Liverpools 4:0 gegen Barcelona:In Anfield fliegt alles weg

  • Der FC Liverpool schafft Unglaubliches gegen Barcelona: Im Halbfinal-Rückspiel der Champions League gelingt ein 4:0.
  • Damit erreicht Klopps Team nach dem 0:3 im Hinspiel das Finale.
  • Die Anfield Road erlebt einen denkwürdigen Abend.

Von Javier Cáceres, Liverpool

Der FC Liverpool des deutschen Trainers Jürgen Klopp hat sich gegen jegliche Prognosen und nahezu sämtliche historische Beispiele für das Endspiel der Champions League qualifiziert. Dank einer unschlagbaren Allianz mit dem Publikum an der Anfield Road drehte Liverpool am Dienstag das 0:3 aus dem Hinspiel aus der Vorwoche und schaltete den FC Barcelona durch ein 4:0 (1:0) aus - durch jeweils zwei Tore von Divock Origi und Georginio Wijnaldum, die üblicherweise Statistenrollen einnehmen. Für Liverpool ist es das zweite Champions-League-Finale in Serie. Im vergangenen Jahr war Liverpool in Kiew an Real Madrid gescheitert. Barcelona wartet nach seinem Blackout von Anfield nun schon seit 2015 auf einen Königsklassentitel.

Die Hoffnungen Liverpools waren nicht sonderlich groß gewesen. Die Stürmer Roberto Firmino und Mohamed Salah fielen am Dienstag verletzt aus, zudem mussten die Reds am Montagabend den Schock verdauen, dass Vincent Kompany, ein früherer Hamburger, Manchester City mit einem Gewaltschuss in den Winkel zum Sieg gegen Leicester und damit aller Voraussicht nach zur Meisterschaft schoss.

Auch statistisch betrachtet waren die Chancen karg: Nur zwei Mal in der Geschichte der Königsklasse wurden Dreitore-Vorsprünge in einem Halbfinale aufgeholt, zuletzt 1986 durch den FC Barcelona. Doch dann zündete Liverpool zu Beginn der Partie die erste Brandbombe - zum Zeichen, dass man gewillt war, all die empirischen Erfahrungswerte in die Luft zu jagen.

Messi verfehlt das Tor mehrfach knapp

Es dauerte 53 Sekunden, bis Liverpool erstmals gefährlich vor das Tor von Barcelonas deutschem Schlussmann Marc-André ter Stegen kam. Und in der 7. Minute dann zur Führung. Sadio Mané fing eine Kopfballrückgabe von Barças Linksverteidiger Jordi Alba ab, bediente Kapitän Jordan Henderson, der sich durch den Strafraum tankte und Pech hatte, mit seinem Schuss an ter Stegen zu scheitern. Doch den Abpraller setzte der Divock Origi, der im vergangenen Jahr noch beim VfL Wolfsburg zur Leihe dilettiert hatte, ins Netz.

Es dauerte, bis Barcelona seinem Ziel näherkam: die Temperatur des Spiels auf den Fahrenheit-Wert zu drosseln, der im zugigen Stadion herrschte. In der 14. Minute reihte Barcelona erstmals mehr als drei Pässe aneinander und brachte Lionel Messi prompt in Schussposition. Liverpools Torwart Alisson lenkte den Schuss des Barça-Kapitäns mit einer prächtigen Parade über die Querlatte.

Es war der Auftakt gleich mehrerer Torgelegenheiten Barcelonas: Erst musste Joel Matip vor Messi retten, dann dirigierte Torwart Alisson einen Schuss Coutinhos nach Messi-Solo zur Ecke, Messi selbst setzte einen Schuss vom Sechzehner knapp neben das Tor. Liverpool antwortete dem Stakkato mit einem Außenristschuss von Kapitän Henderson aus 14 Metern und einem Gewaltschuss von Linksverteidiger Andy Robertson, den ter Stegen prächtig abwehrte. Danach lebte die Partie vor allem von der Aufopferung Vidals, der insbesondere Mané entnervte.

Wijnaldums Show in der zweiten Halbzeit

Zur Halbzeit war Klopp gezwungen, umzustellen. Georginio Wijnaldum kam für den verletzten Robertson. Doch das Spiel nahm sofort wieder den Thrill aus der ersten Hälfte auf: Ter Stegen parierte einen Absatzkick von van Dijk aus fünf Metern, auf der anderen Seite hielt Alisson ähnlich formidabel gegen Luis Suárez (52.).

Dann folgte Wijnaldums Show: Nachdem er in Barcelona als Mittelstürmer aufgeboten worden war und keinen Torschuss abgegeben hatte, ließ er am Dienstag binnen zwei Minuten zwei Treffer folgen: Nach einem Fehler von Alba passte Alexander-Arnold ins Strafraumzentrum, wo Wijnaldum aus vollem Lauf abschloss (55.). Eine Minute später war der Niederländer mit dem Kopf zur Stelle. Nach einer Flanke des Schweizers Xherdan Shaqiri von links jagte er den Ball gegen die Laufrichtung ter Stegens ins Netz. Und Anfield hatte Barcelona dort, wo man den spanischen Meister nicht vermutet hätte: in einem Zustand der Angst.

Es war fast körperlich spürbar, dass die Spieler Barcelonas der Gedanke an das Vorjahr beschlich. Dort hatten sie ebenfalls ein Drei-Tore-Guthaben aus der Hand gegeben. Wie wenig sie daraus gelernt hatten, war bei der Szene zum 4:0 zu sehen: Bei einem Eckball von Alexander-Arnold verfiel die gesamte Hintermannschaft Barcelonas in einen komatösen Schlaf.

Während sich Barcelonas Abwehr sortierte und Torwart ter Stegen den Kollegen aufmunternd zuklatschte, entdeckte Alexander-Arnold den Stürmer Origi am Fünfmeterraum, passte den Ball von der Eckfahne hinein, sodass Origi in das nahezu verwaiste Tor nur einzuschießen brauchte. Wegen der Auswärtstorregel brauchte Barça zwar nur ein Tor, um doch noch ins Finale einzuziehen. Aber die Katalanen kamen nach einem kaum entschuldbaren Auftritt nicht einmal mehr zu Chancen - und Liverpool machte die Sensation perfekt.

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