Für Spaniens Nationalmannschaft ist das Viertelfinale gegen Deutschland in Stuttgart auch ein Spiel gegen die Geschichte. Noch nie hat Spanien bei einer Europameisterschaft den jeweiligen Gastgeber schlagen oder auch nur ein Tor erzielen können. Bei der EM 1980 reichte es gegen Italien nur zu einem torlosen Unentschieden. Vier Jahre darauf verloren die Spanier (nachdem sie Deutschland ausgeschaltet hatten) das Finale gegen das Frankreich des Michel Platini 0:2.
1988 folgte ein 0:2 gegen Deutschland, es war gleichbedeutend mit der bislang letzten Pflichtspielniederlage Spaniens gegen Deutschland. 1996 unterlagen die Spanier gegen England (im Elfmeterschießen), 2004 setzte es ein 0:1 gegen Portugal. Was das bedeutet? Nichts, sagte Spaniens Trainer Luis de la Fuente am Donnerstagabend in Stuttgart. Man werde wie immer spielen: „Mit Freude, mit Selbstvertrauen, mit Sicherheit. Wir haben viel Fußball und viel Potenzial.“
Der Viertelfinalgegner des DFB-Teams hat das bei diesem Turnier bislang eindrucksvoll unter Beweis gestellt, teils brillante Vorstellungen waren gepaart mit nahezu makellosen Resultaten. Es gab lediglich ein Gegentor, und das schossen die Spanier selbst (Eigentor von Robin Le Normand gegen Georgien). Aber: Der Respekt vor der deutschen Mannschaft wird mit jeder Minute, die vergeht, größer.
Er habe nie gesagt, dass Spanien eine bessere Mannschaft als Deutschland habe, betonte De la Fuente bei der Pressekonferenz vor dem großen Duell. Seine Spieler tausche er jedenfalls „gegen niemanden ein, sie sind für mich persönlich die besten der Welt“. Heißt: Er würde nicht einmal Toni Kroos einbürgern wollen. Obschon er ihm maximalen Respekt abverlangt. „Wir wollten bei der Uefa beantragen, ihm die Füße zusammenzubinden, aber ich glaube nicht, dass sie es erlauben“, sagte De la Fuente im Scherz.
Weniger lustig findet er, dass zuletzt einige Elogen auf seine Mannschaft eingeprasselt sind. „Es sind so viele Lobhudeleien über uns hereingebrochen, dass ich das hier schon alles einmal in einen Kontext stellen möchte: Dies ist ein Finale – und sehr ausgeglichen.“
Dani Carvajal kritisiert die hohe Belastung für die Profis bei der EM
Was die Aufstellung anbelangt, gab sich De la Fuente wie gewohnt verschwiegen. Den Versuch, ihm zu entlocken, ob der Leipziger Dani Olmo in die Startelf rückt, lachte er nahezu kommentarlos weg. So viel nur sagte er: „Dani Olmo ist super vorbereitet. Wie alle.“ Wer sicher spielen wird, ist Rechtsverteidiger Dani Carvajal, mit 32 Jahren einer der älteren Spieler im Kader Spaniens. Der Profi von Real Madrid betonte die Ausgeglichenheit, die zwischen beiden Mannschaften herrsche, überbrachte dem Gastgeber seinen tiefen Respekt und gab sich gewiss, dass in Stuttgart ein „heißes“ Ambiente auf den Rängen herrschen werde. Vor allem hatte Carvajal ein paar Grußbotschaften an den Ausrichter Uefa parat.
Was die Motivation anbelangt, sei er zwar auf dem höchsten Niveau, er hoffe, das Turnier ende für seine Mannschaft mit einer Finalteilnahme in Berlin. „Ich werde morgen auf den Platz gehen und meinen Gegner auffressen wollen“, versicherte Carvajal. Aber eigentlich dünkt ihm nach Urlaub: „Es ist unmöglich, dass die Spieler ihr Niveau halten, wenn sie alle drei Tage spielen müssen. Carvajal betonte: Sowohl die Uefa als auch der Weltverband Fifa sollten sich vor Augen führen, dass kein Spieler sechzig Spiele im Jahr spielen kann.“