Empörung nach Cas-Entscheidung:Klopp führt die Kritiker an

Empörung nach Cas-Entscheidung: Nicht einverstanden mit der Entscheidung des Cas: Liverpool-Trainer Jürgen Klopp.

Nicht einverstanden mit der Entscheidung des Cas: Liverpool-Trainer Jürgen Klopp.

(Foto: AP)

Nach der Aufhebung der Champions-League-Sperre sind die heimischen Konkurrenten von Manchester City verärgert - sie attackieren den Klub von Pep Guardiola massiv.

Von Sven Haist, London

Nur noch ein Sieg fehlt Manchester City zum vollständigen Triumph. Trotz aller finanziellen Anstrengungen der zurückliegenden Jahre blieb den von der Herrscherfamilie in Abu Dhabi mit Geld vollgepumpten Citizens der Gewinn von vier Titeln (Premier League, Ligapokal, FA-Cup und Champions League) in einer Saison verwehrt. Nun könnte es aber tatsächlich ein Quadruple geben - nicht auf dem Platz allerdings, sondern in den sportgerichtlichen Auseinandersetzungen mit diversen Fußball-Organisationen. Im Frühjahr 2019 brachte der Verein das wohl einmalige und bedenkliche Kuriosum zustande, zur selben Zeit in vier laufenden Verfahren des unlauteren Handelns beschuldigt zu werden: vom Weltverband Fifa, vom Europa-Verbund Uefa, vom englischen Verband FA - und von der Premier League.

Im Streit mit der Fifa verbuchte City einen Erfolg, indem man vorigen Sommer eine Transfersperre vermeiden konnte. Für Verstöße bei der Verpflichtung von Minderjährigen gab es am Ende nur eine Geldbuße. Im Herbst stellte dann die FA ihr Verfahren ein, weil sich keine Beweise finden ließen für eine unzulässige Zahlung an Jadon Sanchos Berater, als der Angreifer, inzwischen bei Dortmund, mit 14 Jahren aus Watford nach Manchester kam.

Die größte Gefahr für die Citizens ging stets von der Uefa aus. Für diese eineinhalb Jahre dauernde Rechtsfehde engagierte der Verein ein Team aus Anwälten, die finanziell ähnlich hoch vergütet wurden wie die Spieler. Schon einmal, 2014, musste City rund 50 Millionen Euro Strafe zahlen für die Verletzung der Financial-Fairplay-Regularien der Uefa. Diesmal ordnete die Uefa im Februar den Ausschluss aus der Champions League für zwei Saisons und 30 Millionen Euro Geldbuße an - wegen offensichtlicher Bilanztrickserei. Doch am Montag hob der Sportgerichtshof Cas die Verbannung auf. Lediglich zehn Millionen Euro muss City berappen für mangelnde Kooperation mit den Behörden.

Bei jedem Heimspiel pfeifen die City-Anhänger die Hymne der Champions League aus

Über das Ergebnis zeigte sich Trainer Pep Guardiola am Dienstag "unglaublich glücklich": "Es zeigt, dass das nicht stimmt, was die Leute über den Klub gesagt haben", sagte er und rief der Konkurrenz zu: "Hört auf, hinter unserem Rücken zu tuscheln - kommt auf den Platz! José (Mourinho) und die anderen Trainer sollten wissen, dass wir beschädigt wurden. Man sollte sich bei uns entschuldigen."

Die toxische Beziehung des Scheichklubs City zu den Regelhütern der europäischen Wettbewerbe basiert auf der Überzeugung, die Uefa würde sich mehr darum kümmern, die Position der etablierten Spitzenklubs abzusichern, als den Stellenwert der neureichen Vereine wie City zu akzeptieren. Kategorisch pfeifen die City-Fans bei jedem Heimspiel die Hymne der Champions League aus. Trotz der permanenten Scherereien mit der Uefa haben sich Spieler, Trainer, Klubchefs und Eigentümer aber in Manchester zusammengefunden, um genau diesen Wettbewerb zu gewinnen. Im aktuellen Team ist das bisher nur Ersatzkeeper Claudio Bravo gelungen.

Klopp: "Das ist ein ernstes Thema"

Nach Beschwerden der englischen Topklubs hatte auch die Premier League im März 2019 Ermittlungen gegen City aufgenommen. Die Liga untersucht, ob der Verein irreführende Finanzdaten gemeldet hat, sich des Verbots der Third-Party-Ownership (Beteiligung von Dritten an Spielerrechten) schuldig machte; und auch, ob City eine Vereinbarung mit dem dänischen Klub FC Nordsjaelland besaß - über ein Erstzugriffsrecht auf dessen Jugendspieler. Das Verfahren gilt als abgetrennt von den anderen, aber das Warten der Premier League auf das Urteil der Uefa sieht danach aus, als würde der Beschluss als Vorlage für den weiteren Prozess dienen.

Die Finanzregularien der englischen Liga sind weit weniger strikt als auf internationaler Ebene. In den Statuten befinden sich jedoch einige Abschnitte - etwa in Bezug auf die Verjährung von Verstößen -, bei denen nicht ganz klar ist, inwieweit die Premier League sogar eine schärfere Handhabe gegenüber City hat als die Uefa. Mögliche Sanktionen könnten sich auf Geldstrafen, Transfersperren oder Punktabzüge belaufen; eine Aberkennung früherer Titel gilt als extrem unwahrscheinlich. Was aber kann City auf dem Weg zum Henkelpott der Champions League jetzt noch aufhalten, nachdem der Klub die Verfahren der Fifa, FA und Uefa erfolgreich abgewehrt hat - und vom Verfahren der Liga wohl keine substanzielle Gefahr ausgeht?

Statt sich wieder aufs Sportliche konzentrieren zu können, auf ein Saisonfinale mit Titelchancen im FA-Cup und der Champions League, sieht sich City jetzt aber erst mal massiven Attacken der Konkurrenten auf der Insel ausgesetzt. Die kritischen Stimmen zur Aufhebung der Champions-League-Sperre führte Jürgen Klopp an, der Meistertrainer des FC Liverpool: "Um ehrlich zu sein, denke ich nicht, dass das ein guter Tag für den Fußball war. Das ist ein ernstes Thema", sagte Klopp zur Cas-Entscheidung. Ohne die Regularien des Financial Fairplay, die gewährleisten sollen, dass Klubs nicht wesentlich mehr ausgeben dürfen als sie einnehmen, müsse sich niemand mehr nach etwas richten: "Die reichsten Leute und Länder können tun, was sie wollen", klagte Klopp.

Das würde zu einer Art Weltliga führen, wo es aus Sicht von Klopp nicht mehr auf den Namen des Klubs ankomme, sondern nur noch darauf, wer ihn besitze. Noch wortgewaltiger äußerte sich der streitbare Coach José Mourinho von Tottenham Hotspur, der die Entscheidung als "skandalös" geißelte und darin "das Ende des Financial Fairplay" sieht. Mourinhos sarkastischer Vorschlag: "Es ist besser, die Zirkustüre zu öffnen und es jeden genießen zu lassen: Geht umsonst rein, kommt wieder raus, geht wieder rein - macht es in Freiheit!"

Die Wucht der Aussagen kommt wenig überraschend. Weil ManCity sportlich und rechtlich kaum beizukommen scheint, dürfte sich der Umgangston in der englischen Liga künftig weiter verschärfen.

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