FC Liverpool gegen United:Ein Spiel, in dem alles zusammenfällt

Das gab's noch nie: Das 7:0 des FC Liverpool gegen ManUnited ist der höchste Sieg der "Reds"-Geschichte gegen den lokalen Rivalen. Auch Mo Salah gelingt ein Rekord - und Jürgen Klopp gerät ins Schwärmen.

Von Sven Haist, London

Sieben Tore des FC Liverpool gegen Manchester United? Vor lauter Ungläubigkeit bejubelte Jürgen Klopp den siebten Treffer seiner Mannschaft nicht mal richtig, obwohl er sonst jedes Tor so enthusiastisch feiert, als wäre es das letzte seiner Trainerkarriere. Er drehte sich am Seitenrand zu den ekstatischen Fans um. Sekundenlang ließ er ihre Glückseligkeit auf sich wirken.

In diesem Moment schien sich wieder einmal das Himmlische mit dem Irdischen zu verbinden, das mythische Stadion an der Anfield Road mit dem Leidenschaftsklub Liverpool. 7:0 - ein Jahrhundertergebnis! Nie hatten die Reds höher über den Erzrivalen triumphiert. 1895 gab es mal ein 7:1, als beide Klubs in der zweiten Liga kickten. Ein Wahnsinnsresultat sei das, jubelte Klopp und merkte süffisant an, der Tag fühle sich wie "aus einer anderen Saison" an. Die Leistung entsprach eher nicht der durchwachsenen Spielzeit, die seine Elf bisher hinter sich hat. Die Reds schlossen dadurch zu den Champions-League-Rängen auf, bei einem Spiel weniger fehlen nur noch drei Punkte auf das viertplatzierte Tottenham.

Manchester United? Ein 0:7 erlitt der Rekordmeister zuletzt vor 91 Jahren gegen Wolverhampton. Dies sei "keinesfalls Manchester United" gewesen, schimpfte Trainer Erik ten Hag erbost. Die "wirklich schlechte" Leistung seiner Mannschaft prangerte er als "unprofessionell" an. Trotz klaren Rückstands spielten die Gäste, die in der Vorwoche mit dem League-Cup-Sieg den ersten Saisontitel gewonnen hatten, bis zum Schluss naiv nach vorne und ließen sich wiederholt auskontern. Der frühere United-Kapitän Gary Neville polterte am Sky-Mikrofon, die Spieler seien "lebendig aufgefressen" worden. In Anlehnung an "Heaven and Hell", Himmel und Hölle, titelte die Sun: "Seven and Hell".

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft fielen in diesem Spiel für Liverpool quasi zusammen - repräsentiert durch die Torschützen Cody Gakpo (43./50.), Darwin Núñez (47./75.), Mohamed Salah (66./83.) und Roberto Firmino (88.). Für die Vergangenheit steht der 31 Jahre alte Firmino, der vor dem Match angekündigt hatte, seinen auslaufenden Vertrag zum Saisonende nicht zu verlängern. Neun Minuten nach seiner Einwechslung erzielte er das historische siebte Liverpool-Tor, fast ein Abschiedstreffer. Die Anhänger feierten ihn frenetisch, als er nach Aufforderung der Mitspieler allein vor die Fankurve trat.

In Firminos Position wächst immer mehr der ähnlich ballgewandte, im Winter aus Eindhoven geholte Gakpo hinein. Ihm gehört ebenso die Zukunft in Liverpool wie dem sich auf Linksaußen festspielenden Núñez; beide sind erst 23. Núñez' Dynamik und Torgefährlichkeit erinnern an seinen Vorgänger Sadio Mané, dazu verfügt der Uruguayer über ein gutes Kopfballspiel - wie sein Doppelpack per Kopf jetzt unterstrich.

Die Gegenwart heißt aber weiterhin: Mo Salah. Mit 129 Treffern ist der Ägypter der neue Rekordschütze des Klubs in der Premier League. Die Bestmarke sei "sehr speziell", sagte er, er habe sie stets "im Kopf" gehabt, seitdem er das Trikot des Vereins trage. Den besonderen Anlass werde er im Kreis seiner Familie "mit Kamillentee" feiern. Salah zeichne "wahre Größe" aus, fand Klopp. Nach Spielende verneigte sich der deutsche Coach auf dem Platz vor seinem Stürmer und zog den Hut, beziehungsweise: seine charakteristische Kappe.

Gleichzeitig wurde Klopp selbst mit Sprechgesängen bedacht. Gerade mal einen Monat ist es her, dass ihm in England ziemlich unverhohlen vorgehalten wurde, seine mittlerweile achtjährige Amtszeit als Trainer in Liverpool neige sich dem Ende zu. Bei seinen vorherigen Stationen in Mainz und Dortmund hatte Klopp jeweils nach sieben Jahren aufgehört. Vielleicht war dieser Abend gegen United ein Signal, dass die Klopp-Ära am Mersey River doch noch etwas andauert.

Zur SZ-Startseite
WC2002-MATCH64

SZ PlusInterview mit Ronaldo
:"Tore sind für mich wie Kinder. Wie sollte ich einen Sohn mehr lieben als den anderen?"

Ronaldo Luís Nazário de Lima, einer der besten Stürmer der Fußballgeschichte, erwartet von Brasilien eine große WM. Wer der beste Spieler war? Wer der echte Ronaldo ist? Seine Botschaft lautet: Toleranz. Nur Messi sollte nicht Weltmeister werden.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: