Luis Suárez beim FC Barcelona:Beißer ohne Bauch

Barcelona's players Luis Suarez smiles during a training session at Joan Gamper training camp

Vier Monate ohne Profifußball: Luis Suárez.

(Foto: REUTERS)

Nach seiner Beißattacke war Barcelonas Angreifer Luis Suárez vier Monate gesperrt, nun kehrt er ausgerechnet im Spiel gegen Real Madrid zurück. Ist er fit? Der Clásico könnte auch ohne ihn so stürmisch enden wie lange nicht.

Von Oliver Meiler, Barcelona

Alle wollen ihn jetzt endlich spielen sehen, in Abwehrreihen wühlen und wuchtig drängen, Kopf gesenkt und bullig voran. Selbst die, die ihn fürchten, fußballerisch gesprochen natürlich, selbst die wollen ihn spielen sehen. Luis Suárez, der Welt auch als "Beißer" und "Pitbull" bekannt, seit er in Brasilien die Schulter des Italieners Giorgio Chiellini mit seinen Schneidezähnen vertraut gemacht hat, gibt am Samstagabend im Madrider Santiago Bernabéu gegen Real seinen Einstand mit dem FC Barcelona.

Ausgerechnet in einem Clásico also, im ersten der Saison obendrein. Und wenn auch nicht sicher ist, ob der 27-jährige Stürmer aus Uruguay von Beginn an spielen wird, so werden doch alle Kameras auf ihn gerichtet sein.

251 Ligatreffer

Wahrscheinlich werden sie Suárez' Mund heranzoomen und auf ein zahn- reiches Lächeln hoffen. Wahrscheinlich holen sie auch seinen Bauch etwas näher ran, von dem es kürzlich hieß, er sei dick gediehen in der jüngeren Vergangenheit. Barça dementierte umgehend: "Suárez ist nicht dick", sagte Trainer Luis Enrique vor versammelter Presse, "glaubt es doch! Oder erwartet ihr etwa von mir, dass ich ihn zum Fettabsaugen schicke?"

Vier Monate hat die Sperre der Fifa gedauert, vier Monate ohne Pflichtspiel, ohne Körperertüchtigung auf höchstem Niveau. Wenn einer so obsessiv Fußball spielt wie Suárez, muss eine solche Pause wie Entzug sein. Nun ist er endlich da - und gleich in einem Clásico, der wieder zur geschichtsträchtigen Veranstaltung hochgeschrieben und dramatisiert wird. Diesmal aber verzichten die beiden Vereine und ihre affinen Zeitungen aufs Sticheln, auf präventives Beschwören unabwendbarer Komplotte und psychologisch beeinflusster Schiedsrichter, wie das in den Jahren mit José Mourinho und Pep Guardiola der Fall gewesen war.

Stattdessen kreisen alle Debatten ums spielerische Spektakel in den Offensivabteilungen. Beide Teams erfreuen sich gerade einer besonders schönen Kreativphase. Das Toreschießen fällt beiden leicht, Madrid noch leichter als Barcelona, geradezu unverschämt leicht.

Ronaldos sagenhafte Quote

Real hat die jüngsten acht Spiele allesamt gewonnen und dabei pro Begegnung im Schnitt 4,3 Tore erzielt. Cristiano Ronaldo bringt es gerade auf eine Quote von fast zwei Treffern pro Spiel. In der Champions League traf er nun sogar gegen den FC Liverpool an der Anfield Road, was ihm davor nie gelungen war. Noch eindrücklicher aber als der schon überaus beeindruckende Weltfußballer tritt in diesen Wochen Karim Benzema auf, Reals französischer Mittelstürmer, der seine Kollegen mit so vielen brauchbaren Bällen versorgt, dass das Toreschießen allen wie im Traum gelingt.

Dahinter funktioniert inzwischen auch das rundum renovierte Mittelfeld mit Toni Kroos, Luka Modric, James Rodríguez und dem jungen Spanier Isco so reibungslos, als hätte es niemals an Gleichgewichtsstörungen laboriert. Der Weltmeister Kroos gibt mittlerweile als Chef und Stabilisator den würdigen Nachfolger von Xabi Alonso und wird von allen gelobt.

Barça wiederum schießt zwar etwas weniger Tore als Real, hat aber in der laufenden Liga noch kein einziges kassiert: 22 zu null, so lautet die Bilanz nach acht Spieltagen. Die Gefahr, dass dieser Rekord in Madrid endet, ist freilich durchaus real und wäre für die Katalanen wohl auch einigermaßen verkraftbar, wenn dafür ein anderer Rekord fiele: Einen Treffer braucht Lionel Messi noch, um die Allzeitbestmarke an Ligatoren von Telmo Zarra einzustellen. 251 Mal traf Zarra zwischen 1940 und 1955, immer für Athletic Bilbao. Es kann also gut sein, dass Messi diesen fast unerreichbar gewähnten Rekord ausgerechnet im Stadion des Rivalen und im Beisein seiner Nemesis Ronaldo egalisiert oder vielleicht sogar schlägt.

In Spanien fragt man sich deshalb nun, ob auch das Publikum im Madrider Bernabéu den "Floh" mit der angebrachten Ovation beglückwünschen würde, mit einer Hommage an dessen bemerkenswerte Karriere. Er ist ja erst 27. Es gibt Wetten und Umfragen zu diesem Thema. Das Klima wäre günstig, fast ganz frei von den üblichen Animositäten, geprägt von Sturm und Drang.

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