Rückkehr von Louis van Gaal:"Wer soll es denn sonst machen?"

Lesezeit: 2 min

Louis van Gaal: Will jetzt natürlich auch Weltmeister werden (Foto: Robin Van Lonkhuijsen/dpa)

Fünf Jahre als Rentner sind genug: Louis van Gaal ist mal wieder Nationaltrainer der Niederländer. Bei seinem Amtsantritt versprüht der 70-Jährige jenes Selbstbewusstsein wie einst beim FC Bayern.

Von Johannes Kirchmeier

Es war der scharfsinnige Philipp Lahm, der einst in der Sommerpause über seinen künftigen Coach beim FC Bayern München sagte: "Der absolut wichtigste Transfer ist der Trainer." Gemeint hatte er damals weder Pep Guardiola noch Carlo Ancelotti, zwei Titelsammler vom Dienst, denn die kamen erst später. Sondern: Louis van Gaal. Der FC Bayern lag 2009 darnieder, das Experiment mit dem früheren Bundestrainer Jürgen Klinsmann und einigen kulturellen Reformen samt Buddha-Statuen am Vereinsgelände war gescheitert. Die Münchner sehnten sich nach einem Coach, der sie Spielkultur lehrt. Lahm wusste früh: Da kommt einer, der das kann.

Robert Andrich bei Bayer Leverkusen
:Ein Sherpa für Leverkusens Talente

Bayer Leverkusen setzt seine Einkaufstour fort und verpflichtet Piero Hincapié und Robert Andrich. Letzterer könnte sich als wichtigster Leverkusener Transfer in diesem Sommer entpuppen.

Von Ulrich Hartmann

Dass der niederländische Fußballtrainer Aloysius Paulus Maria van Gaal sein Handwerk versteht, ist mittlerweile auch allen anderen Fußballinteressierten bekannt. Er hat dem FC Bayern von Sommer 2009 bis April 2011 jenen ballbesitzorientierten Fußball beigebracht, den Jupp Heynckes und Guardiola weiterentwickelten, und den der Verein in seinen Grundzügen bis heute erfolgreich spielt. "Louis van Gaal ist rein fachlich gesehen einer der besten Trainer der Welt", sagte der Vereinspatriarch Uli Hoeneß. In München hat van Gaal nicht nur gelehrt, sondern Titel auch bejubelt, indem er sich zum "Feierbiest" ernannte. Am Muttertag 2010 verteilte er bei der Meisterschaftsfete auf dem Rathausbalkon "ein dicke Kuss" an die "Mutti". Er brüllte die Worte ins Mikrofon.

Es war Ausdruck eines Selbstbewusstseins, das er auch zuvor schon offenbarte: Als er eine Lederhose anprobierte, fand van Gaal, dass er darin aussehe wie Gott. Letztlich vertrug sich dieses Selbstbild nicht länger als knapp zwei Jahre mit dem von Hoeneß, des Hauptgottes im Verein. Doch es führte van Gaal im Laufe seines Berufslebens an die größten Fußballorte Europas: Er wirkte beim FC Barcelona, bei Manchester United, und mit Ajax Amsterdam hatte er schon 1995 die Champions League gewonnen.

In München ließ er einmal seine Hosen herunter

Was ihm überhaupt nicht gelingt: in den Ruhestand zu gehen und dort zu bleiben. Seiner Frau Truus kündigte er einst an, mit 55 Jahren aufzuhören, später hob er sein Rentenalter auf 65 an. Nun hat sich van Gaal entschieden, nach fünf Rentnerjahren zum dritten Mal als niederländischer Nationaltrainer anzutreten, als 70-jähriger Nachfolger von Frank de Boer, 51, der einst unter van Gaal kickte. Am Dienstag hielt er seine Antrittsrede. Er sagte: "Wer soll es auch sonst machen?" Sein Ziel sei es, Weltmeister zu werden. "Ich mache es nicht für mich selbst, sondern um den niederländischen Fußball auf ein höheres Niveau zu bringen." Van Gaal altruistisch? Sagen wir's mal so: Noch nie haben ein niederländischer Trainer und das Land eine WM gewonnen.

Van Gaal hat den Fußball so sehr seziert, dass er ein Buch ("Vision") darüber schreiben musste. Und trotzdem greift er in seiner Arbeit auch auf antiquierte Methoden zurück: Einmal stand er in München mit heruntergelassenen Hosen vor der Mannschaft. "Der Trainer wollte uns klarmachen, dass er jeden Spieler auswechseln kann - egal, wie er heißt, weil er Eier hat", berichtete der Stürmer Luca Toni hinterher. Manche Spieler irritierte dieser Umgang, Toni war bald weg. Andere hat van Gaal erst erfunden: Der Raumdeuter Thomas Müller wäre ohne ihn vielleicht nie in Strafräumen aufgetaucht. "Müller spielt immer!", sagte der Coach vor elf Jahren. Die Devise gilt bis heute.

Als sich van Gaal vor zwölf Jahren in München vorstellte, sagte er: "Das bayerische Lebensgefühl passt mir wie ein warmer Mantel. Warum? 'Mia san mia', wir sind wir - und ich bin ich: selbstbewusst, arrogant, dominant, ehrlich, arbeitsam, innovativ!" Die Worte "dominant" und "arrogant" lösten Schlagzeilen in Deutschland aus, die er später nicht mehr so recht einfangen konnte. Es wird sich weisen, ob van Gaal sich nun den Weg bereiten oder selbst in demselben stehen wird. Dass er zu beidem fähig ist, hat er mehrmals gezeigt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Ruud Krol über Gerd Müller
:"Sich auf Müller vorzubereiten, war unmöglich"

Ruud Krol, im WM-Finale 1974 Gerd Müllers Gegenspieler und beteiligt an dessen wichtigstem Karrieretor, erinnert sich an einen unglaublichen Strafraumstürmer.

Von Javier Cáceres

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: