Magdalena Neuner holt WM-Gold:"Ich wusste, ich hab' es drauf"

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Großer Druck bei der Heim-WM? Nicht für Magdalena Neuner. Im Sprint-Rennen bei der Biathlon-WM verteidigt sie ihren Titel von 2011 und holt das ersehnte erste Gold für die deutsche Mannschaft. Trotz ungünstiger Startnummer - und dank einem irren Rhythmus beim Schießen.

Carsten Eberts, Ruhpolding

Magdalena Neuner hatte sich eine niedrige Startnummer gewünscht, damit sie früh auf die Strecke kann, in dieses aufgewühlte Schnee-Salz-Eis-Gemisch, das in der Ruhpoldinger Sonne immer locker-flockiger wird. Zwar hatte die Vielfach-Weltmeisterin das Privileg, sich ihre Startgruppe aussuchen zu können - mit der niedrigen Nummer klappte es jedoch nicht: Auf Startplatz 29 wurde sie gelost, auf den letzten Platz der ersten Gruppe.

Gold im Sprint: Magdalena Neuner. (Foto: dapd)

Ein schlechtes Omen? Mitnichten. Denn Magdalena Neuner hätte an diesem Tag wohl auch Startplatz 120 nicht aufgehalten: Nach einer fehlerfreien Schießleistung und einem imposanten Vortrag in der Loipe gewann Magdalena Neuner das Sprint-Rennen bei der Biathlon-WM in Ruhpolding - und sorgte damit für die ersehnte erste deutsche Goldmedaille. Druck? Kannte sie nicht. Zweite wurde die Weißrussin Darja Domratschewa (15,2 Sekunden zurück), Dritte die Ukrainerin Vita Semerenko.

Der erste WM-Samstag drohte aus deutscher Sicht zunächst zu einer furchtbar deprimierenden Angelegenheit zu werden. Nach dem Männer-Sprint, den Andreas Birnbacher als bester Deutscher auf Rang 16 beendete, mussten die Frauen schon ein wenig als Stimmungsretter auftreten.

Das klappte famos. Nach dem ersten Schießen führte Neuner bei jeder Zwischenzeit - und als sie nach etwas über 20 Minuten auf die Zielgerade der Chiemgau Arena einbog, rauschte ihr der Jubel der 28.000 Fans entgegen. "Ich wusste, ich hab' es drauf und dass ich es schaffen kann", sagte Neuner im Ziel, "es war ein unglaubliches Gefühl als die letzte Scheibe gefallen ist."

Es war ein Rennen der Favoritinnen, denn auch die anderen großen Namen agierten überzeugend. Domratschewa, die Schwedin Helena Ekholm und die Französin Marie Laure Brunet blieben allesamt ohne Schießfehler - was den Druck auf Neuner, die nach ihnen gestartet war, natürlich erhöhte. Große Probleme mit ihrer Waffe offenbarte indes die Finnin Kaisa Mäkäräinen, die sich mit drei Fehlern im Liegendschießen frühzeitig aus der Spitzengruppe verabschiedete.

Neuner machte es deutlich besser. Beim Liegendschießen traute sie sich einen irren Rhythmus zu, blieb trotzdem fehlerlos und spurtete mit zwölf Sekunden Vorsprung aus dem Schießstand. "Das Liegendschießen war gigantisch", sagte Frauen-Trainer Gerald Hönig, "heute sind viele Wünsche in Erfüllung gegangen."

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Wer hätte es gedacht? Das Biathlon-Team der Frauen besteht nicht ausschließlich aus Magdalena Neuner. Bei den Männern gibt es in Arnd Peiffer und Andreas Birnbacher zwei große Medaillenhoffnungen - und ein großes Sorgenkind. Der deutsche WM-Kader im Überblick.

Carsten Eberts, Ruhpolding

Beim Stehendschießen wählte Neuner dann einen ähnlichen Rhythmus, zog diesen ohne zu stocken, ohne Fehler. Während Neuner im Ziel ausgepumpt im Schnee lag und nach Atem rang, sang die Arena "Oh, wie ist das schön." Es dürfte eine lange Nacht werden in Ruhpolding.

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Carsten Eberts, Ruhpolding

Wieder bei Stimme, jubilierte auch Neuner: "Ich wollte es heute unbedingt schaffen und es hat geklappt." Der Dank an die Zuschauer folgte sogleich: "Ich bin noch nie vor so einem tollen Publikum gelaufen."

Ihre gewaltige Ankündigung (sechs Medaillen in sechs Rennen) hat Neuner damit bereits zu einem Drittel erfüllt. "Es ist ganz, ganz wichtig, dass man sich weniger um die anderen als um sich selbst kümmert", sagte die alte und neue Weltmeisterin: "Ich habe versucht, mein eigenes Ding zu machen. Das ist vielleicht das Geheimnis."

Auch Trainer Ricco Groß war begeistert: "Es ist phänomenal, wie sie im richtigen Moment die Leistung abruft. Ihre Leistung war echt irre. Das passt alles zu einem richtig schönen Märchen."

Enttäuscht von ihrer eigenen Leistung war indes Andrea Henkel. Schon nach der Mixed-Staffel hatte sie mit sich gehadert - im Sprint hatte Henkel nach vier Kilometern bereits elf Sekunden Rückstand auf die bis dato führende Domratschewa. Schon beim Liegendschießen verfehlte sie zwei Scheiben, am Ende waren es über zweieinhalb Minuten Rückstand auf Neuner - und Platz 34.

Tina Bachmann landete mit drei Schießfehlern auf Rang 22, Franziska Hildebrand belegte mit einem Fehler den 29. Platz. "Der Rest der Mannschaft hat sich unter Wert verkauft", sagte Groß. Für die Schlagzeilen sorgte an diesem Nachmittag jedoch ohnehin eine andere. Wie so oft.

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