola. Der hat zugegebenermaßen noch mehr Geld ausgeben lassen als Mourinho mit United - aber er schafft es, dass seine kräftig subventionierte Mannschaft auch ansehnlichen Fußball spielt.

United brachte es dagegen auf gerade mal vier Torschüsse gegen den FC Sevilla - zusammengerechnet in Hin- und Rückspiel. Als Mourinho darauf angesprochen wurde, sagte er: "Das ist nur eine Statistik." Als er gefragt wurde, was das Team ändern müsse, damit es in der Champions League erfolgreich sein wird, sagte er immerhin: "Alles." Und als er dann final gefragt wurde, ob das noch mehr Geld kosten werde, meinte er: "Jeder gibt Geld aus. Wir sind nicht das einzige Team, das Geld in Spieler investiert."

Damit hat er natürlich recht. Sein Klub investiert aber sehr viel Geld in Spieler und es kommt aktuell wenig dabei heraus. Und wenn diese Situation eintritt, landet die Ursachenforschung oft beim Trainer.

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