Machtkampf bei 1860 München:Investor Ismaik kontert den Löwen-Angriff

TSV 1860 München Hasan Ismaik

Hat er die Nase voll von 1860? Investor Hasan Ismaik.

(Foto: dpa)

Volle Konfrontation beim TSV 1860 München: Gegen den Willen von Investor Hasan Ismaik verlängert der Klub die Verträge mit Trainer Alexander Schmidt und Sportchef Florian Hinterberger. Der Affront bleibt nicht ohne Folgen: Ismaiks Antwort legt einen baldigen Ausstieg nahe.

Von Thomas Hummel

Der Machtkampf beim TSV 1860 München spitzt sich zu. Gegen den ausdrücklichen Willen von Investor Hasan Ismaik hat der Fußball-Zweitligist am Dienstagvormittag verkündet, die Verträge mit Trainer Alexander Schmidt und Sportchef Florian Hinterberger verlängert zu haben.

Geschäftsführer Robert Schäfer teilte mit: "Mit dieser Entscheidung gehen wir unseren vernünftigen Weg konsequent weiter. Florian Hinterberger hat sich von Anfang an flexibel auf unsere Rahmenbedingungen eingestellt. Mit dem Budget, das ihm zur Verfügung stand, hat er einen Kader zusammengestellt, mit dem wir bis zuletzt im Rennen um Platz 3 waren."

Damit gehen die Vertreter des Klubs auf Konfrontationskurs gegen ihren jordanischen Investor, der bis heute etwa 27 Millionen Euro in den Verein gepumpt hat. Denn Ismaik hatte bei seinem letzten Auftritt vor der Presse völlig überraschend und unabgesprochen gefordert: "We need a new Sportchef." Hinterberger sollte gehen, auch Trainer Schmidt wackelte.

Nun also die schnelle Vertragsverlängerung mit beiden. Die Antwort folgte prompt: Über seinen Anwalt Michael Scheele ließ Ismaik mitteilen, dass dieses Vorgehen "schlichtweg eine überflüssige Provokation" sei, und "es dürfte nicht weiter verwundern, wenn dies schwerwiegende Konsequenzen zum Nachteil des Vereins provoziert".

Einige Passagen des Briefes deutet einen Ausstieg Ismaiks aus dem Projekt an. Scheele schreibt: "Herr Ismaik wird trotz sicherlich nachvollziehbarer Empörung seine Begegnungen mit zahlreichen Mitglieder und Fans in guter Erinnerung behalten. Er bittet nachhaltig zu verstehen und zu akzeptieren, dass die nun unweigerlich auf die Vereinsführung zukommenden Konsequenzen ausschließlich von der Vereinsführung zu verantworten sind."

Eine Reise von Anwalt Scheele nach Dubai, wo Hasan Ismaik wohnt, sollte eigentlich dazu dienen, den Vertretern von 1860 einen "Lösungsvorschlag" für die Meinungsverschiedenheiten zu unterbreiten. Jetzt aber diene Scheeles zu Ismaik "ausschließlich der Erörterung der Konsequenzen".

Ausgang des Machtkampfs? Unsicher.

Wie der Machtkampf endet? Das ist noch unsicher. Aber dass Ismaik dem Klub weitere Millionen geben wird, darf in dieser Personalkonstellation als ausgeschlossen gelten. Bis Ende Mai muss der Klub allerdings einen Finanzplan für die kommende Saison bei der Deutschen Fußball-Liga vorlegen, um die Lizenz zu erhalten. Wie das ohne einen Mindest-Zuschuss des Jordaniers über zwei Millionen Euro gelingen soll, ist unklar. Geschäftsführer Schäfer bestätigte, dass Hinterberger und Schmidt bereits die kommende Saison planen: "Entsprechend des Spielsystems sucht Florian Hinterberger positionsbezogen die Neuzugänge aus. Dabei bringt sich Alex Schmidt konstruktiv in die Kaderplanung ein. Darauf liegt aktuell unser Fokus."

Die beiden Pole beim TSV 1860 sind heillos zerstritten. Auf der einen Seite Hasan Isamaik, der offenbar schlecht beraten in den maroden deutschen Fußball-Zweitligisten einstieg und viel Geld investierte. Und der nun mehrfach betonte, am liebsten viele der handelnden Personen auswechseln zu wollen, und dann schnellstmöglich den Aufstieg in die erste Liga zu schaffen. Nur dann darf er hoffen, sein Geld jemals wiederzusehen. Auf der anderen Seite stehen jene Vereinsvertreter, die Ismaik loswerden will. Die aber durch die 50+1-Regel im deutschen Fußball die letzte Entscheidungsgewalt innehaben und wenig Lust verspüren, sich selbst zu ersetzen.

Schäfer rechtfertigte während einer Pressekonferenz sein Vorgehen: "Wir sind ein Profverein, müssen unsere Planungen vorantreiben. Wie Herr Ismaik jetzt reagiert, ist seine Sache. Wir mussten jetzt zügig handeln." Und: "Von Ismaik haben wir noch keine Reaktion bekommen." Das war während einer Pressekonferenz um 12.30 Uhr. Scheeles Brief kam um kurz nach 13 Uhr.

Schon vorher hatte sich die nächste Kraftprobe angedeutet: Ismaik will auch Geschäftsführer Schäfer loswerden, der nun gegen den Willen des Investors die Verträge mit Hinterberger und Schmidt verlängerte. Doch auch hier dürfte Ismaik einen schweren Stand haben. Denn um Schäfer aus dem Klub zu werfen, müsste der Beirat des Vereins bis Ende Mai einen Beschluss dazu fassen. Sonst verlängert sich Schäfers Vertrag automatisch.

Die Personalie des Geschäftsführers ist von zentraler Bedeutung, weil dieser im Tagesgeschäft den Kurs vorgibt - und genau diesen Kurs will Ismaik geändert sehen. Er wünscht sich mehr Kompetenz und Professionalität vom "General Manager", ließ er seinen Cousin jüngst ausrichten. Für einen Beschluss braucht es eine Mehrheit. Im Beirat allerdings herrscht zwischen Ismaik und der Klub-Seite ein Patt und das heißt nach derzeitigem Stand: Alles bleibt, wie es ist. Also Schäfer im Amt. 1860 ist demnach am längeren Hebel. Ismaik hat mit seiner forschen Art offenbar die Angestellten in München-Giesing zusammengeschweißt.

Denn Schäfer selbst war noch vor nicht allzu langer Zeit im Klub selbst umstritten gewesen und Ismaiks Anwalt Scheele behauptet immer noch, dass 1860 selbst eine Ablösung von Sportchef Hinterberger ins Gespräch brachte. "Im Rahmen eines regen E-Mail-Verkehrs, der uns vorliegt, wurden am 1. April seitens der Vereinsführung 1860 München sogar konkrete Vorschläge unterbreitet", sagte Scheele und präzisierte: "Als Herr Monatzeder in Abu Dhabi war, kam von ihm das Thema Hinterberger auf die Agenda." Präsident Hep Monatzeder verzichtete vorerst auf einen Kommentar.

Ob der Stadtpolitiker Monatzeder (Grüne) und seine Kollegen im Klubpräsidium und im Aufsichtsrat allerdings einfach zu zusehen können, wie dieser Traditionverein den Bach runtergeht? Oder die Chefs von 1860 einen bislang unbekannten Alternativplan in der Tasche haben, wie der Klub ohne die Ismaik-Millionen überleben kann? Oder werden die Delegierten des Klubs bei ihrer Versammlung am 25. April das Präsidium um Monatzeder gleich wieder abwählen? Das Theater beim TSV 1860 ist jedenfalls längst noch nicht im letzten Akt.

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