Mainz - Hannover (15.30 Uhr):Zuspruch am Glühweinstand

Fussball 1.Bundesliga/ Fortuna Duesseldorf - 1. FSV Mainz 05

Vertrauenssache: Trainer Sandro Schwarz und der junge französische Stürmer Jean-Philippe Mateta.

(Foto: Anke Waelischmiller/ Sven Simon)

Der FSV Mainz 05 ist in seiner 13. Bundesliga-Saison dabei, sich im Mittelfeld der Bundesliga festzusetzen. Doch bei seinen Fans stößt der Klub an Grenzen der Begeisterung.

Von Tobias Schächter, Mainz

An seine allererste Partie als Trainer in der Bundesliga hat Sandro Schwarz keine gute Erinnerung: Im Sommer 2017 setzte es gegen Aufsteiger Hannover eine 0:1-Heimniederlage für Mainz 05 und den gerade vom Nachwuchs- zum Proficoach beförderten Schwarz. Danach verlor sein Team auch gegen den anderen Aufsteiger VfB Stuttgart 0:1, und von diesen beiden Enttäuschungen zum Start erholten sich die Mainzer in der vergangenen Saison nur schwer. Erst am Ende schafften sie durch einen Kraftakt den Klassenverbleib.

Nun tritt an diesem Sonntag erneut Hannover 96 zum Auswärtsspiel in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt an. Dabei könnten die Mainzer sogar Tuchfühlung zu den Europapokal-Plätzen herstellen, denn nach drei Siegen in den jüngsten vier Spielen geht der Blick derzeit eher nach oben. Das von Kapitän Stefan Bell ausgerufene Ziel, "mit 20 + x Punkten in die Winterpause zu gehen", könnte schon gegen den Tabellenvorletzten Hannover erreicht werden.

In Düsseldorf spielten die Mainzer zuletzt zwar nicht gut, gewannen aber 1:0. Dieser "dreckige Sieg" zeige, dass seine Elf mittlerweile eine gewisse Konstanz an den Tag lege, findet Schwarz: "Wir machen eine gute Phase durch. Unsere Entwicklung stimmt. Die Leute sind zufrieden mit der Art und Weise, wie wir Fußball spielen." Diese Erkenntnis gewann der 40 Jahre junge Trainer am Donnerstag, als er am Mainzer Weihnachtsmarkt mit Sportvorstand Rouven Schröder und Teammanager Darius Salbert Glühwein für einen guten Zweck verkaufte.

Der Zuspruch an der Glühweintheke zeigt sich allerdings nicht am Ticketschalter. Für die Begegnung gegen Hannover waren am Freitag erst 23 000 Karten verkauft. Neu ist das Thema Zuschauerrückgang in Mainz nicht, seit drei Jahren geht es kontinuierlich abwärts. In der Saison 2015/16 kamen noch durchschnittlich 31 049 Zuschauer zu den 17 Heimspielen. In der aktuellen Runde sind es nach sieben Partien 26 261, wobei die einzigen beiden ausverkaufen (33 305) Spiele gegen die Branchengrößen FC Bayern und Borussia Dortmund schon in der Statistik stehen.

Dass regelmäßig Plätze leer bleiben, hat viele Gründe. Im zehnten Jahr Bundesliga in Serie ist ein Spiel von Mainz gegen Hannover eben kein Abenteuer mehr, für das jeder in der Stadt alles andere sausen ließe. Zudem kosteten die jahrelange Führungskrise bei 05 und die Umstrukturierung nach dem Abschied der alten Riege um den jahrzehntelangen Vereinschef Harald Strutz Sympathien. Die neue Leitung um Präsident Stefan Hofmann, die hauptamtlichen Vorstände Schröder (Sport), Jan Lehmann (kaufmännisch) und Marketingchef Michael Welling probiert vieles, um die Leute zurück ins Stadion zu holen. Geholfen hat bis jetzt: nichts.

Dabei gab es viele Angebote an Besucher, von Verbesserung der Infrastruktur bis zu selbstironischen Videos zum Ankurbeln des Dauerkartenverkaufs. Aus Sorge, im Derby gegen Eintracht Frankfurt in der Vorweihnachtswoche im eigenen Stadion ein Auswärtsspiel erleben zu müssen, bietet der Klub nun Dauerabo-Inhabern und Mitgliedern, die schon ein Ticket für dieses Spiel besitzen, sogar zusätzlich zwei weitere Karten zum halben Preis an. Die Mainzer wollen so wenige Karten wie möglich in den freien Verkauf lassen aus Sorge, die Eintracht-Anhänger könnten dann die meisten dieser Tickets wegschnappen.

In Frankfurt herrscht wegen des Höhenfluges der Eintracht gerade eine Begeisterung, wie sie in Mainz zuletzt zu Zeiten der Trainer Jürgen Klopp und Thomas Tuchel herrschte. Vielleicht ist der Fußballhunger in der kleinen Stadt mit rund 210 000 Einwohner einfach auch gesättigt, vielleicht sind die Grenzen der Begeisterung am Karnevals-Standort erreicht.

Dabei zeigen die Erfolge, dass Klub und Mannschaft auf einem guten Weg sind. Trainer Schwarz hat deutlich an Profil gewonnen. Im Abstiegskampf der Vorsaison stellte er sich bei zwei Treffen den skeptischen Fans - und überzeugte. Die Rolle als Chefcoach und erster Öffentlichkeitsarbeiter nimmt Schwarz mittlerweile aktiver und selbstverständlicher an. Und zuletzt wurde er von Dortmunds Trainer Favre gelobt, weil Mainz mit einer überraschenden Grundordnung den BVB bei dessen umkämpftem 2:1-Sieg gefordert hatte.

Kreativ bauten Schwarz und Sportchef Schröder den Kader im Sommer um. Fünf Zugänge erwiesen sich als Verstärkung, allein der junge französische Stürmer Jean-Philippe Mateta, 21, traf zuletzt dreimal in vier Spielen. Ein kluger Zug war es auch, Jean-Philippe Gbamin, 23, trotz eines "Mondangebots" (Zitat Schröder) aus England, angeblich 35 Millionen Euro Ablöse, nicht ziehen zu lassen. Die Mainzer konnten sich das bei einem ohnehin erzielten Transferüberschuss von 25 Millionen Euro leisten. Nun wollen sie gegen Hannover den Abstand nach unten weiter ausbauen, um noch entspannter nach oben zu blicken. Die Hoffnung ist: Je größer der Erfolg, desto voller auch wieder das Stadion.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: