Magath-Wechsel zum FC Fulham:Dann halt ins Ausland

(FILE) Felix Magath New Fulham Manager

Umzug an die Themse: Felix Magath (Archivbild)

(Foto: Bongarts/Getty Images)

War es ein falscher Flirt? Statt beim kriselnden Hamburger SV anzuheuern, übernimmt Felix Magath den Tabellenletzten der Premier League, den FC Fulham. Über seine Beweggründe spricht Magath ungewöhnlich freizügig - in den sozialen Netzwerken.

Von Jörg Marwedel

Ob es wirklich eine ernsthafte Überlegung war, oder nur ein falscher Flirt mit dem Verein, bei dem er einst groß wurde, wird so schnell nicht zu klären sein. Dafür ist Felix Magath zu verschlossen, auch wenn er derzeit wie wild durch die sozialen Netzwerke tobt.

Auf seiner Lieblings-Plattform Facebook, über die er zuletzt mit seinen Botschaften den Hamburger SV verwirrte, verkündete er am Freitagabend auch, was angesichts der vorherigen Nachrichtenlage durchaus als "Sensation" gewertet werden kann: Nein, er geht nicht zurück zum HSV, dem er 1983 den Europacup der Landesmeister gewinnen half, nein, er bleibt auch nicht in der Bundesliga. Erstmals nimmt Magath ein Engagement im Ausland an. Und das mit 60. Magath zieht um an die Themse.

Ziemlich genau 24 Stunden, nachdem er via Facebook verkündet hatte, dass er seinen Stammverein, den HSV, nicht retten wird, erklärte Magath, dass er nun einen anderen vor dem Abstieg zu bewahren versucht: den FC Fulham. Tabellarisch tut sich da nicht viel. Blickte Magath auf die Bundesliga-Tabelle, so fand er den HSV vor dem Nord-Krisengipfel an diesem Samstag in Braunschweig auf dem vorletzten Tabellenplatz; blickt er nun auf die Tabelle der Premier League, wird er schneller fündig - der FC Fulham ist Letzter.

Auch wenn in Magaths Laufbahn - die ihm im Trainerjob immerhin drei Meisterschaften mit dem FC Bayern (2005, 2006) und dem VfL Wolfsburg (2009) einbrachte - schon manche als sensationell empfundene Situation zu bestaunen war, so hat die jüngste Wende eine neue Qualität. Wer seine Motivlage erforschen will, muss nur seine Netzwerk-Botschaften studieren.

Text 1 auf Facebook vom Donnerstagabend: "Leider beharren im HSV zu viele der alten Kräfte auf ihren Positionen, sind an einem ehrlichen Neuanfang nicht interessiert . . . Wie soll man mit solchen Voraussetzungen einen Verein erfolgreich durch den Abstiegskampf führen?"

Komplizierte Strukturen, kein Vertrauen

In Text 2 vom Freitagabend bedankt sich Magath nun ausdrücklich bei Shahid Khan, dem Eigentümer des FC Fulham, "für dieses Vertrauen". Ein Vertrauen, wie Magath es innerhalb der komplizierten Strukturen des HSV nicht zugesprochen bekam. Dort regiert ein elfköpfiger Aufsichtsrat, dessen Vorsitzender Jens Meier es trotz tagelanger Beratungen nicht hinbekam, eine notwendige Dreiviertel-Mehrheit für Magath zu organisieren.

Die Strukturen in der Bundesliga sind weit föderaler als in der englischen Premier League. Im Poker zwischen beiden Welten dürfte es Magath nun wohl gelungen sein, seinen Marktwert für einen "Retter-Job" auszuloten. Tatsache ist, dass der HSV vergleichsweise klamm ist, Tatsache ist, dass der Eigner des FC Fulham in der Forbes-Geldrangliste als Milliardär eingestuft wird.

Nachfolger für van Marwijk steht bereit

Den FC Fulham, der 1879 gegründet wurde und der als ältester Profiklub Londons gilt, hatte der amerikanisch-pakistanische Unternehmer 2013 von Mohamed Al-Fayed erworben. Shahid Kahn gehört in den USA unter anderem der Football-Klub Jacksonville Jaguars.

In Fulham wird Magath auf einige gute Bekannte treffen: Sascha Riether und Ashkan Dejagah standen 2009 im Wolfsburger Meisterkader, Lewis Holtby, lange bei Schalke 04, wechselte erst in der Winterpause aus Tottenham in die museale Spielstätte "Craven Cottage". Letzter Impuls für den Trainerwechsel dürfte die 2:3-Niederlage am Mittwoch gegen den FC Liverpool gewesen sein. Was aus Magaths-Vorgänger René Meulensteen wird, der erst vor wenigen Wochen das Team von seinem niederländischen Landsmann Martin Jol übernommen hatte, blieb offen.

Shahid Khan teilte zunächst nur allgemein auf der Internet-Seite des Klubs mit: "Ich bin besonders beeindruckt von dem Ruf, den Felix (Magath) dafür hat, in schwierigen Zeiten, oft spät in einer Saison, einen Klub zu übernehmen und ihn dann sein Potenzial abrufen lässt - und sogar noch mehr." Magath hat nun etwas Zeit, seine neue Elf kennenzulernen, in England ist FA-Cup-Wochenende, in diesem Wettbewerb ist Fulham nicht mehr dabei. Magaths Debüt bei den Cottagers ist für den Samstag drauf im Kellerkampf bei West Bromwich Albion terminiert.

Lieber Schach statt HSV

Die Skurrilität des Wechsels speist sich auch daraus, dass Magath noch am Donnerstagabend als Schirmherr des Forums "Yes2chess - Schach macht schlau" in Hamburg weilte, um in einer Talkshow über das königliche Spiel zu plaudern. Zusammen mit Gesprächspartnern wie Professor Robert von Weizsäcker, dem Ehrenpräsidenten des Deutschen Schachbundes, stellte Magath dort die Vorzüge dieses Zeitvertreibs besonders für Schüler heraus. Nach seiner Ansicht würde Schachspielen auch "den Jung-Millionären", wie Magath Fußballprofis nannte, gut tun. Es fördere Intelligenz, Konzentration und soziales Verhalten. Und es helfe, klare Entscheidungen zu treffen.

Nebenbei sprach er sentimentale Sätze: Es hätte "für den HSV und für mich gut gepasst", es sei noch immer so, dass "der HSV zu mir gehört, wie ich zum HSV gehöre". Doch der Absolutist Magath wollte die komplette Macht bei seinem Herzensklub und spätestens im Sommer den Vorstandsvorsitz übernehmen. Magath wollte zu viel - und kam am Ende zu dem Schluss, dass zu viele im Klub "keinen Neuaufbau wollen".

Tatsächlich hatte er sich nicht mit dem Vorschlag vom Aufsichtsrat anfreunden können, zunächst nur anstelle des Sportdirektors Oliver Kreuzer einen Sitz im Vorstand zu übernehmen, um dann in der Klubführung eine Mehrheit für die Entlassung des amtierenden Trainers Bert van Marwijk zu organisieren.

Im Falle einer Niederlage in Braunschweig wird van Marwijk wohl doch abgelöst, nicht durch Magath, aber der Nachfolger steht offenbar bereit: Mirko Slomka, der zuletzt in Hannover entlassen wurde.

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