Mainz - Köln:"Keine Ahnung mehr, was Handspiel ist!"

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Handspiel oder kein Handspiel? Auch Schiedsrichter Willenborg scheint sich trotz des Studiums der Bilder nicht sicher zu sein. (Foto: Eibner/imago)

In Mainz herrscht bei beiden Teams Verwirrung um die Aus­leg­ung der Handspielregel. Der DFB räumt eine Fehl­ent­schei­dung ein.

Jedes Wochenende die selben ärgerlichen Diskussionen - und keine Lösung in Sicht! Auch am neunten Spieltag der Bundesliga sorgten mehrere strittige Handspiel-Elfmeter-Entscheidungen für Frust und Verwirrung. In den meisten Fällen zu Unrecht, wie die Sportliche Leitung der Elite-Schiedsrichter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nach ausgiebiger Fallanalyse am Sonntag verkündete. Allerdings mit einer bitteren Ausnahme: Die Schlüsselszene beim Freitagsspiel zwischen Mainz 05 und dem 1. FC Köln (3:1) sei in der Tat falsch bewertet worden, Köln hätte beim Stand von 1:2 einen Elfmeter erhalten müssen: "Das war ein strafbares Handspiel", räumte der DFB selbstkritisch ein, "der Mainzer Abwehrspieler (Moussa Niakhaté, d. Red.) ist zum Ball orientiert und will den Ball abwehren. Der linke Arm ist dabei vom Körper abgespreizt und vergrößert die Körperfläche. Er geht deutlich in die Flugbahn des Balles und bleibt dort auch in der abgespreizten Haltung."

Schiedsrichter Frank Willenborg hatte sich auf Empfehlung des Videoassistenten die Szene selbst am Spielfeldrand-Monitor nochmals angeschaut. "Dabei", so die Regelhüter des DFB, "hätten wir uns gewünscht, dass er seine Entscheidung korrigiert und auf Strafstoß entscheidet." Willenborg blieb aber bei seiner Fehleinschätzung: kein Elfmeter! Kölns Trainer Achim Beierlorzer betonte die besondere Schwere der gefühlten Ungerechtigkeit, wenn sogar eine nachträgliche Zeitlupen-Sichtung zu falschen Urteilen führt: "Fehlentscheidungen gab es auch früher. Aber durch den Videokeller fühlen sie sich jetzt noch schlechter an." FC-Manager Armin Veh sagte zum verwehrten Strafstoß: "Er läuft raus, sieht sich das an und entscheidet trotzdem so? Na, Hut ab! Das ist unfassbar!"

Zu besichtigen war am Wochenende wieder gesamte Bandbreite der Probleme bei der Anwendung der Handregeln. Als korrekt bewertete der DFB nachträglich die Nicht-Elfmeter-Entscheidungen bei Schalke gegen Dortmund (Hand von Hazard "keine Vergrößerung der Körperfläche") - und bei Leverkusen gegen Bremen, wo in der Nachspielzeit Bayer-Profi Nadiem Amiri in eine Flanke gerutscht war und den Ball mit beiden Armen blockiert hatte. Hier verwies der DFB auf eine der Zusatzrichtlinien, mit denen die Referees das Fifa-Regelwerk vermeintlich präziser anwenden wollen: Beim grätschenden Amiri habe eine "sogenannte Abstützhaltung" vorgelegen, die nicht strafbar sei, so der DFB, zudem habe Amiri "keine bewusste Aktion mit den Händen zum Ball" unternommen. Dennoch teilen viele Spieler, Trainer und Fans das Resümee von Werder-Profi Maximilan Eggestein: "Ich habe keine Ahnung mehr, was Handspiel ist!"

Dass auch die seit Saisonbeginn geltenden neuen Unterkriterien keine Rechtssicherheit schufen, sondern mitunter eher noch mehr Durcheinander, zeigte am Freitag auch die Reaktion des Mainzer Trainers: "Für mich kein Elfmeter", fand Sandro Schwarz, "denn uns wurde vor der Saison gesagt, dass solche Handspiele nur noch auf Höhe der Schulter strafbar sind." In der Tat wurde festgelegt, bestimmte Handvergehen nur noch ab Hüfthöhe aufwärts mit Elfmeter zu ahnden - allerdings gilt dies für Fälle, bei denen keine bewusste Bewegung der Hand zum Ball stattfindet, dann aber die unnatürlich hohe Armhaltung als fahrlässig strafbar gilt. Mit der konkreten Szene in Mainz, als Niakhaté den Arm zum Ball hin abspreizte, hatte diese Zusatzklausel aber nichts zu tun.

Der DFB räumte die Fehlentscheidung ein - womit dieser Fall auch belegte, dass selbst manche Schiedsrichter bei der Regelauslegung offenbar den Durchblick verloren haben. Tags darauf führte dann eine nahezu identische Hand-Szene wie in Mainz beim Zweitligaspiel Karlsruhe gegen Hannover zu einem Elfmeter für den KSC.

Die Kölner haben das wegweisende Kellerduell in Mainz am Ende 1:3 verloren und sind damit wieder in die rote Zone der Tabelle abgerutscht. Das lag natürlich nicht allein am verweigerten Elfmeter. Sondern auch an einer zu passiven eigenen Haltung nach der frühen 1:0-Führung; an einem Kunstschuss des Mainzers Quaison zum 2:1 - und an einem Patzer von FC-Torwart Timo Horn beim 1:3. Dennoch war der Kölner Angreifer Kingsley Schindler überzeugt: "Wenn wir den Elfmeter kriegen, geht das Spiel anders aus."

© SZ vom 28.10.2019 / sz, dpa, sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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