Luka Modric zu Real Madrid:30 Millionen Euro gegen die Krise

Real Madrid reagiert auf den schlechtesten Saisonstart seit 1973 und verpflichtet den kroatischen Spielmacher Luka Modric. Das bringt die Fans vorerst auf andere Gedanken - und Mesut Özil einen neuen Konkurrenten um seinen Stammplatz.

Ralf Itzel, Madrid

Das Scheckheft und neue Helden sind bei Real Madrid schon immer die Antwort auf sportliche Krisen gewesen. Und auch diesmal hat der ruhmreichste Fußballverein der Welt Fans und Medien mit einem Einkauf auf andere Gedanken gebracht. Dem Ärger nach der peinlichen Niederlage am Sonntagabend beim Ligazwerg Getafe vor den Toren der Hauptstadt wurde am Montag durch die frohe Kunde Einhalt geboten, dass Luka Modric sich einreiht ins weiße Ballett.

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Applaus in Madrid: Luka Modric ist der neueste Einkauf von Real.

(Foto: AFP)

Der Spielmacher der kroatischen Nationalmannschaft kommt für etwa 30 Millionen Euro Ablöse (plus möglichen weiteren sieben Millionen leistungsabhängigen Nachzahlungen) von Tottenham Hotspur.

Um 11.40 Uhr schwebte Reals erster Saisonzugang in einem Privatjet von London aus auf dem Militärflughafen Torrejon ein. Nach der ärztlichen Visite unterschrieb der 26-Jährige einen Vertrag, der ihn für fünf Spielzeiten gegen ein Jahressalär von 4,5 Millionen Euro netto an Spaniens amtierenden Meister bindet. Anschließend durfte der 1,70 Meter kleine Feintechniker bei 32 Grad Hitze auf dem Rasen des Bernabeu-Stadions einen Ball jonglieren.

Dort hatten die neuen Kollegen vor zehn Tagen zum Saisonauftakt 1:1 gegen Valencia gespielt. Am Donnerstag wurde die Mannschaft im Hinspiel um den spanischen Supercup beim Pokalsieger und Lieblingsfeind Barcelona phasenweise vorgeführt und war mit dem 2:3-Endstand gut bedient. Nun also ist Real (etwa 500 Millionen Euro Saisonbudget) auch noch beim kleinen Getafe (40 Millionen) gestolpert. Solch einen Fehlstart hatte der Klub seit 1973 nicht mehr, damals landete Real am Ende auf Rang acht.

José Mourinho rang nach dem 1:2 nach Worten. "Ein schreckliches, inakzeptables Spiel" sei das gewesen, knurrte der Trainer und machte seinem Personal Vorwürfe: Organisatorisch sei im Klub und bei der Spielvorbereitung nichts zu verbessern, sagte der Portugiese, "aber dann existieren individuelle Fehler, und nicht jeder erfüllt seine Mission".

Tribut an die EM

Wegen seines abenteuerlichen Coachings steht er selbst aber auch unter Schuldverdacht: Am Ende wollte Mourinho den Ausgleich mit fünf Angreifern erzwingen, hatte als Passgeber aber nur noch den ordentlich agierenden deutschen Nationalspieler Mesut Özil auf dem Rasen. "Zu viele Esser für einen einzigen Ober", kritisierte die Sportzeitung As. Özil dürfte in Modric nun ein neuer Konkurrent erwachsen.

Özils DFB-Teamkollege Sami Khedira blieb in Getafe wie schon gegen Valencia auf der Bank. Nach der überragenden Leistung bei der Europameisterschaft fehlt ihm wie vielen anderen die Kraft. Mourinho will es geahnt haben: "Wir wussten, dass viele die EM spielen und bis ins Halbfinale kommen würden, dass die Vorbereitung kurz sein würde und unterbrochen von Freundschaftsspielen", sagt er, "nicht gerade ideale Bedingungen." Selbst Modellathlet Cristiano Ronaldo ist ausgepumpt.

Lionel Messi dagegen hat die EM nicht gespielt, der Argentinier erzielte am Sonntag für den FC Barcelona in Pamplona beim 2:1 gegen Osasuna zwei Tore, wie schon beim Auftaktsieg gegen San Sebastian. Dadurch hat Madrid nach zwei Spielen bereits fünf Punkte Rückstand. "Wir müssen die Dynamik schleunigst ändern", sagt Mittelfeldakteur Xabi Alonso. Möglichst schon am Mittwoch, dann kommen die Katalanen zum Rückspiel um den Supercup.

Dass Luka Modric seinem neuen Arbeitgeber da helfen kann, ist nicht zu erwarten. Um sich in Tottenham freizupressen, hat er die vergangenen 45 Tage alleine trainiert. Im jüngsten Testspiel mit Kroatiens Auswahl reichte die Luft nur für 25 Minuten, Modrics letztes komplettes Spiel war das am 18. Juni bei der EM gegen Spanien. Aber solche Details sind natürlich untergegangen im Wirbel um die Ankunft des neuen Heilsbringers.

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