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Luca Toni soll Juventus verlassen:Abschied eines Lebemannes

Luca Toni ist einer der letzten Spieler der Serie A, die mit Wein, Weib und Gesang noch etwas anfangen können. Bei Juventus Turin kommt der frühere Bayern-Stürmer kaum noch zum Einsatz, die Zeichen stehen auf Abschied. Doch ihm sollen Angebote vorliegen: aus Italien, England und den USA.

Birgit Schönau, Rom

Natürlich schießt Luca Toni noch Tore. Am vorigen Mittwoch etwa: Zwei Treffer, einer per Kopf, der nächste ein Flachschuss, Juventus gewann 7:1. Dass Toni trotzdem lieber darauf verzichtete, jubelnd am rechten Ohr zu schrauben, lag am Gegner - Calcio Lecco aus der vierten Liga. Juve hatte zum Freundschaftsspiel geladen, als Beschäftigungstherapie für alle, die nicht mehr zum Zug kommen, wenn es ernst wird.

Neben Toni war Alessandro Del Piero der prominenteste Torschütze, auch er ein Weltmeister von 2006, auch er inzwischen kurz vor Schluss seiner Karriere in Turin. Toni und Del Piero waren weder am Samstag mit von der Partie, als sich Juventus mit dem 1:0 gegen Lazio Rom die Tabellenführung übernahm.

Noch werden die beiden an diesem Dienstag in Neapel auf dem Platz stehen, beim Nord-Süd-Klassiker gegen den SSC. Dafür ist Juve vs. Napoli viel zu heikel und viel zu wichtig.

Wenn Karrieren zu Ende gehen, hat das fast immer etwas Melancholisches. Aber Melancholie ist nichts für Luca Toni. Eher ist der 34-Jährige die letzte Galionsfigur der nicht nur im Fußball massiv vom Aussterben bedrohten Spezies der Lebemänner. Der kulturelle Niedergang des calcio zeigt sich auch darin, dass nur wenige Serie-A-Spieler noch wissen, wie man Wein, Weib und Gesang buchstabiert.

Toni aber hat erst kürzlich dem Lambrusco derart fröhlich zugesprochen, dass er für drei Monate den Führerschein los ist. "Der Alkoholtest ergab mit 0,6 Promille eine geringfügige Überschreitung des zulässigen Höchstwertes von 0,5 Promille", gab Juventus humorlos bekannt. Nicht ohne hinzuzufügen, dass Toni in einem Restaurant in Modena den Jahrestag der Verlobung mit Gefährtin Marta gefeiert habe. Und dazu gehört Rotwein. Mindestens.

Anders als Del Piero beklagt sich Toni nicht darüber, dass er nicht zum Einsatz kommt. Es lebt sich nicht schlecht in Turin, besonders, wenn das Stillhalten mit einem Monatsgehalt von 260.000 Euro netto vergütet wird.

Sein alter Verein US Palermo zeigte sich interessiert, den Ausgemusterten im Januar zu übernehmen, auch Napoli liebäugelte mit dem Stürmer. Wenn er nur etwas billiger wäre! Toni sagt nichts zu den Wechselgerüchten.

Erst vor elf Monaten war er am Hof der "Alten Dame" Juve angekommen, seine vierte Station in einem Jahr - nach Bayern, dem AS Rom und CFC Genua. Er brachte es in fünf Monaten auf zwei Tore, doch Juves neuer Trainer Antonio Conte ist kein Freund des Strafraumstürmers. Conte lässt Juventus kernigen Angriffsfußball spielen, das wirkt auch nicht besonders modern, aber es ist wenigstens Bewegung darin. Bewegung ist nicht Tonis Stärke.

Am Ende der Saison läuft sein Vertrag aus. Angeblich bemüht sich mindestens ein Klub der Premier League um ihn, gerüchteweise auch ein Verein in den USA. Für Letzteres spricht: Wer einen alternden Toni will, befindet sich sportlich oft in Nöten.

Denn Toni bedeutet Erste Hilfe im Strafraum, der Mann bringt immer irgendwie den Ball ins Tor, vermutlich auch beim Klub Nummer 14, wenn man ihn dort nur bezahlen kann. Er wolle seine Karriere zu Hause beenden, hat Luca Toni früher gesagt, und das ist ihm ja auch gelungen. Im Januar sieht man dann weiter.

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SZ vom 29.11.2011/mkoh
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