Manchester City:Guardiola macht De Bruyne noch besser

Manchester United v Manchester City - Premier League

Stark in Form: Kevin De Bruyne.

(Foto: REUTERS)

Schlechte Nachrichten für Borussia Mönchengladbach: Bei Champions-League-Gegner Manchester City ist Kevin De Bruyne noch imposanter unterwegs als sonst.

Von Javier Cáceres, Manchester

Es gibt Mysterien, die ewig ihrer Entzifferung harren. Und in den Büroräumen von Manchester City, an diesem Dienstag Gegner von Borussia Mönchengladbach in der Champions League (20.45 Uhr, live bei Sky), gibt es eine Frage, auf die sie seit nun schon zweieinhalb Jahren keine Antwort finden. Sie lautet: Wie konnte José Mourinho als Chelsea-Trainer den Belgier Kevin De Bruyne, 25, im Winter 2014 nur wieder ziehen lassen?

Damals war De Bruyne nach Wolfsburg gezogen, zur Enttäuschung von Citys Sportdirektor Txiki Begiristain. Er hätte De Bruyne schon 2014 gern geholt, aber die Konkurrenzsituation zwischen City und Chelsea machte eine solche Operation unmöglich; anderthalb Jahre später löste er ihn für 75 Millionen Euro in Wolfsburg aus.

Aktuell wurde das Rätsel nun deshalb wieder, weil City am Samstag beim Stadtrivalen Manchester United vorspielte, wo Mourinho mittlerweile Trainer ist, und es einen Spieler gab, der entscheidenden Einfluss auf die Partie nahm: De Bruyne. Beim 2:1-Sieg von Old Trafford erzielte der belgische Nationalspieler das 1:0 und bereitete das 2:0 vor, der Nigerianer Kelechi Iheanacho hatte einen Pfostenschuss De Bruynes abgestaubt. In der zweiten Halbzeit traf De Bruyne nochmals den Pfosten.

"Er hat eine fantastische Mentalität"

Doch wenn das Spiel eine Szene hergab, die etwas über den Charakter De Bruynes erzählte, war es eine, die sich kurz vor dem Ende der Partie ereignete: De Bruyne bat - von Krämpfen gepeinigt - um Auswechslung. Der Wechsel verzögerte sich, De Bruyne erhielt noch einen Pass, und obwohl der Körper nahezu streikte, suchte er erneut den direkten Weg zum Tor und kam zum Abschluss. "Er hat eine fantastische Mentalität", sagt Guardiola. Und das Tabloid The Sun streute Salz in Mourinhos Wunde: "Wir müssen über Kevin reden, José".

Wer De Bruyne in der Endphase der vorigen Saison und bei der EM in Frankreich sah, hätte am Samstag leicht ins Zweifeln kommen können, ob der Mann, der beim City-Gastspiel bei United so brillierte, wirklich De Bruyne ist. Er kam stockend in die neue Saison, die holprige Vorbereitung zollte ihren Tribut. Zum wahrscheinlich ersten Mal seit seiner Verpflichtung durch Manchester City im Sommer 2015 erinnerte er am Samstag an den kolossalen Spieler, der er in seiner Zeit in Deutschland war. In der Spielzeit 2014/15 wurde De Bruyne mit zehn Toren und 21 Vorlagen zum Scorerkönig der Saison, mit dem VfL holte er den DFB-Pokal und Platz zwei in der Meisterschaft hinter dem FC Bayern.

Guardiola weist nun kokett jede Verantwortung für die Verwandlung des Belgiers in den Giganten von einst zurück. "Ich habe ihn nicht entdeckt, er hat schon im vergangenen Jahr brillante Spiele geliefert", sagte der frühere Bayern-Coach am Vorabend der Gladbach-Visite. Doch De Bruyne behauptet das Gegenteil: "Das System, das wir spielen, ist das Beste für mich."

De Bruyne fühlt sich bei Guardiola wohl

Es sind kleine, entscheidende Feinheiten, die den Unterschied ausmachen. "Ich spiele eine andere Rolle als vergangenes Jahr. Ich bin keine Nummer 10, sondern eine Art freischwebender Achter", sagte er neulich, als er meinte, er müsse sich noch an die Anforderungen Guardiolas gewöhnen. Gegen United war zu sehen, dass er mehr als nur Fortschritte gemacht hat. Er war ein Meister der Camouflage, dessen Absichten für Uniteds defensive Mittelfeldspieler, den 105-Millionen-Euro-Einkauf Paul Pogba und den Belgier Marouane Fellaini, nie zu entziffern waren. Sie waren De Bruynes Gespür für Raum und Zeit sowie seiner Spielfreude ausgeliefert. "Die Art, wie wir spielen, macht wirklich Spaß, vor allem uns Offensivspielern. Ich glaube, für viele von uns ist das ein neuer Anfang."

Für ihn trifft das in jedem Fall zu. Viele der Probleme, die City am Ende der vergangenen Saison hatte, hingen auch damit zusammen, dass sich De Bruyne verletzte. Allerdings war man mit den Instruktionen des chilenischen Trainers Manuel Pellegrini, der nun in China arbeitet, nicht gänzlich zufrieden. De Bruyne ist ein Spieler, der gern Freiheiten hat, aber nun mit Enthusiasmus die detaillierten Anweisungen des Vorbereitungs-Fanatikers Guardiola aufsaugt. De Bruyne selbst blickt zufrieden auf seine erste Saison bei City zurück: "Wir hatten ein paar Ausrutscher. Aber alles in allem hatte ich eine gute Saison", sagte er nach dem 2:1 von Old Trafford.

Der fleißigste und effektivste City-Spieler

Dass ihm dieser Erfolg gegen Mourinho am Samstag wegen der gemeinsamen Vorgeschichte besondere Genugtuung bereitet hätte, ist nicht überliefert. Überhaupt hat sich der junge Familienvater mit Äußerungen über den Portugiesen zurückgehalten - bis Mourinho im vergangenen Sommer wegen der überragenden Bundesliga-Saison in Erklärungsnöte geriet und den 75-Millionen-Euro-Transfer De Bruynes von Wolfsburg zu Manchester City über die Presse attackierte.

"Ich wollte ihn behalten. Aber er sagte mir, dass es nicht mit seiner Persönlichkeit vereinbar wäre, um einen Platz im Team zu kämpfen. Er wollte ein Team, in dem er jedes Spiel spielen durfte. Er muss sich wichtig fühlen", behauptete Mourinho. De Bruyne reagierte kühl, aber bestimmt. Mourinho habe ihn ungerecht behandelt und mit Statistiken konfrontiert, denen zufolge er damals unter den sechs offensiven Mittelfeldspielern Chelseas (Schürrle, Eden Hazard, Willian, Oscar und Mata) der Fußballer mit den schlechtesten Werten in den Rubriken Vorlagen, Tore, Pässe, Dribblings war. "Sorry", habe er geantwortet, aber die Logik erschließe sich ihm nicht. "Ich habe weniger Spiele gespielt als die anderen. Wie können Sie mich da vergleichen?", sagte er dem Daily Telegraph. Und von wegen Stammplatzforderung! "Wer mich kennt, weiß, dass das nicht stimmt."

Was nun hingegen stimmt, sind De Bruynes aktuelle Statistiken. Gegen United war er mit einer Laufleistung von 11,6 Kilometern, 74 Ballkontakten, einem Tor, sechs Torschüssen, zwei Pfostentreffern, 40 korrekten und acht Fehlpässen sowie einem Assist der fleißigste und effektivste City-Spieler. Dass der Belgier wieder in Form ist, war wohl die schlechteste Nachricht, die Borussia Mönchengladbach vor dem Ausflug nach Manchester erhalten konnte.

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