Liverpool in der Premier League:Klopps 2:2-Niederlage

Jürgen Klopp

Jürgen Klopp wirkte nicht ganz zufrieden mit der Vorstellung seines Teams gegen Fulham.

(Foto: Mike Hewitt/Getty Images)

Am ersten Spieltag in England kommt der FC Liverpool nur zu einem Remis beim kessen Aufsteiger Fulham. Immerhin gibt Stürmer Darwin einen sehenswerten Einstand - und zeigt, dass Jürgen Klopp mit ihm mehr Optionen hat.

Von Felix Haselsteiner

Wie ein guter Stürmer zu spielen hat, weiß man in Craven Cottage. Dass der FC Fulham an diesem Samstag nach einem Jahr in der zweiten Liga seinen Wiedereinstand in der Premier League geben konnte, lag zu großen Teilen an Alexander Mitrović, einem beispielhaft klassischen Stürmer, der in der vergangenen Saison in der Championship einen neuen Torrekord aufstellte: 43 Mal traf der Serbe in 46 Spielen. Er musste sich dennoch zuletzt gefallen lassen, dass man ihm die Premier-League-Tauglichkeit absprach. Er sei zu langsam, sein Spielertyp längst nicht mehr gefragt und gegen die Defensive der Spitzenvereine würde er nicht treffen. Derartige Vorwürfe musste Mitrović sich anhören. Er antwortete dementsprechend.

Zwei Tore hat der 27-Jährige am ersten Spieltag erzielt und war damit zum einen hauptverantwortlich für die erfolgreiche Rückkehr des FC Fulham in die Premier League - und zum anderen für den Fehlstart des FC Liverpool. Das 2:2 beim Aufsteiger an der Themse in London war nicht der Auftakt, den Jürgen Klopp sich erhofft hatte. Immerhin aber lieferte er ein erstes Indiz dafür, wo in dieser Saison Liverpools Stärken liegen könnten und woran es noch fehlt.

Auch für Klopps Mannschaft nämlich war es ein fußball-zeitgeschichtlich wertvolles Spiel. Der Abschied von Sadio Mané bedeutete die Auflösung des Sturmtrios, das eine der erfolgreichsten Perioden der Vereinsgeschichte geprägt hatte und damit auch eine neue Ära - die allerdings mit manch Altbekanntem begann. Klopp setzte in seiner Startformation auf Manés langjährige Partner Mohamed Salah und Roberto Firmino, dazu kam nun Luis Diaz. Im Umkehrschluss bedeutete das wiederum, dass Zugang Darwin Núñez wie schon vor einigen Tagen beim 3:1 im Community Shield gegen Manchester City vorerst auf der Bank blieb.

Die Partie ist fußballerisch hochklassig und keineswegs einseitig. Fulham agiert furchtlos, Klopp klagt über die Einstellung seines Teams

Liverpool versuchte es in der ersten Halbzeit mit dem gewohnten Kombinationsfußball gegen die gut organisierte Defensive der Londoner. Klopp hatte bereits vor dem Spiel darauf hingewiesen, dass die Mannschaft von Marco Silva nicht mit dem klassischen britischen Zweitligafußball aufgestiegen war, sondern mit einem modernen Defensiv- und Offensivspiel. In gewisser Weise sind Silva und Mannschaften wie Fulham das Produkt der Entwicklung im englischen Fußball, die Klopp und Pep Guardiola in den vergangenen Jahren angestoßen hatten.

Das war zu sehen: Die Partie war fußballerisch hochklassig und keineswegs einseitig. Fulham kam immer wieder zu Gelegenheiten, drückte Liverpool teilweise sogar in die eigene Hälfte zurück und ging in der 32. Minute durch einen Kopfball von Mitrović in Führung. Die erste Halbzeit sei "nahezu perfekt" gewesen, sagte Silva nach dem Spiel: "Wir waren von Anfang bis Ende hervorragend organisiert." Auf der anderen Seite war Klopp nicht nur fußballerisch enttäuscht: "Unsere Einstellung hat von Beginn an nicht gestimmt."

Liverpool in der Premier League: Aleksandar Mitrović erzielt die Führung für Fulham mit dem Kopf.

Aleksandar Mitrović erzielt die Führung für Fulham mit dem Kopf.

(Foto: Justin Tallis/AFP)

Man habe daher bereits nach einer Viertelstunde versucht, etwas umzustellen, doch der echte Wandel folgte erst in der 51. Minute, als Núñez für Firmino aufs Feld kam. Mit dem wuchtigen, schnellen Stürmer im Zentrum veränderte sich die komplette Statik des Liverpooler Spiels. Während der Brasilianer in fast jeden Angriff eingebunden ist, steht Núñez eher am Ende der Kombinationen bereit zum Abschluss. Ein kurzer Blick in die Statistiken genügt, um die Unterschiede darzustellen: Firmino spielte in der ersten Halbzeit 24 Pässe und gab keinen Schuss aufs Tor ab. Núñez hingegen spielte sieben Pässe, schoss dafür aber vier Mal aufs Tor - einmal sehenswert mit der Hacke, nach einer flachen Flanke, zum 1:1 in der 64. Minute.

Liverpool wirkt ohne die üblichen Flachpass-Kombinationen zwar nicht mehr so kontrolliert im vorderen Drittel - dafür aber gefährlicher

Im besten Fall verändert der Zugang von Benfica Lissabon das Liverpooler Spiel so wie in den 20 Minuten nach seiner Einwechslung. Mit Halbfeldflanken und Schnittstellenpässen traktierte Liverpool die Defensive des Aufsteigers, die zwar in den Bodenduellen Antworten fand, nicht aber in der Luft. Liverpool wirkte ohne die Flachpass-Kombinationen zwar nicht mehr so kontrolliert und präzise im vorderen Drittel, dafür aber gefährlicher. Mitten in die Druckphase hinein allerdings wurde Mitrović von Virgil van Dijk im Strafraum gefoult und verwandelte den gerechtfertigten Elfmeter zum 2:1, Liverpool musste nun erneut zurückkommen.

Liverpool in der Premier League: Erstes Saisonspiel für Liverpool, erstes Tor: Darwin Núñez (links) erzielt das 1:1 beim FC Fulham.

Erstes Saisonspiel für Liverpool, erstes Tor: Darwin Núñez (links) erzielt das 1:1 beim FC Fulham.

(Foto: Justin Tallis/AFP)

Es brauchte eine weite Flanke von rechts, um zu antworten: Núñez kam in der Zentrale an den Ball, seine Annahme wurde zur Vorlage für Salah, der das 2:2 erzielte (80. Minute). In den finalen Minuten hätte Jordan Henderson mit einem Distanzschuss beinahe noch den Siegtreffer erzielt, er traf aber nur die Latte. Die Leistung sei "massiv verbesserungswürdig", lautete Klopps ätzendes Fazit. Das Unentschieden sei gerechtfertigt, "mehr haben wir auch nicht verdient. Es fühlt sich wie eine Niederlage an".

Wie lang wird es dauern, bis Liverpool die richtige Mischung gefunden hat zwischen Ballkontrolle und Attacke?

Eine Erkenntnis des ersten Premier-League-Spiels ist also, dass Liverpool mit einem klassischen Stürmer im Zentrum neue Qualitäten hinzugewonnen hat. Fraglich ist, wie lang es dauern wird, bis die richtige Mischung gefunden ist zwischen der Ballkontrolle mit Firmino und den Abschlussqualitäten mit Núñez . Den Luxus der zwei Varianten hat Klopp in dieser Saison.

Ein Luxus, den nicht alle brauchen. "Wer denkt, Mitro ist nur seine Tore wert, kann es gleich vergessen", sagte Fulham-Trainer Silva. Die statistische Bilanz seines Stürmers dürfte nicht nur die Kritiker ruhigstellen, sie war auch das Beste aus den beiden Welten, zwischen denen Liverpool wandelte: Mitrović spielte 28 Pässe und schoss dreimal aufs Tor.

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