Mainz - Bremen (18 Uhr):Der Reiz der Chefrolle

FSV Mainz 05 - Bayern München

Cheftrainer Sandro Schwarz (re.) und Sportvorstand Rouven Schröder (2.v.r., hier bei einer Diskussion mit den Schiedsrichtern nach dem Spiel gegen den FC Bayern) stehen gemeinsam hinter dem Mainzer Kader, den sie nach dem Abstiegskampf im vergangenen Jahr erneuert und verjüngt haben.

(Foto: Thomas Frey/dpa)

Begegnungen gegen seinen ehemaligen Verein aus Bremen sind besondere Spiele für den Mainzer Sportvorstand Rouven Schröder. Er ging damals, um aus der zweiten in die erste Reihe zu treten.

Von Frank Hellmann, Mainz

Als Sandro Schwarz am Freitag über das Heimspiel gegen den SV Werder Bremen (Sonntag, 18 Uhr) sprach, richtete der Trainer des FSV Mainz 05 einen fast flammenden Appell an alle, die es mit seinem Verein halten. Die Mannschaft würde eine "Toparbeit" machen, "aber wir sehen es an den Ergebnissen nicht". Frust müsse schleunigst in Energie verwandelt werden. Seit sieben Pflichtspielen warten die Rheinhessen auf einen Sieg.

Schon auf der Mitgliederversammlung am 22. Oktober war Sportvorstand Rouven Schröder ähnlich leidenschaftlich für eine Würdigung des Status quo eingetreten. "Wir sind nicht mehr die kleinen Mainzer. Wir müssen uns vor keinem verstecken. Wir gehören in die Bundesliga und können richtig was reißen." Doch der Rückenwind mit den anfänglichen Heimerfolgen gegen den VfB Stuttgart und FC Augsburg ist längst verpufft.

Die Nullfünfer entsenden oft eine der jüngsten Startformationen, aber häufig wirken die Spieler in entscheidenden Phasen überfordert. Das Team erspielt sich vorne wenige Chancen, hat erst fünf Tore in der Liga geschossen und hinten passieren dann ein, zwei Fehler zu viel. Schwarz hat festgestellt: "Es fehlt nicht viel, um Spiele zu gewinnen, aber es reicht wenig aus, um Spiele zu verlieren."

Der Cheftrainer, 40, und der Sportvorstand, 43, stehen gemeinsam hinter dem Kader, den sie nach dem Abstiegskampf im vergangenen Jahr erneuert und verjüngt haben. Schwarz wie Schröder haben in der turbulenten Zeit ihr Profil geschärft. Der in der Branche für seine Loyalität, Ruhe und Zuverlässigkeit geschätzte Schröder konnte es sich sogar vor den Mainzer Mitgliedern leisten, die Unruhe im Vereinsumfeld aus der Vorsaison ausführlich zu geißeln.

Mit der Erfahrung aus Bremen in Mainz erfolgreich

Der gebürtige Sauerländer schöpft in Krisenzeiten aus jenen Erfahrungen, die er beim heutigen Gegner sammelte. Zwei Jahre arbeitete Schröder als Direktor Profifußball und Scouting für den SV Werder, und er möchte die Bremer Station im Rückblick keinesfalls missen. "Es war ein sehr guter Schritt, um bei einem großen Traditionsverein zu arbeiten, sagt Schröder der "Süddeutschen Zeitung". Ihn habe die Zusammenarbeit mit "vielen Persönlichkeiten und inhaltlich starken Führungskräften und Mitarbeitern" absolut nach vorne gebracht.

"Alles war ein bis zwei Stufen größer als bei der SpVgg Greuther Fürth." Am Ronhof hatte er 2012 als Koordinator der Lizenzmannschaft, anschließend als Sportlicher Leiter gearbeitet, ehe es ihn zum norddeutschen Bundesligisten zog. Es war eine Phase, in der die Grün-Weißen einen schwierigen Konsolidierungskurs halten mussten. Die Rücklagen aus den seligen Europapokalzeiten der Ära Thomas Schaaf und Klaus Allofs waren längst aufgebracht.

Die Vorgabe für den damaligen Geschäftsführer Thomas Eichin und eben Schröder war: aus wenig viel zu machen. Dem heutigen Mainzer Sportvorstand war es zu verdanken, dass Anthony Ujah oder Jannik Vestergaard an die Weser wechselten. Investitionen, die sich doppelt und dreifach amortisierten und im Sommer 2016 - bei Schröders Abgang und Eichins Vertragsauflösung - auf einmal dem heutigen Manager Frank Baumann ein Budget von fast 25 Millionen Euro zur Verfügung stellten.

Der bestens vernetzte Macher Schröder ist keiner, der sich dafür auf die Schulter klopfen muss, aber der gute Kontakt zu den Verantwortlichen an der Weser zeugt davon, dass sich beide Seiten noch heute schätzen. "Für mich ist das definitiv ein besonderes Spiel", sagt der Familienvater. Er ging damals auch deshalb nach Mainz, weil er aus der ersten Reihe die sportlichen Geschicke bestimmen wollte. "Es ist dieselbe Frage, die sich ein Trainer stellt: Will ich Co-Trainer oder Cheftrainer sein?" Ihn habe die Herausforderung, das Erbe von Christian Heidel bei den Nullfünfern anzutreten, "absolut gereizt."

Es war die besondere Pointe seines Wechsels, dass die Bremer im Mai 2016 im letzten Saisonspiel gegen Eintracht Frankfurt einen Sieg brauchten, um die Relegation abzuwenden. Das Siegtor in letzter Minute schoss der im Winter vom FC Chelsea entliehene Verteidiger Papy Djilobodji. Ein Deal, den Schröder maßgeblich mit eingefädelt hatte: "Ihn kannte ich noch aus seiner Zeit beim FC Nantes." Was Schröder vor allem in Bremen imponierte, war die "brutale Kraft, mit der ein ganzer Verein, eine ganze Stadt zusammengestanden haben, wenn es ums Überleben ging." Diese emotionalen Momente, erzählt er, seien untrennbar mit seiner Werder-Zeit verbunden.

Noch heute hat er hin und wieder Kontakt zu den Verantwortlichen. "Viele waren damals ja schon dort, und sind weiter oder heute in gehobener Position." Trainer Florian Kohfeldt, Co-Trainer Tim Borowski, Torwarttrainer Christian Vander - ein guter Freund aus Bochumer Tagen - oder Teammanager Tim Barten. Und natürlich Geschäftsführer Baumann, der damals mit ihm in der Direktion Sport angesiedelt war. Wenn er den Kollegen beurteilen soll, dann hagelt es geradezu Komplimente: "Der Kader ist stimmig zusammengestellt. Sie haben eine gute Mischung aus Alt und Jung. Die Außendarstellung war mutig, aber sie lassen den Worten auch Taten folgen - das ist immer am besten."

Werder Bremen sei derzeit top aufgestellt. Und doch heißt das im Umkehrschluss nicht, dass die Gastgeber sich heute klein machen müssen. Eines hat Schröder nämlich auch auf der Pressekonferenz am Freitag in Richtung des gerade wieder in der Liga und im Pokal zweimal erfolgreichen Altmeisters Claudio Pizarro mit einem Augenzwinkern versprochen: "Claudio kann verschmerzen, dass er am Sonntag nicht trifft."

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