Manchester United:Egozentriker van Gaal muss gehen

Manchester United v Crystal Palace - The Emirates FA Cup Final

Louis van Gaal findet Louis van Gaal einen Spitzentrainer - jetzt versucht er sich erneut als Bondscoach.

(Foto: Paul Gilham/Getty Images)
  • Louis van Gaal verabschiedet sich als Trainer von Manchester United mit dem Sieg im FA-Cup und beißender Ironie.
  • Van Gaal setzte bei Manchester einen Kurswechsel in Gang. Der Preis dafür ist die Entlassung.
  • Nun ist der Weg frei für José Mourinho.

Von Sven Haist, London

Mit dem FA-Cup in der Hand erscheint Louis van Gaal im Mediensaal des Wembley und platziert den Pokal vor sich auf einen Tisch. Die Trophäe steht nun zwischen den Medienvertretern und dem Trainer von Manchester United. Van Gaal ist am Samstagabend bereit zur finalen Abrechnung seiner zweijährigen Amtszeit. Mit durchgestreckter Brust adressiert er seine Ausführungen nach dem 2:1 im Pokalfinale gegen Ligazwerg Crystal Palace an seine "friends of the media".

Diese höhnische Formulierung kam schon mal aus dem Mund van Gaals, im Januar 2000, als der niederländische Stoiker seinen Abschied beim FC Barcelona verkündete. "An meine medialen Freunde: Ich gehe. Glückwunsch." Einen Tag nach seinem ersten Titel mit United reichen ihm dafür drei Worte: "Es ist vorbei." Van Gaal muss trotz Vertrags bis 2017 den Verein verlassen, am Montagabend kam die offizielle Bestätigung.

Bei jeder seiner Stationen ist van Gaal bisher zu seinem selbst entworfenen Spiel Ich-gegen-die-Öffentlichkeit angetreten, obwohl er weiß, dass es ein Duell ist, das er nicht gewinnen kann. Ihm geht es aber um die Verteidigung seiner Fußballanschauung - dafür kämpft er, bis er nicht mehr da ist. Er wünscht eine inhaltliche Auseinandersetzung seiner Arbeit, aber das war bei United nicht mehr möglich. Das Spiel gegen die Medien wurde auf der Ebene der persönlichen Eitelkeiten ausgetragen.

Vor dem Endspiel entschied er sich aus taktischen Gründen, Stürmer Memphis Depay aus dem Kader zu streichen. Zeitungen auf der Insel meldeten, dass van Gaal seinem Landsmann gleich ganz die Mitreise nach London verweigert hätte. "Schreibt nichts, was ihr nicht wisst. Ich habe euch das schon mal gesagt." Typisch van Gaal.

Unmittelbar nach der Abreise der Mannschaft aus dem Stadion teilte die BBC mit, dass zu Beginn dieser Woche José Mourinho als Nachfolger vorgestellt wird. Das hätten Vorstandsbosse des Klubs um Geschäftsführer Ed Woodward vor dem Endspiel beschlossen. Seit Mourinhos Demission beim FC Chelsea im vergangenen Dezember geistert der Portugiese wie ein Gespenst durch den roten Teil Manchesters.

Während des Spiels hielt er sich bei einem Boxkampf des Briten David Haye auf - am anderen Ende Londons. Angesprochen auf die Gerüchte verweigerte Mourinho aus Respekt vor seinem einstigen Mentor eine Antwort. Allerdings ist es ein offenes Geheimnis, dass er den Job bei United anstrebt. Nun ist der Weg frei, um sein Duell mit Intimfeind Pep Guardiola, der ab Juli Stadtrivale City coacht, fortzuführen.

Der Preis seiner Aufbauarbeit: die Entlassung

Die Spekulationen um van Gaals Zukunft bei United nahmen zuletzt eine unaufhaltbare Eigendynamik an. Das unwürdige Schauspiel hatte nach dem 0:2 bei Stoke City am zweiten Weihnachtsfeiertag begonnen. Voreilig war seine Entlassung verkündet worden. Das Informationshaschen hätte nun beinahe für den Abbruch der Pressekonferenz gesorgt. Die Nachfragen über die Pläne van Gaals wollten kein Ende nehmen. "Ich möchte nicht über meine Zukunft sprechen", hatte van Gaal da noch verkündet. Stattdessen deutete er lieber auf die glitzernde Auszeichnung vor ihm. "Schaut hin, was ich erreicht habe. Es gibt nicht viele Trainer, die in vier verschiedenen Ländern Pokale gewonnen haben."

Der FA-Cup ist der erste und vorerst letzte Titel van Gaals auf der Insel. Mit dem zwölften Triumph in diesem Wettbewerb schließt der Rekordmeister in der Bestenliste auf zum Rekordpokalsieger FC Arsenal auf. Aus Stolz ließ sich van Gaal im Kabinentrakt mit dem Pokal und Uniteds Trainerlegende Sir Alex Ferguson fotografieren, ein Abschiedsbild. Weil ein Pokalsieg nicht ausreichend ist für einen Verein, der in den vergangenen Spielzeiten mehr als 300 Millionen Euro in Spieler investierte.

"Danke für die Glückwünsche"

Nach einer ersten erfolglosen Saison, die den 63 Millionen Euro teuren Transferflop Angel di Maria beinhaltete, erkannte van Gaal, dass das Wettbieten auf dem Spielermarkt nicht mehr die einzige Lösung sein kann, um den Verein zu alter Stärke zurückzuführen. "Wenn United einen Profi verpflichten möchte, ist der Preis mehr als doppelt so hoch." Van Gaal setzte auf Kosten der Ergebnisse einen Kurswechsel in Gang, indem er versuchte, durch die Förderung der Akademietalente eigene Marktwerte zu generieren.

Angreifer Marcus Rushford gilt als Topprofi der Zukunft, seine Dynamik und Ballbehandlung erinnern an Cristiano Ronaldo, dessen Stern bei United aufging. Der Preis, den van Gaals für seine Aufbauarbeit bezahlen muss, ist jetzt nicht mehr Kritik, sondern die Entlassung. Das Verpassen der Champions League dürfte das entscheidende Kriterium gewesen sein. Die Europa League passt nicht zur Geschichte Manchesters.

Zum Abschluss seiner letzten offiziellen Medienrunde hielt der Egozentriker den FA-Cup vor Journalisten hoch. Dann sagte er: "Danke für die Glückwünsche." Es war beißende Ironie.

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