Manchester City:Jetzt startet die nächste Einkaufstour

Nach dem "major victory" vor dem Sportgerichtshof wird ManCity versuchen, seine finanzielle Stärke so richtig auszuspielen - den Klub treibt ein großes Ziel an.

Von Sven Haist, London

Wenn man es genau nimmt, hat Manchester City am Montagmorgen auf ein Urteil reagiert, das in diesem Moment noch gar nicht veröffentlicht war. Für 9.30 Uhr britischer Zeit kündigte der Internationale Sportgerichtshof Cas an, seine Entscheidung in letzter Instanz mitzuteilen, ob City in der Vergangenheit "schwerwiegende Verstöße" gegen die Bestimmungen des vom europäischen Fußballverband Uefa verfügten Financial Fairplay begangen hat - und daher neben einer Geldstrafe von 30 Millionen Euro auch für zwei Jahre aus der prestigeträchtigen Champions League ausgeschlossen wird. Dieses harte Strafmaß hatten die Uefa und ihr Kontrollgremium am 14. Februar gegen City für regelwidrige Geldzuwendungen der arabischen Investoren zwischen den Jahren 2012 und 2016 verhängt.

In Livetickern, die das Verfahren zum wiederholten Mal bis ins Detail ausleuchteten, richteten die englischen Tageszeitungen also am Montag alle Aufmerksamkeit auf den Beschluss des Cas - bis City schon kurz vorher, um 9.29 Uhr, von der Aufhebung der Sanktionen auf der eigenen Webseite einfach selbst berichtete.

In dem 66 Wörter langen Klub-Statement, platziert unter einem heile Welt suggerierenden Bild des Stadions, bedankte sich Manchester City beim Schiedsgericht. Der Klub begrüßte die Auswirkungen des Urteils, das für den Verein nur noch ein läppisches Bußgeld von zehn Millionen Euro wegen mangelnder Kooperation bei den Untersuchungen zur Folge hat. Mit der vorzeitigen Veröffentlichung der Pressemitteilung versuchte der Meister der beiden Vorjahre in der Premier League, der auf und neben dem Platz nichts dem Zufall überlässt, die Deutungshoheit in dieser Auseinandersetzung zurückzuerlangen. Und zugleich begann damit der Wiederaufbau des wegen der Anschuldigungen arg in Mitleidenschaft gezogenen Ansehens des Vereins.

Die Sun nennt das Urteil einen "major victory" - für City

Bei diesem Unterfangen kann es den Citizens offenbar gar nicht schnell genug gehen. Seit zwölf Jahren hören sie auf die Anweisungen des am Persischen Golf residierenden Scheichs Mansour bin Zayed Al Nahyan, der seinen Einfluss im Verein über die Abu Dhabi United Group geltend macht. Denn noch vor sportlichem Ruhm steht für die Herrscher aus dem Wüstenemirat ihre eigene weltweite Reputation an erster Stelle der To-do-Liste.

Trotz der 14 nationalen City-Titel unter Führung von Scheich Mansour und der Aussicht auf zwei weitere Trophäen (FA-Cup, Champions League) in dieser Spielzeit nach dem Gewinn des Ligapokals im Frühjahr deuten die ersten Reaktionen auf der Insel darauf hin, dass die erfolgte Aufhebung der Sperre zur Teilnahme an der Champions League der bislang größte Triumph des Vereins ist. Die BBC wertete den Urteilsspruch als "great result" für die Citizens, für das Massenblatt Sun steht fest: "City have scored a major victory".

Auf dem Klubgelände verfolgte Trainer Pep Guardiola, 49, das Urteil. Er hielt den Moment mit seinen Assistenten auf einem Selfie fest, das jetzt einmal um den Globus wandern dürfte. Im Hintergrund flimmerte die freudige Botschaft für Guardiola als Breaking News über den Bildschirm.

ManCity wird vor allem in die Abwehr investieren

Bei der sportlichen Konkurrenz hingegen wird der Entscheid, der auch Einfluss haben dürfte auf das Rechtsverfahren der englischen Premier League gegen Manchester City (unter anderem wegen irreführender finanzieller Informationen), vorwiegend Befremden auslösen. Im Mehrkampf um die Qualifikation zur Champions League der nächsten Saison hatten einige Spitzenklubs auf einen Ausschluss des Tabellenzweiten City gehofft, weil dann auch noch der Ligafünfte den Sprung in die Königsklasse hätte schaffen können. Jetzt bleibt es dabei, dass hinter Meister FC Liverpool und dem sicheren Zweiten City nur noch zwei Plätze für den Premiumwettbewerb frei sind.

Statt einen Ausverkauf der wichtigsten Spieler zu befürchten, die bei einer Verurteilung wohl sofort das Weite gesucht hätten, kann City nun mit dem Urteil im Rücken seine finanzielle Stärke so richtig ausspielen. Um den um 21 Punkte enteilten FC Liverpool von Trainer Jürgen Klopp perspektivisch wieder einzuholen, und um endlich die Sehnsucht vom erstmaligen Gewinn der Champions League zu stillen, bleibt Manchester kaum etwas anderes übrig, als den in die Jahre kommenden Kader zu sanieren - vor allem die fragile Abwehr.

Für etwa eine halbe Milliarde Euro an Transferausgaben hat City in den vergangenen vier Jahren zahlreiche Defensivspieler nach Manchester gekarrt. In dieser Saison führte das nach bislang 35 Spieltagen dazu, dass selbst Aufsteiger Sheffield United weniger Gegentore hat hinnehmen müssen. Noch mehr als das Spielprinzip der Ballkontrolle, das Guardiola wie schon beim FC Barcelona und beim FC Bayern bis zur Perfektion und Erschöpfung unterrichtet, basieren die Siege auf dem internen Konkurrenzkampf. Um diesen aufrechtzuerhalten, benötigt City einen Kader, bei dem die Profis ohne Qualitätseinbußen regelmäßig ausgetauscht werden können.

Die Ergebnisse lassen momentan darauf schließen, dass das eher nicht der Fall ist. Seit Montagmorgen, 9.29 Uhr, steht einer weiteren Einkaufstour allerdings nichts mehr im Weg.

Zur SZ-Startseite
FILE PHOTO: Champions League - Manchester City Press Conference

MeinungManCity-Einspruch vor dem Cas
:Ein Urteil mit drastischen Folgen

Die Aufhebung der Sperre für Manchester City ist ein spektakulärer Entscheid des Sportgerichtshofes. Er gewährt Superklubs im Fußball freie Hand.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: