Magath-Absage an HSV:Absolutist vermisst Einigkeit

Zu viel Macht gefordert, zu wenige Mitstreiter gefunden: Felix Magath erläutert beim Schach-Talk seine Absage an den HSV. Es zeigt sich, dass im Verein große Zweifel an seinem Führungsstil vorherrschen.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Felix Magath macht sich gerne Gedanken über den Fußball hinaus. Zum Beispiel über sein Hobby Schach. Am Donnerstag war der Fußballtrainer als Schirmherr des Forums "Yes2chess - Schach macht schlau" in Hamburg, um in einer Talkshow über das königliche Spiel zu plaudern.

Zusammen mit Gesprächspartnern wie etwa Professor Robert von Weizsäcker, dem Ehrenpräsidenten des Deutschen Schachbundes, stellte Magath die Vorzüge dieses Zeitvertreibs besonders für Schüler heraus. Nach seiner Ansicht würde Schachspielen auch "den Jung-Millionären", wie Magath Fußballprofis nannte, gut tun. Es fördere Intelligenz, Konzentration und soziales Verhalten. Und es helfe, Entscheidungen zu treffen.

Dass auch Magath entscheidungsfreudig ist, hatte er kurz vor der abendlichen Veranstaltung bewiesen. Er hatte seiner aktuell 234.936 Mitmenschen umfassenden Facebook-Gemeinde mitgeteilt, dass er dem abstiegsbedrohten Hamburger SV nicht zur Verfügung stehe als Trainer und Sportchef. Nach der Schachdebatte redete er offen über den Abbruch der Verhandlungen: "Ich bin überzeugt, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe", sagte er, dabei habe er sich zuletzt "für den HSV bereitgehalten".

Der Hauptgrund für seinen Entschluss sei gewesen, dass sich bei den Gesprächen mit dem Aufsichtsrat "nichts vorwärts entwickelt" habe. Daher sei es sinnvoll gewesen, "die Angelegenheit abzubrechen". Das habe er dem Aufsichtsrat Christian Strauß telefonisch mitgeteilt. Der frühere Profi, Manager und Trainer des Klubs sagte aber auch sentimentale Sätze.

Es hätte "für den HSV und für mich gut gepasst", es sei noch immer so, dass "der HSV zu mir gehört, wie ich zum HSV gehöre". Doch der Absolutist Magath wollte die komplette Macht bei seinem Herzensklub und spätestens im Sommer den Vorstandsvorsitz übernehmen.

Zu viele "wollen keinen Neuaufbau"

Magath wollte damit offensichtlich zu viel - und kam am Ende zu dem Schluss, dass zu viele im Klub "keinen Neuaufbau wollen". Es gäbe "zu viele Mandatsträger, zu viele Strömungen, die ich nicht mit einem Engagement bündeln könnte", sagte er.

Tatsächlich hatte er sich nicht mit dem Vorschlag des Gremiums anfreunden können, zunächst nur anstelle des Sportdirektors Oliver Kreuzer einen Sitz im Vorstand zu übernehmen, um dann in der Klubführung eine Mehrheit für die Entlassung von Trainer Bert van Marwijk zu organisieren. Mit seiner Absage kam Magath allerdings nur dem Aufsichtsrat zuvor.

Nach Magaths Ansicht zählten zu seinen Gegnern nicht nur der derzeitige Vorstand um Präsident Jarchow und Teile des Aufsichtsrates - mindestens vier Räte verweigerten bis zuletzt die nötige Pro-Magath-Mehrheit -, sondern auch die Vertreter von "HSV plus".

Jene Gruppe, die Magaths frühere Mitspieler Holger Hieronymus, Ditmar Jakobs und Thomas von Heesen unterstützen, kämpft für eine Umwandlung der Profisparte in eine AG und wird auch vom möglichen Geldgeber und Magath-Fan Klaus-Michael Kühne protegiert.

Die Ablehnung sei, glaubt Magath, der Tatsache geschuldet, "dass ich unabhängig bin und mich keiner Gruppe angeschlossen habe". Die Plus-Fraktion konterte, sie habe sich "weder gegen noch für eine Person ausgesprochen".

Doch etliche im Klub heißen Magaths Führungsstil nicht gut. Sein früherer Kollege, der Torwart Uli Stein, drückte es kürzlich so aus: Magath sei eine "Ich-AG", mit der man schwer zusammenarbeiten könne. Nun wünscht der unglückliche HSV-Liebhaber Magath seinem Klub ein Gut, dass man dort seit langem vergeblich sucht: "Einigkeit". Sonst werde es mit dem Klassenerhalt sehr schwer.

Im Falle einer Niederlage am Samstag in Braunschweig wäre aber vorerst keine Ruhe möglich. Denn dann wird Trainer van Marwijk wohl doch entlassen. Der Nachfolger steht offenbar schon bereit: Mirko Slomka, der zuletzt bei Hannover 96 entlassen wurde.

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