Louis van Gaal bei Manchester United:Zwei Riesenegos wollen Geschichte schreiben

Bayern Muenchen v Manchester United - UEFA Champions League

Louis van Gaal wird Trainer bei Manchester United

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der eine hält sich für den besten Trainer des Planeten, der andere sieht sich als bester Klub der Welt: Louis van Gaal und das zuletzt schwächelnde Manchester United haben zueinander gefunden. In Old Trafford ist damit ein Stimmungsumschwung garantiert.

Von Jonas Beckenkamp

Über den Fußballtrainer Aloysius Paulus Maria "Louis" van Gaal ist zu sagen, dass er gerne mal einen raushaut. 2010 zum Beispiel gab er als Trainer des FC Bayern ein Sponsoren-Interview und schon wurde es zum Schreien komisch. In Anwesenheit seiner Ehefrau erklärte der Holländer entwaffnend ehrlich: "Truus ist sehr lieb. Sie kennt mich, ich will verwöhnt werden. Und das macht sie sehr gut. Wichtig ist auch, dass wir noch regelmäßig Liebe machen."

Kleine Schlüpfrigkeiten und große Sprüche: Van Gaal, der einmal sogar vor versammelter Mannschaft in der Bayern-Kabine die Hosen runter gelassen haben soll, gilt als so unerschrocken wie eine Horde schottischer Bravehearts.

Den italienischen Stürmer-Lebemann Luca Toni? Schickte der Coach kurzerhand ins Amateurteam der Münchner. Seine eigenen Töchter? Müssen "Mijnheer" siezen. Barcelonas Locken-Enthusiast Carles Puyol? Solle sich doch bitte mal einen Haarschnitt leisten. Louis van Gaal, das haben auch die Deutschen schnell gelernt, hält sich für größer als das Leben - und vielleicht ist er das ja wirklich. Seine Vita erweitert sich nun um ein neuerliches Kapitel.

Als erster Trainer vom europäischen Festland und als krasser Gegenentwurf zu seinem gescheiterten Vorgänger David Moyes will der gebürtige Amsterdamer kommende Saison Manchester United aufpäppeln. Die ersten überlieferten Statements des selbst erklärten "Feierbiests" ließen keinen Zweifel: Hier hat einer richtig Lust, es noch einmal allen zu zeigen. "Der Verein hat große Ambitionen. Ich auch. Ich bin mir sicher, dass wir gemeinsam Geschichte schreiben werden", sagte er.

So ähnlich klang das 2009 in München auch: "Mia san mia, wir sind wir und ich bin ich. Selbstbewusst, arrogant, dominant, ehrlich, arbeitsam, innovativ, aber auch warm und familiär. Ich erkenne meine Persönlichkeit in diesen Begriffen und deshalb, denke ich, dass ich hier her passe."

Am Montagnachmittag bestätigte ManUnited, dass man sich mit dem vielgereisten Altmeister auf einen Dreijahresvertrag geeinigt habe. Und es gibt weitere Umstrukturierungen im Verein.

Der ewige United-Hero Ryan Giggs erklärte seine Karriere als Spieler offiziell für beendet, er fungiert künftig als van Gaals Adjudant an der Seitenlinie. Nach 963 Einsätzen für den Klub seit 1991 wird der 40-Jährige in der kommenden Spielzeit Co-Trainer - da geriet er glatt ins Schwärmen: "Ich bin begeistert, die Chance zu haben, als Co-Trainer zu arbeiten. Louis van Gaal ist ein Weltklasse-Trainer. Ich weiß, ich werde viel von ihm lernen."

Hoffen auf den Umschwung

Im Nordwesten Englands sind diese Veränderungen geradezu erdrutschartig, schließlich galt Giggs ebenso wie zuvor der jahrzehntelang erfolgreiche Sir Alex Ferguson als Monument. Doch zuletzt hatte Uniteds Ruhm ein paar Kratzer bekommen. Die vergangene Saison schloss man nur als Tabellensiebter ab, als Folge verpasste der Verein zum ersten Mal seit 25 Jahren einen europäischen Wettbewerb. Solche Kalamitäten sollen sich bloß nicht wiederholen - mit dem Riesenego van Gaal ist zumindest ein Stimmungs-Umschwung gewiss.

"Wir haben uns einen herausragenden Coach gesichert", sagte Vorstandsmitglied Ed Woodward und betonte: "Das Old Trafford bietet ihm die passende Bühne, auf der er neue Kapitel in der Vereinsgeschichte schreiben kann". Bereits nach der Trennung des unglücklichen Moyes hatten sich viele Mancunians einen erfahrenen, glamourösen Übungsleiter gewünscht - einen, der dem "Theater der Träume" wieder Inspiration verleiht.

Historisch und großspurig darf es also gerne zugehen, darunter haben sie es nicht so gern bei United, dem "größten Klub der Welt", wie van Gaal selbst sagt. Der beste Verein (so der Glaube im Königreich) und der gefühlt beste Coach des Planeten, vielleicht musste es so kommen. Bis es so weit ist, will der 62-Jährige aber noch schnell etwas anderes erledigen: Mit der niederländischen Nationalelf reist van Gaal in Kürze nach Brasilien zu einem nicht ganz unbedeutenden Fußballturnier.

Bei der WM treffen die Holländer in der Vorrunde auf Spanien, Chile und Australien - mit Kapitän Robin van Persie, der auch für United stürmt, wird van Gaal in Zukunft also noch mehr Zeit verbringen. Damit die auch Erfolge bringt, bekommt der Neue von den amerikanischen Besitzern des Klubs ein hübsches Sümmchen gestellt, um einkaufen zu gehen. Die Rede ist von bis zu 100 Millionen Euro.

Der Daily Mirror wusste an diesem Dienstag sogar schon, welche Mitbringsel geplant sind: Aus Leverkusen soll Lars Bender kommen, aus Barcelona will man sich Flügeldribbler Cristian Tello angeln - damit der neue Trainer endlich wieder offensiven United-Fußball spielen lässt.

In England ist die Vorfreude auf den "larger than life"-Charakter van Gaal (Daily Mail) ohnehin enorm. Während der Guardian ihm eine ganze Themenseite widmet, freuen sich die Schreihals-Medien wohl vor allem auf die ersten Ausraster oder Intimberichte des redseligen Holländers. Denn natürlich wird van Gaals Frau Truus ihren Gatten auf die Insel begleiten.

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