Es fällt zunehmend schwer, sich Nadiem Amiri, 27, als rundum glücklichen Menschen vorzustellen. Der Spielmacher von Mainz 05 hatte kurz nach Saisonende in der Euphorie des Klassenerhalts überraschend seinen Vertrag verlängert. Und obwohl er zu diesem Zeitpunkt schon wusste, dass ihn sein Nebenmann im Mittelfeldzentrum, Leandro Barreiro, verlassen würde, versteckte er seine Wehmut darüber im Interview mit der Allgemeinen Zeitung vor einigen Wochen nicht: „Das war mein Perfect Match. Mein Bruder, mein Partner. Ich habe ihm oft in der Kabine gesagt, wie schade es ist, dass er schon bei Benfica unterschrieben hatte. Es wäre etwas Besonderes geworden.“ Wie kann man jemanden so krass vermissen?
Und es kommt noch dicker für Amiri: Nach übereinstimmenden Berichten steht ein Wechsel von Brajan Gruda, 20, in die Premier League zu Brighton and Hove Albion kurz bevor. Der Offensivakteur spielte insbesondere in der Rückrunde nach Amiris Ankunft im Januar eine herausragende Rolle bei der Mainzer Aufholjagd. Für die Mannschaft, die über weite Strecken der Hinrunde ängstlich agiert hatte, war das Zusammenspiel des selbstbewussten Ideengebers Amiri mit dem furchtlosen Dribbler Gruda, neben der Ankunft des neuen Trainers Bo Henriksen, ein Erweckungserlebnis.
Er und Gruda hätten „eine gute Connection“, sagte Amiri bereits nach zwei gemeinsamen Monaten. Dass diese Verbindung nun auseinanderbricht, dürfte nicht nur Amiri schmerzen, sondern auch viele andere, die es mit den 05ern halten. Solch aufregende Spieler wie Gruda sind in Mainz, wo Fußball seit jeher primär gearbeitet wird, eine Ausnahme.
Nach nur 30 Bundesligaspielen wird Brajan Gruda für Mainz 05 wohl zum Rekordweggang
Wirklich überraschend kommt dieser Transfer freilich nicht. Klubs wie Mainz 05 ist ihre Rolle in der Klassengesellschaft des europäischen Fußballs längst klar: Spieler ausbilden, um ihnen den sportlichen Aufstieg zu ermöglichen. Die Gegenleistung für diese Basisarbeit ist viel, im Fall des Brajan Gruda sogar sehr viel Geld. Die Mainzer werden aller Voraussicht nach eine Ablösesumme in Rekordhöhe erhalten.
Noch verhandeln die Vereine, aber Gruda wird bei einem Transfer ohne Zweifel mehr als jene 28 Millionen Euro kosten, die Borussia Dortmund 2018 für Abdou Diallo nach Mainz überwies. Bei Gruda liegen die Mainzer Forderungen inklusive potenzieller Bonuszahlungen dem Vernehmen nach deutlich über 30 Millionen Euro – und das für einen Spieler mit gerade einmal 30 Bundesligaspielen. Doch Fabian Hürzeler, der neue deutsche Trainer in Brighton, soll Gruda zu seinem Wunschtransfer auserkoren haben.
Das unterstreicht, welch großes Potenzial dem 19-maligen Juniorennationalspieler nachgesagt wird. Neben Hürzeler gehören etwa Thomas Müller und Julian Nagelsmann zu seinen Fans. Müller war von der ersten Begegnung im vergangenen Oktober gleich so begeistert, dass er sich nach dem Auswärtsspiel der Bayern in Mainz nicht nur Grudas Trikot sicherte, sondern ihn auf Instagram zusätzlich als Baller feierte.
Und Nagelsmann, der den 20-Jährigen vor der Europameisterschaft einige Einheiten mit der A-Nationalmannschaft bestreiten ließ, sagte im Trainingslager in Blankenhain, Gruda sei „ein sehr feiner Fußballer und extrem kreativ im letzten Drittel. Er hat auf sich aufmerksam gemacht“. Für die dringend benötigte Verjüngungskur der DFB-Elf dürfte Gruda fest eingeplant sein, eine erste Nominierung im September wäre keine Überraschung – und würde bestimmt auch seinen Freund Nadiem Amiri glücklich machen.