Mainz:FSV Konter 05

FSV Mainz 05 - SC Freiburg

Jubel zwischen Objektiven: Dreifachtorschütze Jean-Philippe Mateta freut sich über seinen Treffer zum 5:0.

(Foto: Torsten Silz/dpa)

Nach zuletzt sieben Niederlagen in acht Spielen bedeutet das 5:0 gegen Freiburg wohl das Ende der Mainzer Abstiegssorgen - und demonstriert die größte Stärke von Trainer und Mannschaft.

Von Tobias Schächter, Mainz

Kurz vor der Heimfahrt trank Christian Streich einen letzten Schluck Wasser, schüttelte noch einmal den Kopf und sagte: "Ich komm nimmer, des war's ledschde Mol!" Nein, die Fans des SC Freiburg müssen sich keine Sorgen machen, dass Streich in der nächsten Saison nicht mehr Trainer ihrer Mannschaft sein wird. Freitagnacht aber ist Streich die Lust an der Reise nach Mainz endgültig vergangen. Noch nie konnte Freiburg beim FSV Mainz 05 ein Bundesligaspiel gewinnen, diesmal kassierten sie mit 0:5 (0:3) sogar eine bittere Klatsche. Streich wirkte wie jemand, der nicht glauben konnte, was er gerade erlebt hatte und war damit nicht alleine unter den 27 305 Zuschauern im Stadion. Streich, 53, konnte sich nicht erinnern, viele ähnliche Spiele wie dieses in seiner Laufbahn erlebt zu haben. Es klinge absurd, resümierte er: "Das Ergebnis ist schon furchtbar, aber gekickt haben wir gar nicht so schlecht."

Tatsächlich fühlte sich das Ergebnis für die Freiburger an wie ein schlechter Witz. Sie hatten über 70 Prozent Ballbesitz und spielten Mainz vor allem in der ersten Halbzeit teilweise schwindelig. Normerweise verlieren klar dominierende Teams Spiele mit so viel Ballbesitz und Torchancen wenn überhaupt knapp: Aber 0:5? Mainz hatte nur neun Torschüsse und traf fünf Mal. Mit dieser gnadenlosen Effizienz gelang den Mainzern ein Befreiungsschlag zur rechten Zeit. Zuvor hatten sie sieben der letzten acht Spiele verloren - mit nun 33 Punkten dürfte die Angst, doch noch in den Abstiegskampf verwickelt zu werden, aber verschwinden. An diesem kuriosen Abend voller Widersprüche stimmte irgendwie auch Streichs leicht kokettierende Wertung, dass der Mainzer Sieg "hochverdient" sei. Denn die Gastgeber schossen vier ihrer fünf Tore durch geradlinige Tempoangriffe nach Balleroberungen.

Eine Ahnung davon, wie der Abend verlaufen könnte, bekam man in der Szene, die zum völlig überraschenden Mainzer 1:0 in der 20. Minute führte: Nachdem die Freiburger es zuvor mehrmals versäumt hatten, in Führung zu gehen, traf Jean-Paul Boetius nach einem missglückten Befreiungsschlag von SC-Torwart Alexander Schwolow mit dem ersten Mainzer Torschuss. Streich sagte: "Wir schießen das erste Tor selbst." Und so ging es weiter bis zum Schlusspfiff: Freiburg dominierte, vergab eine Vielzahl von Chancen oder scheiterte am starken Mainzer Torhüter Florian Müller, während die Mainzer vier, fünf Mal den Ball hatten und dann fast immer trafen: Das 4:0 durch Onisiwo (73.) war der erste Mainzer Torschuss in der zweiten Halbzeit.

Die taktischen Wechsel von Trainer Sandro Schwarz funktionieren

Dazwischen und danach traf nach langer Durststrecke der Mainzer Mittelstürmer Jean-Philippe Mateta drei Mal (23., 33., 77.) zu seinen Saisontoren, acht, neun und zehn. Stolz küsste Mateta den Ball mehrfach, er schenke das runde Zeugnis seiner bisher größten Heldentat im Profifußball seinem Vater, erzählte der französische U 21-Nationalspieler. Die wilde Wucht dieses notorisch optimistischen Bolzplatzdraufgängers war neben der Finesse des ehemaligen niederländischen Nationalspielers Jean-Paul Boetius (ein Tor, drei Vorlagen) ausschlaggebend für den Sieg. Und Trainer Sandro Schwarz machte alles richtig: Mutig nominierte er nach zuletzt schwachen Leistungen Kapitän Stefan Bell sowie U-21-Nationalspieler Levin Öztunali nicht in den Kader. Daniel Brosinski landete auf der Ersatzbank.

Zudem stellte Schwarz in den Hochphasen der Freiburger Überlegenheit zwei Mal taktisch um, was jeweils für mehr Stabilität sorgte. Vor allem Jean-Philippe Gbamin zeigte bei seinem Wechsel von der Achter- auf die Sechser-Position, dass er dort am wichtigsten für das Team ist. Zuletzt hatte der ivorische Nationalspieler den Anspruch auf eine Führungsrolle nicht mit guten Leistungen untermauern können und fehlte sogar wegen eines verpassten Trainings im Kader beim Spiel in Bremen (1:3). Gegen Freiburg aber überzeugte Gbamin. So wie auch Niko Bungert, der für Bell zentral in der Viererabwehrkette agierte. Das Nullfünf-Urgestein kam erst zum vierten Mal in dieser Runde zum Einsatz. Im Sommer beendet Bungert seine Karriere, am Freitag spielte er erstmals seit September wieder von Anfang an. Nach 69 Minuten ging er von Krämpfen geplagt, aber überglücklich und unter dem tosenden Applaus der Fans vom Platz. "Nach 60 Minuten tat jede Grätsche weh", erzählte der 32-Jährige und appellierte: "Wir dürfen nicht noch einmal den Fehler machen, noch einmal fünf Prozent rauszunehmen." Nach dem guten Rückrundenauftakt träumten manche in Mainz schon von einem Europapokalplatz. Nun war die Erleichterung riesig, den Negativtrend gestoppt zu haben.

Geärgert hat sich Rouven Schröder dennoch am Freitagabend, der Sportvorstand der Mainzer musste nämlich Fragen zu jenem Gerücht beantworten, nach dem er möglicherweise in der kommenden Saison zu Borussia Mönchengladbach wechseln werde. "Ich finde es schade, dass wir darüber nach einem 5:0 sprechen", klagte Schröder, der erst im Winter seinen Vertrag in Mainz bis 2022 verlängert hat. Beim FSV ist er als Vorstand im sportlichen Bereich der entscheidende Mann, in Gladbach müsste er in der angestrebten Neuausrichtung als Sportdirektor wohl in der Hierarchie unter Max Eberl arbeiten. Unwahrscheinlich, dass Schröder diese Gestaltungsmöglichkeit in Mainz aufgibt. Er sagte: "Ich liebe meine Arbeit bei Mainz 05. Ich habe einen langfristigen Vertrag hier. Das muss ich nicht kommentieren." Und dann sprach er noch über das Auswärtsspiel am kommenden Wochenende bei Borussia Dortmund: "Jetzt haben wir voll Bock, dort richtig Gas zu geben."

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