Manchester City:Die Wandlung des Pep Guardiola

Manchester City - Manchester United

Lektion am Spielfeldrand: Trainer Pep Guardiola vermittelt Zeigefinger-Strategien an den deutschen Offensivspieler Leroy Sané.

(Foto: Martin Rickett/dpa)
  • Für Pep Guardiola läuft es sportlich bei Manchester City noch nicht rund. Nach dem Derby gegen Manchester United zeigt sich aber wieder seine neue Stärke.
  • Der Spanier hat aus seiner Zeit beim FC Bayern gelernt und ist nicht mehr so unnahbar.
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Von Sven Haist, Manchester

Arm in Arm liefen Pep Guardiola und Michael Carrick übers Spielfeld. Freundliche Worte fielen, und Guardiola legte dazu die Hand auf die Brust des gegnerischen Mittelfeldstrategen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er sich bereits beim Publikum für die Unterstützung bedankt, die eigenen Spieler geherzt - und jene von Manchester United. Selbst für seinen Trainer-Rivalen José Mourinho, mit dem Guardiola so wenig gemein hat wie Wasser und Feuer, hatte er eine Umarmung übrig. Und so vergingen fast fünf Minuten, bis Guardiola am Donnerstag den Rasen nach dem 0:0 im Manchester-Derby verlassen hatte.

Szenen wie diese sind auf der Insel zur Gewohnheit geworden, seit seiner Ankunft bei Manchester City sucht Guardiola, 46, die Nähe zu den Menschen. Ihm ist es nicht verborgen geblieben, dass er auf seinen vorherigen Stationen (FC Barcelona, FC Bayern) als Trainer geschätzt und anerkannt wurde: wegen seiner Expertise, wegen seiner Erfolge. Aber die Zuschauer öffneten ihr Herz an diesen Orten lieber den Spielern. Guardiola ließ sich ja auch nahezu nie bei den Fans blicken.

In Manchester rufen die Leute nun regelmäßig seinen Namen im Stadion. Und dies, obwohl die jüngsten Resultate die Gewissheit brachten, dass ManCity in dieser Saison keinen Pokal gewinnen und Guardiola somit erstmals in seiner Trainerlaufbahn leer ausgehen wird. Lediglich die Qualifikation zur Champions League ist in der Premier League noch möglich.

Enttäuschung löst das bei Guardiola aber offenbar nicht aus. Das sportliche Abschneiden ändert wenig am Verhältnis zwischen ihm und den City-Fans. Die Menschen sind weiterhin dankbar, einen der angesehensten Fußballlehrer überhaupt in ihrem Klub zu haben. Und Guardiola genießt es, bei City einfach mal Trainer sein zu können, ohne nach jeder Niederlage in Frage gestellt zu werden. Die Nachsicht, die er - ausgerechnet - in diesem klinischen Klub erfährt, hat sich auf seinen Umgang mit der Mannschaft übertragen.

Daran war bei seinen ersten Amtshandlungen im Sommer 2016 noch nicht zu denken gewesen. Guardiola trieb Torwart Joe Hart, eine der wenigen Identifikationsfiguren bei City, kühl aus dem Verein. Gnade gab es zunächst auch nicht für Yaya Touré, dessen Schwerfälligkeit im Mittelfeld anfangs überhaupt nicht ins Schema passte. Von seiner Mannschaft forderte Guardiola einen Fußball ein, der es vorsah, sich mit kurzen, flachen Pässen aus dem eigenen Strafraum in den gegnerischen zu kombinieren. Die Spieler sollten sich in bestimmten Zonen auf dem Feld bewegen, um in Ballnähe ständig in personeller Überzahl zu sein. Das Team erhielt die Anweisung, sich nicht mehr zurückfallen zu lassen. Viel zu viel auf einmal für diese Elf.

Guardiola lässt von seinen Vorstellungen los

Den neuen Anforderungen konnten diese Spieler nicht entsprechen - und Guardiola merkte es im Verlauf der Hinrunde. Statt sich über die Unzulänglichkeiten seines Personals zu beklagen, fing er an, sich mit den Gegebenheiten zu arrangieren. Guardiola akzeptierte die Defizite seiner Profis und passte die Strategie ihren Fähigkeiten an, ohne seine Vorstellungen aus dem Blick zu verlieren.

Zu sehen war das nun besonders im Duell mit Mourinho, einem wahren Meister, wenn es darum geht, die Unzulänglichkeiten der gegnerischen Mannschaft auszunutzen. Aus Respekt vor den Kontern von United verzichtete Guardiola also weitgehend auf die Einbindung der Außenverteidiger in der Offensive. "Wir haben keine Spielertypen, die an der Seitenlinie ununterbrochen hoch und runter laufen können", sagt Guardiola: "Unsere Außenverteidiger sind weit über 30 Jahre alt." Beim Loslassen von der Vorstellung, ManCity auf Anhieb mit der eigenen Ideologie an die Spitze zu führen, half ihm das Vertrauen der Klubverantwortlichen - und das Wissen, den Kader Zug um Zug nach seinen Wünschen umgestalten zu können.

Die Klubführung hatte schon mehrmals versucht, sich den Triumph in der Champions League durch sündhaft teure Einzelkönner zu erkaufen. Unter Führung von Scheich Mansour gab ManCity im vergangenen Jahrzehnt eine Milliarde Euro an Ablöse aus. Herausgekommen ist nur die Erkenntnis, sowohl die Entwicklung des Teams als auch das Personalmanagement in Guardiolas Hände zu geben.

Im Jahr eins nach seinem Abschied vom FC Bayern mag Guardiola etwas vom sportlichen Glanz verloren haben. Im Gegenzug bekam er, was er vorher nur selten genoss: Beliebtheit.

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