Manchester City:De Bruynes neue Freiheit

Dank der Ideen des Belgiers steht Manchester City im Halbfinale der Champions League. Kevin De Bruyne überragt den Pariser Zlatan Ibrahimovic locker. Nur die Fans fremdeln noch: Vor dem Spiel gegen Saint-Germain waren 1600 Karten zu haben.

Von Sven Haist, Manchester

Mit einer Geste der Anerkennung verabschiedete sich Zlatan Ibrahimovic vom Ziel, sich selbst und Paris Saint-Germain erstmals auf den Thron der Champions League zu bringen. Nach einem Foul in der Nachspielzeit hatte er seinem Gegenspieler schon den Rücken zugewandt, dann drehte er sich doch um und lief auf Nicolás Otamendi zu. In Würde, aber bestimmt nicht gerne, bot der Schwede dem Innenverteidiger von Manchester City die Hand an. Was als Entschuldigung und Eingeständnis der Niederlage gemeint war, fand bei Otamendi keine Resonanz - und so lief auch die letzte Aktion des Schweden ins Leere. "Zlat's it", titelte das Massenblatt Sun. Ibrahimovic wollte das Spiel durch seine Aura entscheiden, heraus kam die Karikatur eines Stürmers.

Noch fremdeln die Fans: Vor dem Spiel waren 1600 Karten zu haben

Die Rolle der Hauptfigur übernahm stattdessen Kevin De Bruyne. Ihm genügten an der Strafraumgrenze zwei Ballkontakte mit dem rechten Fuß, damit Manchester City im Halbfinale der Champions League debütieren darf. Sogar eine Durchreise bis zum Stadion in San Siro, dem Finalort in Mailand, ist auf einmal nur noch 180 Minuten entfernt. Im Gegensatz zum 2:2 im Hinspiel, bei dem ebenfalls De Bruyne die Führung erzielte, reichte diesmal der Treffer zum 1:0 (76.). Den Jubel der 53 039 Zuschauer erwiderte De Bruyne, indem er vor ihnen auf die Knie ging und mit seinen Händen ein Herz formte. "Ich habe mir das gewünscht, als ich im Sommer gewechselt bin", sagte er.

Manchester City FC v Paris Saint-Germain - UEFA Champions League Quarter Final: Second Leg

Schlüsselfigur bei Manchester Citys Weiterkommen gegen Paris St. Germain: Kevin de Bruyne, 24.

(Foto: Clive Brunskill/Getty Images)

In den vergangenen fünf Jahren pumpten ManCity und PSG über eine Milliarde Euro an Ablöse in neue Spieler, und es passt zu diesem hochgezüchteten Duell, dass es durch das Wirken von De Bruyne, 24, entschieden wurde. Für die britische Rekordablöse von 74 Millionen Euro tauschte er im Sommer 2015 die Autostadt Wolfsburg gegen die Textilindustrie-Stadt Manchester ein. Wegen einer Knieverletzung umging er die kraftraubenden Spielmonate Februar und März, jetzt ist er umso erholter. Auch liegt der Aufschwung des belgischen Nationalspielers an seiner neuen Position.

Es war ein kluger Zug des scheidenden Trainers Manuel Pellegrini, den anfangs auf der Außenposition verschwendeten De Bruyne ins Zentrum zu stellen, das entlastet ihn von Defensivarbeit und gewährt ihm Freiheit im Angriff. Der französische Meister hingegen überraschte mit einer Dreierabwehrreihe. PSG-Trainer Laurent Blanc machte eine Schwachstelle im zentralen Mittelfeld von City aus und wollte den Gegner mit einem zusätzlichen Spieler destabilisieren. Die daraus resultierende Überlegenheit verpuffte in Hochnäsigkeit.

Manchester City vs Paris Saint-Germain

Zlatan Ibrahimovic stand gegen Manchester City meist abseits, das Spiel kontrollierten und gewannen andere.

(Foto: Nigel Roddis/dpa)

Bei City dagegen trumpften Sergio Agüero und De Bruyne auf. Die Feingeister interagieren prächtig, und nachdem Agüero einen Elfmeter am Tor vorbeisetzte, traf eben De Bruyne. In der Loge applaudierte Landsmann Vincent Kompany. Der verletzte Kapitän schaffte es nach seiner Wadenverletzung nicht rechtzeitig, fit zu werden. Fürs Halbfinale wird er trotz des fehlerfreien Auftritts seines Vertreters Eliaquim Mangala allerdings in der Innenverteidigung zurück erwartet.

Unter dem Motto "Unmissable", unbedingt sehenswert, hat Manchester City um die Gunst der Fans geworben. Einen Tag vor dem Spiel waren nämlich noch 1600 Tickets zu kaufen. Die Menschen weigerten sich schlicht, für das Spiel Preise zwischen 50 und 75 Euro zu bezahlen. Also lockte der Klub in den sozialen Netzwerken die Kundschaft mit dem Konterfei von Ibrahimovic - als ob es bei den Citizens an hochpreisigen Fußballern mangelte. Dieser Akt der Selbstoffenbarung verdeutlicht, dass sich eine Bindung zum Volk weder mit Geld noch mit Stars herbeikaufen lässt. Groteskerweise erweitert City gerade das Stadion auf 60 000 Plätze.

Auf dem unteren Tribünenrang hatte City Stofffahnen ausgelegt und schoss dann beim Einlaufen der Mannschaften aus 30 Kanonen himmelblaues Konfetti in die Luft, als würde es sich um eine Meisterfeier handeln. Schöne Bilder produzierte das fürs Fernsehen und verstärkte gleichzeitig den Eindruck, dass der Tabellen-Vierte der Premier League, 15 Punkte hinter Spitzenreiter Leicester City liegend, längst auf seinem eigenen Planeten, dem Blue Moon, lebt. Der einzige Engländer in der Startelf war Torwart Joe Hart.

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