Mainz dreht die Partie:Begeisterndes Drama

1. FSV Mainz 05 v FC Augsburg - Bundesliga

Auf den letzten Metern: In der 87. und 93. Minute schießen Anthony Ujah und Alexandru Maxim (re., mit Kunde Malong) Mainz noch zum Sieg.

(Foto: Christian Kaspar-Bartke/Bongarts/Getty Images)

Mit zwei späten Toren der eingewechselten Ujah und Maxim macht Mainz aus einem Rückstand gegen Augsburg einen Sieg. Der FCA begünstigt die Wendung durch entscheidende Fehler.

Von Tobias Schächter, Mainz

Eigentlich wäre er schon der heiße Kandidat für die Auszeichnung zum Mann des Spiels gewesen. Aber für Ji Dong-won und seinen FC Augsburg endete der Nachmittag in Mainz mit ganz bitteren Gefühlen: In der 72. Minute erst war der Südkoreaner beim Stand von 0:0 eingewechselt worden, zehn Minuten später zog er beherzt aus 25 Metern ab und traf zum 1:0 für die Augsburger. Doch beim Torjubel knickte Ji unglücklich um und musste ausgewechselt werden. Und während Ji nach langer Behandlung mit dick bandagiertem Knie in die Katakomben humpelte, drehten zwei Einwechselspieler der Mainzer im Endspurt die Partie: Zuerst traf Anthony Ujah (87.), dann Alexandru Maxim (90.). Den zwei Toren gingen misslungene Faustabwehrversuche von FCA-Torwart Fabian Giefer voraus. Giefer gab niedergeschlagen zu: "Ich muss beide Male sauber klären, durch diese brutale Art und Weise verlieren wir das Spiel."

Doch die Augsburger haderten auch mit Schiedsrichter Martin Petersen. Der habe seinen Anteil am zweiten Tor, klagte FC-Trainer Manuel Baum. Der Referee habe vor dem entscheidenden Treffer ein Foul des Mainzers Karim Onisiwo an FCA-Innenverteidiger Martin Hinteregger übersehen, meinte Baum. Hinteregger wurde dann außerhalb des Spielfeldes behandelt, das Spiel ging mit Einwurf für Mainz weiter - danach fiel das entscheidende 2:1. "Der Assistent hat mir zugesichert, dass Hinteregger wieder aufs Spielfeld kann", erzählte Baum hinterher: "Durfte er aber nicht. Der Schiedsrichter hat danach erklärt, er habe Hinteregger vergessen", ätzte Baum und konstatierte: Bei dem entscheidenden, weiten Einwurf von Brosinski habe der kopfballstarke Hinteregger im Strafraum gefehlt.

Nach dem 1:2 wurde Augsburgs Manager Stefan Reuter dann auch noch auf die Tribüne verwiesen, Reuter aber beteuerte, nichts Verwerfliches zum Schiedsrichter wegen der Aktion gesagt zu haben. Der Grund für den Verweis aus dem Innenraum sei das Verlassen der Coaching Zone gewesen.

Der Mainzer Trainer Schwarz hat Freudentränen in den Augen

Wie auch immer: Die Augsburger müssen sich die Niederlage selbst zuschreiben, auch Baum gab zu: "Nach dem 1:0 müssen wir so ein Spiel mit drei Punkten nach Hause fahren." Nach Giefers Vorlagen aber verloren die Gäste ein "typisches Unentschieden-Spiel" (Baum) am Ende noch spektakulär. Die Mainzer nahmen die zwei Gastgeschenke zupackend an und stehen mit sieben Punkten nach drei Spieltagen nun ungeschlagen im oberen Tabellendrittel. "Das ist ein richtiges Mainz 05-Gefühl heute", sagte FSV-Trainer Sandro Schwarz, der freudig mitteilte, nach dem 2:1 Freudentränen in den Augen gehabt zu haben: "Nach dem 1:1 wollte die Mannschaft noch den Siegtreffer, dieses Vorwärtsgerichtete brauchen wir für unser Spiel, diese Mentalität, Widerstände zu überwinden, ist bemerkenswert."

Die Mainzer hatten zuletzt zwei schwere Spielzeiten mit Abstiegsängsten und Krisen zu überstehen, der starke Start bringt Ruhe und Trainer Schwarz in seiner zweiten Saison als Bundesligacoach Vertrauen. Nur 21 105 Zuschauer waren gekommen, so wenige wie selten zuvor in der 2011 eingeweihten Arena. Mit Dramen wie gegen Augsburg wollen die Mainzer die Fans wieder für ihren Klub begeistern. "Die, die heute da waren, kommen wieder und sagen es weiter, dann kommen auch wieder mehr Zuschauer", sagte Sportvorstand Rouven Schröder. Die Verantwortlichen wollen das Thema Zuschauerschwund öffentlich nicht überstrapazieren. Vielmehr wollen sie herausstellen, dass gerade eine Mannschaft zusammenwächst, die gegen Augsburg ohne die Leistungsträger Jean-Philippe Gbamin (Adduktorenverletzung) und Kapitän Stefan Bell (Gehirnerschütterung im Abschlusstraining) die Wende schaffte.

Zur Profilstärkung trägt sicher der Mut von Trainer Schwarz bei, gegen Augsburg in dem 18-Jährigen Jonathan Burkardt erneut einem Talent aus dem eigenen Nachwuchs zu seinem Bundesligadebüt zu verhelfen. In Torwart Florian Müller und den beiden Mittelfeldspielern Burkardt und Ridle Baku standen drei Spieler aus dem Nachwuchsleistungszentrum der Rheinhessen in der Startelf. Und am Ende kam auch noch U 23-Spieler Ahmet Gürleyen zu seinem Erstligadebüt, weil Kapitän Niko Bungert in der 78. Minute mit Wadenproblemen nach einem Zusammenprall mit Hinteregger ausgewechselt werden musste. Dabei hatte Routinier Bungert erstmals seit anderthalb Jahren wieder in der Startelf gestanden. Aber auch diese schmerzhafte Anekdote passte zu dieser kuriosen Partie, in der je ein Tor für beide Teams nach Intervention des Videoschiedsrichters nicht anerkannt wurde.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: