Mainz:Lust auf Widerstand

Der FSV erfreut sich nach dem späten Siegtreffer zum 2:1 gegen Augsburg an der eigenen Mentalität.

Von Tobias Schächter, Mainz

Dann sprintete Sandro Schwarz los, 30, 40 Meter ins Spielfeld hinein. Die Umrandungen der Coaching-Zone? Interessierten den Trainer von Mainz 05 nach dem 2:1 von Alexandru Maxim in der Nachspielzeit gegen den FC Augsburg nicht. Als Spieler gehörte der ehemalige Zweitligaprofi nicht zu den Schnellsten, am Samstag nahm der 39-Jährige das Tempo eines Weltklasse-Sprinters auf. Schließlich hatte Mainz nach einer spektakulären Schlussphase durch Tore der eingewechselten Anthony Ujah (87.) und Maxim gegen Augsburg gewonnen und steht mit sieben Punkten nach drei Spieltagen nun so gut da wie seit 2013 nicht. Das kann langsamere Beine beflügeln.

Szene zum 2 1 nach verunglückter Faustabwehr von Fabian Giefer Torwart FC Augsburg 13 Caiuby Fra

Folgenreicher Fehlsprung: Augsburgs Torwart Fabian Giefer verpatzt seine Faustabwehr – Mainz trifft zum 2:1.

(Foto: Klaus Rainer Krieger/imago)

Der Start ist geglückt für die Mainzer und Trainer Schwarz in dessen zweiter Bundesligasaison, die vor dem Auftakt wie eine Expedition ins Ungewisse wirkte. Langsam wächst die Zuversicht, dass alles gut wird. Schwarz gab überglücklich zu: "Nach dem 2:1 hatte ich Tränen in den Augen, das war so emotional." Siege wie gegen Augsburg nach einem Rückstand schaffen Vertrauen in die jungen Spieler, die der Trainer mutig aufstellte. Am Samstag debütierte Jonathan Burkardt, 18. In Torwart Florian Müller, Burkardt und Ridle Baku standen drei Talente aus dem eigenen Nachwuchs in der Startelf. Und am Ende kam U 23-Spieler Ahmet Gürleyen zu seinem Erstligadebüt, weil Niko Bungert nach einem Zusammenprall mit Martin Hinteregger mit Wadenproblemen ausgewechselt werden musste (78.). Dabei hatte Routinier Bungert erstmals nach fast anderthalb Jahren wieder in der Startelf gestanden, weil Stefan Bell sich im Abschlusstraining verletzt hatte (Gehirnerschütterung). Auch diese schmerzhafte Anekdote passte zu dieser kuriosen Partie, in der je ein Tor für beide Teams nach Intervention des Videoassistenten nicht anerkannt worden war. "Das ist ein richtiges Mainz 05-Gefühl heute", jubelte Schwarz: "Nach dem 1:1 wollte die Mannschaft noch den Siegtreffer. Dieses Vorwärtsgerichtete brauchen wir, diese Mentalität, Widerstände zu überwinden, ist bemerkenswert."

Am Ende wird es hitzig: Augsburgs Manager Reuter musste den Innenraum verlassen

Während die Mainzer feierten, haderten die Augsburger nach der ersten Saisonpleite. Lange schien die Begegnung als ein "typisches Unentschieden-Spiel" (FCA-Trainer Manuel Baum) der Vergessenheit entgegenzudämmern. Dann aber traf der gerade eingewechselte Dong Won Ji mit einem Schuss aus 20 Metern urplötzlich zum 1:0 für die Gäste (82.). Doch genau in diesem Moment begann das Unheil für den FCA: Torschütze Ji verletzte sich beim Torjubel und humpelte schwer bandagiert am linken Knie in die Katakomben.

Sprüche: FC Augsburg gegen Mainz 05

"Der Schiedsrichter hat mir gesagt, er hat es vergessen." (Augsburgs Trainer Manuel Baum über die Situation vor dem späten 1:2 in Mainz, in der Abwehrspieler Hinteregger nach einer Behandlung nicht auf das Spielfeld zurück durfte)

"Es ist für alle 21 105 Zuschauer ein Riesenspiel gewesen. Die sagen es natürlich weiter, dann sind beim nächsten Mal wieder mehr drin." (Der Mainzer Sportvorstand Rouven Schröder über die spärliche Kulisse beim 2:1-Sieg gegen Augsburg)

Dass die Augsburger den Vorsprung nicht über die Zeit retteten, ärgerte besonders Torwart Fabian Giefer. Der 28-Jährige übernahm durch zwei misslungene Faustabwehrversuche die Rolle des Vorlagengebers für die Mainzer Tore. "Ich muss beide Male sauber klären, durch diese brutale Art und Weise verlieren wir das Spiel", gab der Torwart niedergeschlagen zu. Und auch wenn FCA-Trainer Baum erklärte, nie einen Einzelnen für eine Niederlage verantwortlich machen zu wollen, lautet die Wahrheit dennoch: Trifft Giefer zwei Mal den Ball richtig mit der Faust, gewinnt Augsburg. Baum lastete aber auch dem Schiedsrichter "einen Anteil" am zweiten Gegentor an. Kurz vor dem Mainzer Siegtreffer habe Schiedsrichter Martin Petersen ein Foul von Onisiwo an Augsburgs Verteidiger Hinteregger übersehen, so Baum. "Solche Schmerzen hatte ich noch nie", behauptete Hinteregger hinterher. Während sein "wichtigster Kopfballspieler" (Baum) an der Seitenlinie gewartet hatte, vom Schiedsrichter wieder ins Spielfeld gewunken zu werden, fiel der Mainzer Siegtreffer. Baum ätzte: Der Schiedsrichter habe ihm gegenüber zugegeben, vergessen zu haben, Hinteregger wieder aufs Feld zu beordern. Nach dem anschließenden Protesthagel der Augsburger wurde Manager Stefan Reuter aus dem Innenraum verwiesen. Er habe aber nichts Verwerfliches gesagt, betonte Reuter.

Mit Dramen wie gegen Augsburg wollen die Mainzer ihre Fans wieder ins Stadion locken. Am Samstag erlebten nur 21 105 Menschen die erfolgreiche Aufholjagd. Und ein Lockmittel gibt es zudem noch für Unentschlossene: Sandro Schwarz beim Sprinten zuzuschauen, ist mittlerweile sehr unterhaltsam.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: