Manchester City:Katzenjammer im Königshaus

  • Soeben wurde Manchester City erneut englischer Meister - doch dem Klub droht großer Ärger.
  • Wegen angeblicher Verstöße gegen das Financial Fairplay der Uefa droht dem Klub von Pep Guardiola der Ausschluss aus der Champions League.

Von Thomas Kistner

Anfang März war die Fußballwelt bei Manchester City noch in Ordnung. Zwar war längst nicht sicher, was seit Sonntag feststeht: Der Superklub um Trainer Pep Guardiola hat seinen Meistertitel in der Premier League verteidigt. Dafür gab sich die aus den Vereinigten Arabischen Emiraten gelenkte Vereinsführung zuversichtlich, dass die Prüfung finanzieller Ungereimtheiten, die wohl im Zuge diverser Hacker-Attacken ruchbar und nun von der Europa-Union Uefa durchleuchtet wurden, ein gutes Ende nehmen würde: Hurra, hatte der Klub damals mitgeteilt, das eröffne endlich die Möglichkeit, all die falschen Vorwürfe zu entkräften, die aus der Publikation angeblich zusammenhangloser E-Mails entstanden seien.

Und jetzt? Herrscht großer Katzenjammer in Nordengland. Die New York Times und der britische Telegraph wollen aus Kreisen des Uefa-Kontrollgremiums erfahren haben, dass dem alten und neuen englischen Meister der Ausschluss aus der Champions League droht. Zu schwer wögen die Verstöße der Citizens-Geldgeber gegen die Regeln des Financial Fairplay (FFP). Erwartet werde, heißt es, eine Empfehlung dieses Gremiums, den Klub für ein Jahr zu verbannen.

Dieser Spruch soll sehr bald erfolgen, spätestens am Donnerstag. Das hieße, dass der allzeit verlässliche Kameradschaftsbund in den Chefetagen der Fußballwelt diesmal wirklich von unabhängigen Prüfern torpediert würde - und dass die klassische Art der Problemlösung über Bußgelder, die im Milliardenbusiness Spitzenfußball ja kornspeicherweise verfügbar sind, nicht mehr funktioniert.

Die Uefa schweigt zur City-Causa

Viel spricht nun dafür, dass es so kommen könnte. Zum einen lebt der frühere Uefa-Generalsekretär Gianni Infantino seine Affären heute an der Spitze des Weltverbands Fifa aus. Der hatte in Sachen FFP damals eine besonders delikate Rolle gespielt, so ist es zumindest aus dem von der Plattform "Football Leaks" kanalisierten Datenstrom zu entnehmen. Infantino soll ManCity und auch Paris Saint-Germain zu milden Strafen wegen FFP-Verstößen verholfen haben.

Die zwei aus der Golfregion gesteuerten Klubs (hinter PSG steht das Emirat Katar) wurden 2014 von der Uefa zu Geldstrafen in Höhe von je 60 Millionen Euro verdonnert, zudem mussten sie ihre Kader für die Champions League-Saison 2014/15 reduzieren. Es war die bis dahin höchste jemals verhängte Finanzstrafe, die aber den geleakten Informationen zufolge noch viel härter hätte ausfallen können. Doch Infantino half, wo er konnte. Und der damalige Chef des FFP-Organs, Brian Quinn, nahm seinen Hut.

Dessen Nachfolger Yves Leterme muss jetzt zwar noch darüber entscheiden, ob sein Gremium den Bannspruch gegen City empfiehlt,der frühere belgische Premier dürfte dabei aber kaum in eine derart prekäre Situation geraten wie der Vorgänger. Die seit 2016 amtierende Uefa-Führung unter dem Slowenen Aleksander Ceferin hat immer wieder versichert, dass sie ihre Geschäfte nach den geltenden Gesetzen betreiben wolle, sie hat bisher auch noch keinen Anlass zu Zweifeln geliefert - und ist schon deshalb zwangsläufig in eine massive Opposition zur Fifa gerückt, die von Infantino mittlerweile ebenso freihändig wie affärenträchtig gelenkt wird.

Der Wettbewerbs-Ausschluss wäre die ultimative Sanktion

Zur City-Causa schweigt die Uefa. Derweil insistiert der englische Meister per Mitteilung: "Die veröffentlichten Abschlüsse von Manchester City sind vollständig und Gegenstand rechtlicher und amtlicher Aufzeichnungen. Der Vorwurf finanzieller Unregelmäßigkeiten ist völlig falsch, und dem Kontrollgremium wurden umfassende Beweise für diese Tatsache erbracht."

Das sehen freilich nicht alle so. Wie es heißt, sollen die Belege eben gerade nicht überzeugend ausgefallen sein. Mit denen müsste der Verein den Verdacht entkräften, er habe dubiose Privatzahlungen aus den königlichen Fonds in Abu Dhabi mit Sponsoringeinnahmen vermischt, die eigentlich deutlich niedriger gelegen seien. Das würde dem Leitgedanken des FFP krass widersprechen: Klubs sollen demnach nicht über ihren Verhältnissen leben, so dass sie ihre Transfer- und Gehaltszahlungen irgendwann nicht mehr erfüllen können. Sportbezogene Ausgaben, von Transfers bis zu Löhnen, müssen mit den Einkünften aus Ticketing, TV-Verträgen und Sponsoring balanciert werden.

Ein Wettbewerbs-Ausschluss ist dabei die ultimative Sanktion der FFP-Hüter. Diese würde den teuersten Traum der Herrscher im Etihad-Stadium zwar vermutlich nicht unmittelbar pulverisieren: Der Gewinn der Champions League. Der wäre zumindest in der nächsten Saison noch möglich, weil ein Bannspruch kaum diesen Sommer wirksam werden dürfte. Es gibt ja Einspruchsmöglichkeiten, bis hin zum obersten Sportgerichtshof Cas. Trotzdem müsste sich der Klub fragen: Rentieren sich die bisherige Milliarden-Investitionen auch mittelfristig noch?

Das Verdikt der Regelhüter ist jedenfalls mit großer Bedeutung aufgeladen: Es wäre der erste Bannspruch gegen einen Topklub. Andererseits steht, im Fall eines nicht voll überzeugenden Freispruchs für City, das ganze Kontrollsystem auf der Kippe. Das wurde ja gegen ein von ebenso großzügigen wie sprunghaften Geldgebern betriebenes Finanzdoping errichtet.

Zur SZ-Startseite

Meister Manchester City
:Über allem steht Pep Guardiola

Der Meistertitel für Manchester City wird vor allem dem Trainer zugeschrieben - Guardiola kann in dieser Saison sogar vier Trophäen einheimsen. Doch ein großer Makel bleibt.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: